CDT: Abschied von Colorado mit Donner und Schnee – Pagosa Springs bis Chama

Der Trail zwischen Pagosa Springs und Chama fühlt sich an wie ein Mikrokosmos der CDT-Erfahrung: Herausforderungen, Schönheit, unerwartete Begegnungen und die ständig wechselnde Stimmung des Trails. Von Donner-Schnee über ein gemütliches Lagerfeuer am See bis zum Charme kleiner Städte – jeder Tag hat seinen eigenen Rhythmus und hält neue Überraschungen bereit. Dieser Abschnitt markiert unseren Abschied von Colorado und die ersten Schritte nach New Mexico, ein symbolischer Wendepunkt auf unserer Reise gen Süden. Hier ist ein Einblick in jene Tage, in denen jeder Sonnenaufgang, jedes Kojotenheulen und jeder dampfende BBQ-Teller Teil der Geschichte dieses großen Abenteuers wird.

CDT Tag 106 – Flucht aus Pagosa Springs

19,2 km / 750 hm / 5 h

Nach drei Tagen in Pagosa Springs, weil Ryan mit einem Magen-Darm-Infekt flachlag, brechen wir endlich wieder auf. Ich bin nicht davon überzeugt, dass er schon fit genug ist, aber er besteht darauf. Ich selbst bin froh, diese Stadt hinter mir zu lassen.

Wir laufen bis an den Ortsrand, um von dort zu hitchhiken. Ein Trail Angel und Imker Bee God nimmt uns mit zum Wolf Creek Pass. Er berichtet uns stolz von seiner Frau, die mit 70 gerade erst einen 5-Kilometer-Lauf absolviert hat. Das inspiriert mich, über gesundes Älterwerden nachzudenken.

Wandern fühlt sich wieder gut an. Die Pause in Pagosa hat mir geholfen, und das Wetter ist sonnig. Während wir an stillstehenden Skiliften, die geduldig auf den Winter warten, vorbei den Berg hinaufgehen, sind wir dankbar, dass wir Anfang Oktober noch immer so stabiles Wetter haben. Das Klima ist uns dieses Jahr wohlgesonnen und verlängert die Wandersaison mit ungewöhnlich mildem Wetter.

Heute gibt es wieder viele umgestürzte Bäume. Wir müssen uns ducken, kriechen, klettern oder über steile Hänge ausweichen. Natürlich komme ich nicht ohne Kratzer davon. Ich bin wirklich nicht gut in diesem „Mission Impossible“-Spiel. Wir zelten am Bonito Pass und genießen unsere aus der Stadt mitgebrachten Sandwiches.

CDT Tag 107 – Eine Runde Donner-Schnee

36 km / 1.280 hm / 9 h

Meine Übelkeit kommt heute wieder zurück. Ich weiß wirklich nicht, woran es liegt. Wir treffen erneut auf die Gruppe mit Chewy, Chimney und Tripod, die ebenfalls ein paar Tage pausiert haben – allerdings, um zum Heißluftballonfestival in Albuquerque zu fahren.

Während unseres Aufstiegs zieht ein Gewitter auf und bringt Schnee und Kälte mit sich. Wenigstens gibt es keine Blitze, aber wir beeilen uns trotzdem, aus dem exponierten Gelände herauszukommen und in tiefere Lagen zu gelangen. Unsere Mittagspause machen wir weiter unten. Es ist immer noch kalt, also krieche ich in meinen Schlafsack. Während wir dort sitzen und unser kalt eingeweichtes Mittagessen essen, das bei Kälte einfach nicht besonders gut schmeckt, fallen noch ein paar Schneeflocken. Es wird Zeit, Colorado zu verlassen.

Ich trage alle Schichten: Leggings, Fleece, Daunenjacke, Regenjacke, zwei Paar Handschuhe – doch sobald bei unserem nächsten Anstieg die Sonne wieder herauskommt, wird es sofort heiß und wir ziehen alles auf einmal wieder aus.

Es ist ein vergleichsweise einfacher Tag, nicht allzu viele Höhenmeter und überwiegend sanfte Anstiege. So schaffen wir heute 36 Kilometer, was schon eine Weile her ist. Den letzten Anstieg bezwingen wir gerade, als es dunkel wird. Der Mond geht gerade hinter dem Berg auf. Es ist nicht leicht, im Dunkeln einen guten Zeltplatz zu finden, aber schließlich entdecken wir eine Stelle im unebenen Gras. Die Tautropfen darauf glitzern im Licht unserer Stirnlampen wie tausend kleine Augen.

CDT Tag 108 – Kojoten und Lagerfeuerstimmung

32 km / 750 hm / 8 h

In der Nacht wecken uns punkt Mitternacht Kojoten. Ihr unheimliches Heulen hallt über unseren Zeltplatz. Der Morgen ist angenehm warm, und ich laufe in Shorts los, genieße die Sonne, die uns in den Bergen nur selten so früh erreicht.

Wir passieren eine Reihe wunderschöner Seen und rasten an einem von ihnen in der warmen Nachmittagssonne, bevor wir uns durch ein kniffliges Felsenlabyrinth kämpfen. Die Steinmännchen verschwimmen inmitten der Felsen, der Weg durch sie hindurch ist schwer zu erkennen. Früh am Abend kommen wir am Dipping Lake an und lassen ihn an einem Lagerfeuer ausklingen.

CDT Tag 109 – Townday in Chama

24,8 km / 500 hm / 5 h

Heute ist Town Day. Uns steht ein letzter 24-km-Abschnitt bis zur Straße bevor. Wir erreichen einen Pass – gerade rechtzeitig, um den Sonnenaufgang über herbstlich gefärbten Tälern zu erleben. Danach verläuft der Trail flach, nur ein paar umgestürzte Bäume und kurze Anstiege bremsen uns etwas aus.

Am Trailhead erwartet uns die letzte Trail Magic in Colorado: eine Kühlbox voller Softdrinks. Gegen 13:30 Uhr erreichen wir die Straße und treffen dort auf Shovel und Ready, ein kanadisches Paar, dem wir zuvor noch nicht begegnet sind. Wir unterhalten uns mit einer Frau, die beim Bau dieses Abschnitts des CDT mitgeholfen hat, bevor uns ein freundliches, einheimisches Paar in ihrem Auto mitnimmt.

Chama liegt in New Mexico und somit überschreiten wir zwar technisch gesehen auf der Fahrt die Staatsgrenze, aber auf dem CDT werden wir sie erst morgen überqueren. Chama ist also eine Art Vorschau. Wir holen unser Paket ab, essen zusammen mit Shovel und Ready Mittag und bestaunen die historische Dampflok, mit der wir morgen zurück zum Trail fahren werden. 

Herausforderungen & Höhepunkte des Abschnitts

Herausforderungen:
Krankheit, Parasiten, städtische Strapazen in Pagosa Springs, wechselhaftes Oktoberwetter mit Schnee und Hitze.

Höhepunkte:
Lagerfeuerstimmung am Dipping Lake, die herzliche Begegnung mit Shovel & Ready und Vorfreude auf das letzte Kapitel auf unserem CDT-Thru-Hike in New Mexico.

Lektion:
Wasser filtern ist kein Luxus, sondern Überlebensstrategie.

Hier geht’s zum nächsten Abschnitt auf dem CDT:

CDT: Hallo New Mexico – Chama bis Ghost Ranch

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Die Weltwanderin

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Annika

Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeutet Wandern für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt.

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Bevor sich Weltwanderin voll auf Thru-Hiking fokussierte, habe ich auch über meine Reisen und alpinen Bergsport geschrieben. Diese Artikel findet ihr hier: