Weiter geht’s mit steilen Anstiegen, Forstwegen, Eukalyptusduft, windigen Brücken und dem Donnern der Küste im Ohr. Zwischen San Martín, Muros de Nalón und Soto de Luiña sammeln wir Höhenmeter wie Muscheln, klettern achtmal rauf und runter, queren Bäche und schauen immer wieder sehnsüchtig zum Meer. Luarca liegt malerisch im Hang, dahinter wird das Land wellig und weit; Cabo Blanco und Punta de la Atalaya rauben uns den Atem, bevor dunkle Wolken wieder dichtmachen. Am Playa de Penarronda spült die Brandung ein letztes Mal die Füße kühl.
Tag 19 – Regenschauer
Salinas bis El Rellayo: 25 km / 666 hm / 5,5 h 1
Nach einem üppigen Frühstücksbuffet und dem obligatorischen Supermarktstopp machen wir uns auf den Weg aus Salinas heraus. Dafür muss ein steiler Anstieg bis San Martín bewältigt werden. Schöne Ausblicke auf die idyllische Landschaft um uns herum machen es wieder gut. Dann geht’s erst mal runter durch die nächste Siedlung, um anschließend wieder steil bergauf zu führen. Wir gelangen auf einen Forstweg im Auf und Ab nach Santiago del Monte mit Kirche. Die Straße bringt uns abermals auf einen Waldweg, der uns steil bergab führt. Danach wieder bergauf nach El Castillo und bald haben wir eine schöne Aussicht auf den Fluss und die Burg von El Castillo.
Es geht wieder runter und über eine lange Brücke mit sehr schmalem Fußgängerweg über den Fluss. Dann wieder steil hinauf, dann flacher nach Muros de Nalón. Hier haben wir noch einmal einen schönen Ausblick auf den Fluss und die Stadt Esteban an der Küste. Für uns geht’s leider im Inland weiter. Auf einem Waldweg wandern wir erst bergab, dann langsam ansteigend bis El Pitu. Langsam fängt es leicht an zu nieseln, während wir seicht bergab wandern.
Der Regen wird allerdings immer stärker und schon bald holen wir unsere Regenhüllen für die Rucksäcke hervor. Wir selbst bleiben, wie wir sind, und werden natürlich klatschnass. Zusammen mit kaltem Wind wird das ganz schön frisch. Für die letzten Kilometer habe ich keine Augen mehr. Zügig wandern wir durch den Regen zum höchsten Punkt des Tages auf 200 m. Zweimal gehen wir noch unter der Autobahn hindurch und schließlich bergab nach El Rellayo, wo wir erst im Regen und ohne Navigation (Handydisplays sind im Regen Mist) etwas zu tun haben, unsere Unterkunft zu finden. Dann kommen wir zwar nass, aber wohlauf am Hotel an.
Ich bin froh, die nassen Sachen loszuwerden. Dann erwartet uns aber noch eine unangenehme Entdeckung. Wir haben uns gefreut, dass wir deutlich vor 17:30 Uhr angekommen sind, da das Restaurant um diese Uhrzeit schließt. Die Küche vom Restaurant im Hotel hat aber bereits geschlossen und es ist das einzige Restaurant im Umkreis. Als es aufhört zu regnen, gehen wir allerdings noch zum 900 m entfernten Supermarkt. Gehe niemals hungrig einkaufen, denn ich kaufe viel zu viel, was ich natürlich niemals alles essen kann. Aber immerhin bin ich satt.
Tag 20 – Der Tag der acht Anstiege
El Rellayo bis Querúas: 32,2 km / 979 hm / 8 h
Wir verlassen unser Hotel heute ohne Frühstück, weil es das erst um 9 Uhr gegeben hätte. Und nach dem gestrigen Reinfall erwarten wir nicht viel. Wir kehren auf den Waldweg zurück. Dann gehen wir zweimal unter der Autobahn hindurch und gehen dann Richtung Strand auf einer Straße an einem ehemaligen Hotel vorbei, in dessen Restaurant es so aussieht, als hätten Gäste es gerade erst verlassen, denn die Tische sind noch eingedeckt.
Wir haben einen schönen Blick auf den Strand, zweigen dann aber links ab und steigen wieder aufwärts. Nach zwei Kilometern fängt es an zu regnen und wir stellen uns an einem Haus unter. Es dauert nicht allzu lange, bis es wieder aufhört. Wir schlagen einen Waldweg ein und kommen in die Siedlung von Mumayor. Dann geht’s bergab auf einen Waldweg bis zur Landstraße ohne Seitenstreifen, an der wir nun bis Soto de Luiña entlangwandern. Hier machen wir eine Frühstückspause, wo es ein Riesenbaguette mit Tortilla gibt. Ich schaffe es nicht mal, meins aufzuessen.
Jetzt wird es anstrengend, denn es gilt, achtmal (!) einen Hügel ab- und wieder hinaufzusteigen bis nach Cadavedo. Zuerst geht’s allerdings über eine Straße, die dann in einen Waldweg übergeht und die Autobahn in einem langen, dunklen Tunnel unterquert. Nun steigen wir hinab zu einem Bach, überqueren ihn, nur um auf der anderen Seite wieder aufzusteigen. Es gilt wieder, ein Stück Straße entlangzugehen, dann führt uns abermals ein Weg nach unten. Gleiches Spiel, Bach überqueren, wieder hoch. Der einzige Lichtblick ist der Playa Tayadeiro, der den Blick auf die schöne Küste freigibt. Strand, Rauschen von Wellen und das Kreischen der Möwen setzen einfach Endorphine frei und machen wahnsinnig süchtig. Nun erhaschen wir auch immer mal wieder einen Blick auf die Küste.
Das Ganze geht bis Cadavedo so weiter, von wo wir jetzt ohne nennenswerten Höhengewinn erst an der seitenstreifenlosen Landstraße und dann auf einem relativ parallel zu ihr laufenden Weg bis nach Querúas, wo sich unsere heutige Herberge befindet, gehen. Ein fantastisches Essen mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis gibt’s nicht weit davon in einem kleinen Restaurant, wo sich samstagabends die halbe Dorfgemeinschaft einzufinden scheint. Hier lernen wir auch Tina und Anja aus Deutschland kennen, die wir daraufhin immer mal wieder treffen werden.
Tag 21 – Hügeliges Küstenvorland
Querúas bis La Colorada: 29 km / 612 hm / 6,5 h
Nach einem guten Frühstück in der Herberge machen wir uns auf den Weg zurück zur Straße. Es gilt, über zwei große Kreisverkehre zu gehen, dann geht’s über eine kleine Straße und einen Waldweg abwärts, die große Straße abkürzend. Schließlich landen wir wieder auf der großen Straße und gehen bis zum Hotel Canero. Nun steigen wir sehr steil durch den Wald bergauf, dann weiter auf einer parallel zur Autobahn verlaufenden Straße, die sie bald überquert. Teils auf Waldwegen, teils an der Straße gelangen wir bis zur Siedlung Barcia und schließlich nach Luarca.
Luarca liegt auf Meereshöhe an einem Fluss nahe des Meeres und schmiegt sich malerisch in eine von steilen Hängen umgebene Bucht. Die Stadt beheimatet einen der wichtigsten Fischerhäfen Asturiens. Wir kommen von oben und haben eine hübsche Aussicht auf die Stadt. Viele Treppen führen uns nach unten und dann über die Brücke ins Zentrum. Bis hierher waren’s 10 km und wir haben uns eine Pause verdient, die wir in einem Café an einem großen Platz verbringen.
Nun geht’s wieder 70 Höhenmeter rauf und wir bekommen noch einmal gute Blicke auf Luarca. Wir kommen an einer Ruine einer Kirche aus dem 10. Jahrhundert vorbei und folgen einem ansteigenden Feldweg bis in kleine Siedlungen. Dann folgen wir wieder einer Forststraße steiler bergauf bis auf 190 m. Sie steuert auf die Küste zu und bietet schöne Weitblicke. Dann fällt sie ab und wird zu einem schmalen und steinigen Pfad. Ein kurzes Stück an der Landstraße, bis wir nach Rio Barayo kommen. Hier machen wir nach 21 km eine weitere Pause im Schatten.
Glücklicherweise ist es mittlerweile nicht mehr so heiß wie am Anfang unserer Tour. Statt 30 °C sind’s nur noch 21 °C, was sich gut ertragen lässt. Beim Weiterweg nimmt uns wieder ein Feldweg auf, der uns nach Villapedre führt, wo es gleich zwei Cafés gibt, wo wir eine Cola-Pause machen. Viele Pilger rasten hier, aber wir kennen keinen von ihnen. Es geht weiter unter der Eisenbahn hindurch, dann wird die Straße zu einem Feldweg, der zu einem Pfad wird, der zu einer Bachbrücke absteigt. Der Weg führt dann wieder hinauf nach Piñera, über die Gleise und an einer pittoresken Kirche vorbei bis zur Landstraße, der wir kurz folgen, bis wir wieder auf einen Waldpfad abzweigen. Der wird zu einem Feldweg durch Brennnesseln bis zur Straße, auf der wir wieder durch kleinere Siedlungen bis nach La Colorada gelangen, unserem heutigen Ziel.
Tag 22 – Der letzte Tag an der Küste
La Colorada bis Villadun: 37,8 km / 525 hm / 8,5 h
Heute kommen wir tatsächlich vor 8 Uhr los. Der Camino liegt direkt vor der Haustür und leitet uns von der Straße weg auf einen Feldweg. Dann geht’s über Nebenstraßen die 1,6 Kilometer bis nach Navia, wo wir Frühstückspause machen. Es ist noch vor 9 Uhr, also verschieben wir den Supermarkteinkauf auf die nächste größere Stadt in 10 Kilometern. Über die Brücke verlassen wir Navia wieder. Auf der anderen Seite geht’s bergauf bis zu einem immer steileren Feldweg, der von Maisfeldern gesäumt ist. Wir kommen durch eine Siedlung, wo wir einen Salamander entdecken und von der Straße in Sicherheit bringen.
Wir folgen der leicht ansteigenden Straße bis zu einer Autobahnbrücke. Fortan wandern wir abwechselnd über Feldwege und Straßen, immer in der Nähe der Landstraße, bis nach La Caridad, wo wir einkaufen. Da es später regnen soll, beeilen wir uns, weiterzukommen, um vorher möglichst viele Kilometer zu machen. Über Nebenstraßen erreichen wir Valdepares, wo uns der Regen erwischt. Wir harren unter Bäumen aus und tatsächlich dauert der Schauer nicht lange und wir gehen weiter.
Wir folgen nicht dem offiziellen Jakobsweg, sondern gehen an die Küste über einen Feldweg bis zum wunderschönen Cabo Blanco mit seinen faszinierenden Felsformationen. Langsam kommt auch die Sonne wieder heraus und erfüllt die Szenerie mit Leben. Kraftvoll brechen sich die Wellen an den Felsen. Auch ein kleiner Canyon findet sich hier. Von nun an folgen wir direkt der Küste bis zum nächsten Höhepunkt – dem Punta de la Atalya, wo es ebenfalls eine atemberaubende Aussicht gibt. Früher gab es hier sogar Siedlungen.
Weiter geht’s an der Küste bis zum Playa de Porcia, der von einem Fluss geteilt wird. Um zur Brücke über den Fluss zu gelangen, bedarf es eines kleinen Umwegs über Porcia. Hinter Porcia muss man sich entscheiden, ob man die Variante an der Küste über Tapia de Casariego macht oder dem Weg landeinwärts folgt. Wir entscheiden uns natürlich für den Küstenweg.
Dann folgen wir der Straße bis in die Stadt Tapia de Casariego, wo wir Cola-Pause machen. Auch hier gibt es schöne Strände und wir gehen an die Küste, statt dem Camino zu folgen. Wir überqueren einen Fluss am Playa de los Campos und steigen dann bergauf bis zu einem Campingplatz. Dann geht’s durch Maisfelder zum kleinen Playa de la Paloma. Wir folgen der spektakulären Küste immer weiter bis zum wunderschönen Playa de Serantes.
Wir wandern wieder ein Stück landeinwärts, um wieder zwei Flüsse auf Brücken überqueren zu können. Mittlerweile haben sich hinter uns dunkle Wolken aufgetürmt, die sich in der Ferne bereits abregnen. Wir sputen uns, dem Unwetter davonzulaufen, und tatsächlich schaffen wir es trocken bis nach Villadun, dem Ort unserer heutigen Unterkunft.
Kurz darauf regnet es dann doch noch und wir wollen gerade essen gehen – zu dem einzigen geöffneten Restaurant weit und breit, das am Strand von Penarronda liegt. Unsere Herbergsdame bietet uns total lieb an, uns mit dem Auto dorthin zu fahren. So kommen wir trocken zum Restaurant, wo sogar eine schwarze Katze herumschleicht. Beim Essen haben wir einen schönen Blick auf den Strand, zu dem wir danach hinuntergehen, um ihn noch ein wenig zu erkunden. Der Regen hat aufgehört und hübsche rosa Wolken stehen am Horizont. Dies wird unser letzter Strand auf dem Camino del Norte sein, denn von nun an dreht der Weg landeinwärts Richtung Santiago de Compostela. Wir sind also auf der Zielgeraden. So lassen wir mit einem Spaziergang zurück zum Hotel den Abend ausklingen.
Hier geht’s zum fünften Teil auf dem Camino del Norte:
Camino del Norte 5: Vilanova bis Santiago de Compostela





























































































