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Kilimanjaro

Tansania: Besteigung des Kilimanjaro, das Dach Afrikas

Der Kilimanjaro, höchster Gipfel Afrikas und der höchste frei stehende Gipfel der Welt. Ein Bergsteigertraum und für viele der erste Seven Summit. Steil erhebt sich das gewaltige Bergmassiv über der ostafrikanischen Ebene, die voller Giraffen, Löwen und Elefanten ist. Beim Aufstieg kommt man durch mehrere Klimazonen – von üppigem Regenwald über windgepeitschte Heidelandschaft und wüstengleiche Alpinlandschaft bis zu den strahlenden Eisbergen am Uhuru Peak auf 5.895 m.

Ein Fuß vor der anderen, nicht höher als notwendig, um Energie zu sparen. Der Blick auf die Füße, in Gedanken nur bei der bald aufgehenden Sonne, die verspricht ihre wärmenden Strahlen auszusenden. Wir schauen auf und stellen fest, dass wir den Stella Point erreicht haben. Von hier sind es nur noch 40 Minuten zum Gipfel und die Sonne geht langsam auf. Der Gipfel zum Greifen nah, rot leuchtende Eisberge vor uns, der Krater unter uns. Fast geschafft. Ein letzter Kraftakt noch und wir sind da. Auf dem Dach Afrikas, am Ziel unserer Träume. Bis hier her war es ein weniger Weg.

Es gibt fünf Hauptrouten auf den Kilimanjaro. Aufgrund unserer hinreichenden Erfahrung mit der Höhenkrankheit haben wir uns bei der Besteigung des Kilimanjaros für die konservative Variante entschieden. Mit der ersten Akklimatisierung auf dem benachbarten Mount Meru und der Wahl der fünftägigen Machame Route auf den Gipfel sind wir bestens gerüstet, denn mit dieser Erfahrung im Rücken schafft der Großteil der Wanderer auch den Gipfel. Ein Spaziergang wird es trotzdem nicht werden.

Anfang des Jahres haben wir diese Idee gehabt: Tansania. Zuerst den höchsten Berg Afrikas besteigen, dann Safari und um Abschluss noch Tauchen an der Küste. Klingt doch perfekt, von allem, das ich so liebe etwas. Die Entscheidung ließ nicht lange auf sich warten und nun im Oktober ist es so weit. Das Abenteuer beginnt und ich stehe kurz vor meinem ersten Seven Summit.

Erste Etappe: Machame Gate bis Machame Hut (3.032 m)

10,9 km, 4 h, 1.220 hm

Wir starten am Machame Gate auf 1.828 m, wo eine Katze auf Mittagsreste wartet. Direkt am Anfang des Wegs hinter dem Parkplatz laufen einige Affen über die Straße, die in die umgebenden Bäume hüpfen. Heute ist es nicht ganz so warm, aber durchaus schwül. Der erste Teil folgt einer Straße, die sich zuerst recht steil präsentiert, bis sie in einen Pfad in angenehmer Steigung übergeht. Wir befinden uns in einem Schatten spendenden dichten Wald, in dem Moose von den Ästen der Bäume hängen. Wir dringen in den sogenannten Nebelwald ein und die hohe Luftfeuchtigkeit bringt unseren Schweiß zum Tropfen. Orange leuchten die Blüten der Kilimanjaroblume (Impatiens Kilimanjari) zwischen den Baumstämmen am Wegesrand. Sie haben eine Art Rüssel, der an einen Elefanten erinnert.

Insgesamt sind wir 26 Leute. Neben zahlreichen Trägern, zwei Köchen und dem Kellner, werden wir von unseren Guides Nico, Chuma und Machu begleitet. Nico (45) arbeitet seit 15 Jahren am Kilimanjaro, die ersten drei Jahre als Träger. So war er schon über 300 Mal am Kili, 20 bis 22 Trips pro Jahr. Das Training als Guide wird alle drei Jahre vom Nationalpark angeboten, jeder kann sich bewerben. Dafür ist Englisch Grundvoraussetzung, was in der Schule gelernt wird. Machu arbeitet bereits seit 17 Jahren am Kilimanjaro, arbeitet aber nur noch gelegentlich als Guide.

Wir, die Kunden, sind zu sechst. Neben uns sind dabei: Die zwei Salzburger Alex (45), Architekt, Segler und Weltenbummler und Chris (51), braun gebrannter Paraglider, dessen größtes Abenteuer es war bei -57 °C den Chimborazo zu besteigen. Dazu die Innsbrucker Bergnärrinnen Renate (46) und Lizzy (64) vor denen kein Gipfel in den Alpen sicher ist.

Mit zunehmender Höhe lichtet sich der Wald mehr und mehr und die Vegetation ändert sich. Es wird trockener und der Pfad sandiger. Heidekrautartige Büsche dominieren nun die Landschaft. Nach einer letzten steilen Sektion erreichen wir das Camp auf 3.030 m. Wir registrieren uns in der Hütte und beziehen dann unsere Zelte ein Stück unterhalb, die bereits aufgebaut wurden. Als Nachmittagssnack gibt es Popcorn und Tee. Der Kilimanjaro Gipfel lässt sich ab und an zwischen den Wolken blicken.

 

2. Etappe: Machame Hut bis Shira Camp (3.850 m)

3 h, 5 km, 900 hm

Nach dem Frühstück brechen wir zu unserer heutigen verhältnismäßig kurzen Etappe auf. Nur 900 hm liegen vor uns. Wir gehen durch den mit Erikabäumen bewachsenen Wald. Langsam und stetig steigen wir, um unsere Körper langsam an die Höhe zu gewöhnen. So kommen wir auch weder ins Schnaufen noch ins Schwitzen. Oft lassen wir Träger vorbei, die ihre schwere Last ins nächste Lager schleppen. Die Wolkendecke liegt bereits unter uns, aber weitere Wolken verhindern die Sicht auf Meru und Kilimanjaro. Vereinzelt tauchen Senetien am Wegesrand auf, knubbelige Bäume, die von ein paar Palmenblättern gekrönt werden.

Der Weg ist steil, aber durch unser langsames Tempo kein Problem. Wir genießen diesen womöglich einfachsten Tag der gesamten Route. Die gesamte Zeit wandern wir auf das Shira Plateau zu, auf dem sich das Camp befindet. Unter uns ist das Camp der letzten Nacht zu erkennen. Am Wegesrand wachsen leuchtend rote Gladiolenblumen. Dazwischen hüpfen Almenschmätzer, spatzenartige Vögelchen, umher.

Die Vegetation wird zunehmend niedriger und der Weg felsiger. Über ein paar letzte Felsstufen gilt es zu kraxeln, bis wir das Plateau erreichen. Von hier geht es nur noch ein paar Höhenmeter abwärts, bis wir die ersten Zelte vom Camp sehen.

Es gibt ein reichhaltiges Mittagessen und dann ruhen wir uns aus. Am Nachmittag unternehmen wir noch eine kleine Wanderung zu den Shira Höhlen, in denen frühere Gipfelaspiranten übernachtet haben. Heute ist das aufgrund der Steinschlaggefahr innerhalb der Höhlen nicht mehr erlaubt. Wir gehen zu einem kleinen Aussichtsfelsen, von wo wir einen schönen Blick auf den zum Greifen nah wirkenden Kilimanjaro Gipfel mit seinen kleinen Gletschern haben. Hier gibt es unfassbar viele Obsidiansteine. Falls wir heute Nacht von Weißen Wanderern angegriffen werden sollten, haben wir eine gute Chance.

3. Etappe: Shira Cave Camp bis Barranco Camp (4.000 m)

10 km, 910 hm hinauf, 670 hm hinab, 4 h

Während frühmorgens der blaue Himmel noch die Sicht auf Kilimanjaro und Meru freigibt, wandern wir später in dichten Wolken los. Dazu ist es ohne Sonne auch kalt. Langsam stapfen wir in angenehmer Steigung hinauf. Die Vegetation wird immer spärlicher. Zuerst begleiten uns noch Lobelias und Sträucher, bald schon gibt es jedoch nur noch vereinzelt trockenes robustes Gestrüpp zwischen den Lavabrocken, die den Weg säumen. Immer wieder geht es ein wenig abwärts, generell aber aufwärts. Erst nach einer ersten Felsstufe wird es steiler. Von links kommt die Lemosho Route zu uns herauf. Von hier gibt es nun zwei Pfade: Einen flacheren über einen 4.530 m hohen Pass, oder den zum Lava Tower auf 4.642 m. Wir nehmen die Route über den Lava Tower. Spätestens hier macht sich die Höhe bemerkbar, wenn auch deutlich weniger als am Meru. Man weiß auch nie, was man anziehen soll. Ist die Sonne da, ist es zu warm, ohne ist es zu kalt, da der Wind kalt weht. Ich entscheide mich für ein Fleece und immer wenn es kälter wird, stülpe ich mir die Kapuze über.

Nach etwa drei Stunden stehen wir auf 4.642 m am Lava Tower, höher als am Gipfel des Merus. Dieses Mal geht es uns dabei deutlich besser. Gemütlich sitzen wir vom Wind geschützt und mumpfeln unser Lunchpaket. Die Raben warten natürlich schon auf ihren Anteil. Über uns thront der Lava Tower, den man mit ein wenig Kletteraufwand ebenfalls besteigen kann. Allerdings ist das Gestein lose und bröselig.

Leider dienen die gewonnenen Höhenmeter nur der Akklimatisierung. Der Gipfel liegt zum Greifen nah, 1.300 hm über uns. Jedoch führt von hier nur die Western Breach Route direkt zum Gipfel. Schweizer, die wir bereits am Meru angetroffen und diesen beim Abstieg zum Camp wiederbegegnen, haben diese Route gewählt. Sie ist steil und führt über Felsen, über die es ein wenig zu kraxeln gilt. Steinschlaggefahr kommt noch hinzu. Verlockend ist es schon, die direkte Route vor einem zu haben, über die es ein Katzensprung zum Gipfel zu sein scheint.

Wir hingegen haben noch 16 Stunden bis zum Gipfel vor uns. 670 hm gilt es für nun wieder abzusteigen. Effektiv haben wir damit heute nur 140 hm gewonnen. Erst mal geht es steil bergab. Gegenüber gibt es einen leichten Gegenanstieg zu bewältigen, dann geht’s nur noch bergab, was sich so leicht wie Fliegen anfühlt. Wir gelangen in ein Gebiet mit vielen Senetien um uns herum. Nico erklärt uns, dass die Bäume ihre alten Blätter nicht abwerfen und sich damit vor der Kälte schützen. Der Stamm ist dicht von ihnen eingehüllt und die Pflanze bildet sogar eine Art weiche Wolle. Nur die obersten Blätter sind grün. Links von uns verläuft eine kleine Schlucht und ein Wasserfall ergießt sich zwischen Senetien und Felsen. Kurz danach erreichen wir das Camp mit den vielen bunten Zelten.

Heute sind wir früh genug dran, dass wir den Trägern bei ihrer Mahlzeit zusehen können. Sie bekommen Tee und eine Suppe, waschen sich und verschwinden in ihre Zelte. Für uns gibt es wieder Popcorn und Tee. Die Wolken lassen uns den ganzen Tag nicht los und begleiten uns bis in die Nacht hinein.

4. Etappe: Barranco Camp bis Barrafu Camp (4.680 m)

8,2 km, 4,5 h, 1.110 hm hinauf, 394 hm hinab

Der Morgen begrüßt uns klar und sonnig. Endlich können wir die gewaltigen Südabbrüche des Kilis bewundern, von dem Hängegletscher ragen. Zuerst gilt es steil die Great Barranco Wall hochzukraxeln, was auf über 4.000 m viel Kraft kostet. Immer wieder gibt es I bis IIer Stellen zu überwinden und bringen mich aus der Puste. Ich bin froh, das Schlimmste hinter mir zu haben, auch wenn es nur 200 hm waren. Es geht nun zwar weiter aufwärts, aber deutlicher sanfter, sodass man auf den bewährten Rhythmus vertrauen kann. Auf dem höchsten Punkt dieses Anstiegs haben eine herrliche Aussicht auf den Meru, auf dem wir vor ein paar Tagen standen. Heute Nacht hingegen werden wir auf der Höhe des Meru Gipfels schlafen.

Nun steigen wir in mehrere Täler ab und wieder hinauf, die krachenden Gletscher des Kilis stets an unserer Seite. Die hart erkämpften Höhenmeter von heute Morgen haben wir schon bald wieder verloren, vor allem als es steil hinab in das Karangu Tal geht. Es liegt auf 3.940 m und somit sind wir wieder so tief wie am Anfang des Tages an unserem Camp. Auf der anderen Seite ist der steil wieder hinauf führende Pfad bereits deutlich zu erkennen, aber ich versuche nur an den Moment zu denken. Heute ist es klar und sonnig, weswegen das Wandern deutlich genussvoller als gestern ist. Die Aussichten sowohl in die Ebene als auch auf den Kili und Meru sind unschlagbar.

Unten im Karangu Tal ist es grün und Lobelias säumen unseren Weg. Ein Fluss plätschert vom Berg hinunter, die letzte Wasserstelle vor dem Gipfel. Wasser muss oft kilometerweit aus umgebenen Flüssen geholt werden, was die Träger immer klammheimlich erledigen. Wir machen eine kurze Pause, bevor wir den Anstieg in Angriff nehmen. Oben befindet sich das staubige Karangu Camp, das jedoch noch lange nicht das Ende des Anstiegs markiert, sondern vielmehr eine Pause und für viele auchsovie Lunch Spot oder sogar Camp. Den Anstieg bringen wir erstaunlich schnell hinter uns, aber unsere Mittagspause wartet erst am Ende dieses Anstiegs auf uns. Er nimmt nur eine halbe Stunde in Anspruch, ist aber schrecklich monoton.

Wir stapfen auf staubigen Wegen zwischen Felsblöcken hindurch und ich schaue nur auf meine Füße. Es hat fast etwas Meditatives. Oben wartet jedoch ein perfekter Pausenort auf uns. Wir blicken auf die Kilimanjaro-Wand und seine Gletscher, um uns herum Lavawüste. Wie immer warten Raben auf ihren Anteil und können sich gar nicht genug auf einmal in den Schnabel stopfen. Die Sonne wärmt uns und der Wind lässt uns weitestgehend in Ruhe. Wirklich ein schönes Plätzchen. Unser Lunchpaket heute ist reichhaltig und ich kann gar nicht so viel essen, wie darin ist.

Nun liegt ein flacher Teil vor uns, der über das wüstige Plateau führt. Bald können wir den finalen Tagesanstieg ausmachen, zu dessen Ende bereits die ersten Zelte sichtbar sind. Dieses letzte Stück ist noch mal steil und an der ein oder anderen Stelle muss noch mal die Hand an den Fels gelegt werden. Seit der letzten Pause habe ich mich damit beschäftigt, Müllstücke am Weg zu zählen und komme in 1,5 Stunden auf über 800 Stück, alleine am Wegesrand. Meistens Taschentücher und Toilettenpapier, dann Plastikverpackungen und Zigarettenstummel. Ein Wahnsinn, was hier an Müll zurückgelassen wird. Vor allem die Pausenplätze sind besonders betroffen.

Traurig, wenn jeder seinen mitgebrachten Müll wieder mitnehmen würde, sähe es hier anders aus. Am Meru ist es hingegen deutlich sauberer. Offenbar wird da mehr hinterher geräumt, denn dort gibt es auch nur einen möglichen Weg, während es am Kili viele gibt. Über diese Überlegungen sind wir ruckzuck oben, wo der Anstieg aber noch nicht das erhoffte Ende hat. Nur die ersten Zelte stehen hier unten, aber ein steiler Sandanstieg trennt uns noch von unserem Camp.

Oben setzen wir uns gemütlich in die Campingstühle und genießen den Blick auf den Mawenzi, einen der drei Gipfel vom Kili, während die Träger den perfekten Platz für die Zelte suchen. Da viele Routen auf den Kilimanjaro sich hier vereinigen, ist es entsprechend voll und die Toiletten lassen zu wünschen übrig. Hungrige Mäuschen huschen um uns herum. Von hier sehen wir auch schon die ersten Höhenmeter Richtung Gipfel. Heute gibt es ein frühes Abendessen, um noch etwas Schlaf vor dem finalen Aufstieg einzusammeln.

5. Etappe: Barrafu Camp bis Kilimanjaro (5.895 m)

9,1 km, 1.200 hm, 8,5 h

Mitten in der Nacht starten wir unseren Anstieg auf den höchsten Berg Afrikas. Alex aus Salzburg ist leider nicht dabei, da er sich nicht fit genug fühlt. Wir gehen also zu fünft zusammen mit unseren Guides Nico, Chuma und Machu.

Nach Tee und Keksen, von denen kaum jemand auch nur einen herunterbringt, geht es los. 12:30 Uhr, keine vernünftige Zeit für einen Spaziergang oberhalb 5.000 m. Es ist nämlich kalt, arschkalt. Wir ziehen alles an, was wir haben. T-Shirt, Longsleeve, Weste, Daunenjacke, Hardshell, lange Unterhose, Skitourenhosen und Skisocken. Beim ersten Stück wird uns durchaus warm, denn es gilt über Felsen zu kraxeln. Danach aber wird es bitterkalt. Eigentlich nur -9 °C Tiefsttemperatur, was für den Kilimanjaro eher warm ist. Weit öfter herrschen -20 °C in der Nacht. So richtig glücklich kann ich trotzdem nicht darüber sein, während mir Finger und Zehen frieren. Die Hände umhülle ich mit zwei Schichten Handschuhen, die Zehen versuche ich so gut es geht in den Schuhen zu bewegen.

Landschaftlich gibt es nichts zu berichten, denn außerhalb des Scheins der Stirnlampen ist alles in tiefe Dunkelheit gehüllt. Eine schmale Mondsichel steht am Himmel und es ist sternenklar. Freilich haben wir dafür kaum Augen als wir uns den Hang hinaufschleppen. Hinter und vor uns zieht sich eine leuchtende Schlange aus Stirnlampen den Berg entlang. Unter uns leuchten die Lichter von Moshi. Extrem monoton ist es die unzähligen sandigen Serpentinen hinaufzustapfen. Renate geht es schlecht, sie fühlt sich schwindelig und ihr ist übel. Nico versucht sie zu beruhigen und zum Weitergehen zu motivieren, was ihm schließlich auch gelingt. Nach und nach geht es den anderen ebenfalls schlechter, Alex und ich halten uns jedoch wacker. Schon bald friert mir mein Wasser im Schlauch meines Camelbaks ein und ich muss zur Wasserflasche in meinem Rucksack greifen, die ich gut isoliert habe.

Stunden tappen wir im Dunkeln den Hang hinauf. Immer hoffe ich, dass der Stella Point, der den oberen Kraterrand markiert, hinter der nächsten Kuppe auftaucht. Der Höhenmesser macht mir aber bewusst, wie lange es immer noch dauern wird.

Beim letzten Anstieg zum Stella Point, der über steile Schotterfelder führt, macht sich die Höhe auch bei uns bemerkbar. Hier müssen wir nun auch ganz schön pusten und ich kann mir kaum noch vorstellen, je dort hinaufzukommen. Die Guides stimmen ein Lied an, um uns zu motivieren. In der Zwischenzeit zeigt sich das erste Morgenrot hinter dem Mawenzi.

Ich freue mich auf den wärmenden Sonnenschein und schätze, dass dies einer der schönsten Momente meines Lebens sein wird. Nicht weil der Sonnenaufgang so wunderschön ist, sondern weil es endlich warm wird. Oben am Stella Point ist es dann so weit: Die Sonne kommt hinter dem Mawenzi hervor und sendet ihre wärmenden Strahlen in unsere Richtung. Wir verschnaufen alle am Stella Point, sammeln letzte Kräfte für den Weg zum Gipfel. Bis zum Ziel sind es aber noch 100 Höhenmeter und ca. 45 Minuten.

Der Weg führt nun zwar sanfter hinauf, aber ich muss alle Reserven dafür aktivieren. Jeder Höhenmeter ist plötzlich zu viel. Während ich langsam einen Fuß vor den anderen setze werfen wir lange Schatten. Alle 20 Schritte muss ich verschnaufen. Der Österreicher Chris wird von Chuma an der Hand geführt, die Österreicherinnen haben ihre Rucksäcke schon lange abgegeben, ihnen geht es in der Zwischenzeit aber wieder besser.

Die Gletscher des Kilimanjaro sehen nicht wie die der Alpen aus, mehr wie Gletscher, die ins Meer oder einen See münden. Sie haben hohe senkrechte Wände und stehen im starken Kontrast zu ihrer Umgebung. Rechts von uns liegt der weite Krater, in dem auch ein Gletscher liegt.

Nach einer gefühlten Unendlichkeit haben wir das Schild vor uns, das den Gipfel verkündet. Der Kibo oder Uhuru Peak ist 5.895 m hoch und somit der höchste Punkt Afrikas. Wir haben es geschafft! Ich lasse mich auf die Steine sinken und verschnaufe, bis es mit dem Gipfelfoto weitergeht. Mittlerweile ist die Sonne aufgegangen und es ist deutlich wärmer geworden, sodass man sich der ein oder anderen Kleidungsschicht entledigen kann.

Die Gletscher leuchten Eisbergen gleich rot in der aufgehenden Sonne und rechts von uns tut sich der gähnende Krater auf. Ein wundervoller Anblick nach all den Strapazen. Glücklich stehen wir alle am Gipfel, wagen sogar ein paar Freudensprünge fürs Gipfelfoto, bei denen mir jedoch schnell die Puste ausgeht.

Dann geht es wieder abwärts, was deutlich leichter fällt, obwohl noch so kleine Anstiege mich wieder zurückwerfen. Zurück am Stella Point ist der nun folgende Abschnitt denkbar schnell und einfach. In der feinen Schuttreise können wir leicht abwärts gleiten, dabei große Staubwolken hinter uns herziehend. Uns kommen aber viele abgekämpfte Aufsteiger entgegen, einige werden von ihren Guides gestützt oder geführt. Einige haben es nicht geschafft – mussten unterwegs umkehren oder sind bewusstlos geworden und mussten hinuntergetragen werden. Sehr viele Bergsteiger unterschätzen die Höhe und die Wichtigkeit einer guten Akklimatisierung. Nicht wenige bezahlen damit sogar mit ihrem Leben.

Ruck Zuck sind wir wieder auf dem flacheren Plateau und es folgt noch ein steiler Abstieg über die Felsen zum Camp. Mit „Karibu!“ und Saft werden wir begrüßt, ziehen uns aber bald zur wohlverdienten Rast zurück. Hier ist es inzwischen angenehm warm und wir schlafen schnell ein, bis wir zum Mittagessen geweckt werden. Erstaunlicherweise habe ich nun hier unten Kopfschmerzen, obwohl ich beim gesamten Aufstieg keine hatte.

6. Etappe: Abstieg Barrafu Camp bis Meweka Camp (3.090 m)

7,4 km, 2 h, 1.578 hm hinunter

Nach dem Mittagessen heißt es dann Aufbruch, denn der Tag ist noch nicht zu Ende. Es gilt weitere 1.500 hm zum Mweka Camp abzusteigen. Von der Felswüste gelangen wir schnell wieder in die erste karge Vegetation aus Blumen und Gräsern, dann tauchen die ersten Büsche und schließlich Erikabäume auf, die mit Moos behangen sind. Es wird immer grüner um uns herum, während wir schnellen Schrittes auf staubigem Weg hinab steigen. Richtig viel Muße für die Landschaft um uns hat jedoch keiner mehr.

Nach zwei Stunden erreichen wir unser heutiges Lager auf 3.100 m. Hier bekommen wir das erste Mal ein paar Regentropfen ab, denn beim Abstieg sind wir in dunkle Wolken eingetaucht. Mehr als ein paar Tropfen gibt der Himmel aber nicht ab. Wie jeden Tag gibt es Popcorn und Tee am Nachmittag. Unsere Träger lauschen heute einem Fußballspiel. Auch sie freuen sich sicherlich schon auf die Heimkehr zu ihren Familien.

Wir frönen dem Abendessen, von dem ich Berge verschlingen könnte. Danach besuchen wir unsere Köche im Kochzelt. Hier ist es warm und kuschelig und gerade köchelt das Abendessen der Träger auf dem Gaskocher. Sie essen jeden Tag Ugali und es wird ihnen nie langweilig. Tatsächlich schmeckt Ugali auch nach nichts, die Beilagen machen den Geschmack und die sind sehr variabel. Verschiedene Gemüsesorten, Fleisch oder Fisch. Sie erzählen mir noch mehr über ihre Essgewohnheiten, von denen wir morgen Gelegenheit haben werden einige zu probieren.

7. Etappe: Mweka Huts bis Mweka Gate

8,8 km, 2 h, 1.368 hm hinunter

Heute ist der letzte Tag unseres Kilimanjaro Abenteuers. Zum letzten Mal werden wir im Zelt geweckt. Vor dem Aufbruch stimmen Guides und Träger noch ein Suaheli Lied für uns an, von dem ich fortan einen Ohrwurm habe.

Mit jedem Schritt abwärts werden die Bäume immer größer, immer grüner und wir gelangen von der Heidelandschaft in den Nebelwald. Das Leben kehrt zurück. Die Vegetation wird üppiger, vielfältiger, ebenso wie die Tierwelt. Zu Blumen und Vögeln gesellen sich Affen und Bananenstauden. Nur einige Stufen in den steileren Abschnitten verlangen unseren Knien noch mal alles ab. Begonienblüten liegen auf dem Weg und nur eine Straße trennt uns nun noch vom Gate, wo wieder die Zivilisation auf uns wartet. Bier und Toiletten, Shops und Restaurants. Nur die Dusche muss noch auf uns warten.

Eine halbe Stunde Fahrt später kehren wir in ein lokales Restaurant ein, in dem wir leckere Bananensuppe und Ugali bekommen und natürlich das ein oder andere Bier. Bananen gehören hier zu den Grundnahrungsmitteln. Gekocht wird allerdings nicht mit reifen, sondern mit den grünen unreifen, die fast ein wenig wie Kartoffeln schmecken und ich liebe Kartoffeln. Ich bin also hin und weg von den Bananengerichten. Unseren Trägern spendieren wir allen noch ein Bier, dann kehren wir zurück nach Moshi, wo schon das nächste Abenteuer auf uns wartet. Denn was wäre eine Reise nach Tansania ohne Safari?


FAKTEN ZUR TOUR
Trekking und Bergsteigen auf den Kilimanjaro (5.895 m) über die Machame Route
Gehzeit: 6 Tage
Distanz: 60 km
Höhenmeter: 5.386 hm
Ausgangspunkt: Machame Gate (1.828 m)
Schwierigkeit: T3 – anspruchsvolles Bergwandern

FAKTEN ZUR TOUR
Bergtour Breitenstein über Fensterl
Gehzeit: 3-4h
Höhenmeter: 800hm
Ausgangspunkt: Wanderparkplatz Birkenstein, Fischbachau (850hm)
Schwierigkeit: T2 – Bergwandern / Besteigung des Breitensteiner Fensterls III. Grad, Orientung jedoch schwierig aufgrund unmarkierter Pfade, GPS-Track empfehlenswertMerken

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4 Antworten

  1. Hallo Annika,

    Wow. Die Bilder sind echt super, total beeindruckend! :) Sicher eine Erfahrung, die du so schnell nicht vergisst. Den Kilimanjaro zu besteigen ist ein Traum von mir, den ich mir irgendwann auch erfüllen möchte.
    Aber erst kommt das Studium.

    Ich wünsche dir allzeit gute Fahrt und immer viel Spaß auf deinen Reisen, Annika! :)

    Viele Grüße
    Tobi

  2. Hi Annika!
    Schöner Beitrag, super Bilder und vor allem ein schönes Video :) Mein Traum sind tatsächlich die 7 Summits und gehört der Kilimanjaro natürlich dazu. Echt schade, dass die Gletscher schmelzen und bald schon weg sein sollen. Da hattest du Glück, sie noch miterlebt zu haben.
    Ich finde es wirklich schön, wenn die ganzen Guides immer singen.
    Lg
    Oli :)

  3. Hi Oli

    Alle Seven Summits sind eine große Herausforderung. Ich wäre schon glücklich wenn ich zumindest noch den Aconcagua, Elbrus und den Puncak Jaya besteigen kann. Beim Everest hat es mir gereicht ihn zu sehen. Die Literatur über Everest Besteigungen hat mich gründlich davon überzeugt dass das kein vernünftiges Ziel ist :D

    Viel Spaß beim beim Erklimmen der Berge dieser wunderschönen Welt!

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    Annika

    Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeuten Wandern und Reisen für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt

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