Schon letztes Jahr hat uns Borneo begeistert, weshalb es auch dieses Jahr wieder auf der Liste steht. Die Tierwelt im Dschungel ist vielfältig und jeder Weg durch den Regenwald voller kleiner Entdeckungen. Besonders lieb gewonnen habe ich die Malaienbären und wir wollen dem Bornean Sun Bear Conservation Center (BSBCC), einem Rehabilitationszentrum für den kleinsten Bären der Welt, einen erneuten Besuch abstatten.
Wir verlassen Nepal auf Umwegen – ein Tankstop in Kalkutta (Indien) zwingt uns zu einer Zwischenlandung – das leidige Benzinproblem in Nepal – und fliegen über Kuala Lumpur gleich weiter nach Sandakan in Sabah, Malaysia. Diesmal haben wir eine Unterkunft direkt in Sepilok gebucht um möglichst nah am Dschungel und den Tieren zu sein. Das Forest Edge Resort liegt nur einen Fußmarsch entfernt vom BSBCC und dem Orang Utan Centre entfernt. Am Tag der Ankunft machen wir nicht viel – der Nachtflug hierher hat uns ganz schön geschlaucht. Wir planschen etwas im kleinen Pool, beobachten die zahlreichen Vögel auf dem Gelände, essen, schlafen, entspannen.
Die Malaienbären von Sepilok
Am nächsten Tag sind wir mit Wong Siew Te verabredet, dem Gründer vom BSBCC. Ich habe per E-Mail Kontakt zu ihm aufgenommen und er will uns persönlich begrüßen. Wir gehen gemeinsam zur Aussichtsplattform und Wong erzählt uns von den Bären und seiner Arbeit. WIr sprechen auch von den zwei armen Malaienbären in Tawau, für die gerade internationale Kampagnen laufen. Sie werden in engen Käfigen gehalten, werden falsch ernährt und sind dehydriert. Genau solch eine Haltung von Malaienbären ist in Malaysia inzwischen verboten, aber der Besitzer ist ein regierungsnaher reicher Malaie, der über eine spezielle Erlaubnis der Regierung verfügt. Technisch lässt sich also nichts dagegen tun. Hoffentlich bringt der internationale Druck von außen etwas. Tatsächlich haben sie die Bären schon aus der öffentlichen Ausstellung genommen. Die Bären brauchen jedoch eine artgerechte Haltung und eine Chance auf ein neues Leben.
Einige der Malaienbären im BSBCC können wieder ausgewildert werden. Letztes Jahr konnte Natalie als erster Bär wieder in die Freiheit entlassen werden. Leider hat sie ihr Senderhalsband nach nur wenigen Monaten verloren und man sie nicht mehr verfolgen und sehen wie es ihr erghet. Weitere Bären sollen nächstes Jahr entlassen werden. Durch die aktuell grassierenden Waldbrände in Malaysia und Indonesien ist der Wald eine Gefahr und viele Kleinstlebewesen, die die Gesundheit des Waldes anzeigen, sind erschwunden. Diese braucht sowohl der Bär als auch die Verrbeitung der Samen um Früchte gedeihen zu lassen Deshalb kann dieses Jahr kein Bär mehr freigelassen werden.
Andere Bären werden nie mehr in die Wildnis zurückkehren können. Solche, die schon von kleinauf jahrelang in der Obhut von Menschen gelebt haben, sind zu sehr an ihn gewöhnt und nicht ausreichend in der Lage sich selbst zu versorgen. Diese haben aber dennoch ein schönes Heim im BSBCC, wo sie in ihrer natürlichen Umgebung leben und ganz Bär sein können – nach Termiten grabend, auf Bäume kletternd.
Während unserem Gespräch können wir eine ganze Bande Makaken beobachten, die sich auf dem Geländer vor uns tummeln. Die Bären sind auch schon aktiv und wir können sie am Boden und in den Bäumen entdecken. Als es Essen gibt, mopsen die Makaken soviele Früchte von den Bären wie nur geht. Malaienbären sind nicht aggressiv und ignorieren dei frechen Affen.
Aufzucht wird im BSBCC übrigens nicht betrieben. Man weiß auch noch so gut wie nichts über Sozial- und Paarungsverhalten der Bären. Ähnlich wie der Panda ist er sehr fortpflanzungsfaul und Malaienbärdamen nur einmal im Jahr fruchtbar. Dann müssen sich zwei Bären in der Wildnis erstmal begegnen. Immerhin sind sie ziemlich selten. Wie bei dem Panda kommt dann ein ziemlich unfertiges und schutzloses Wesen heraus – blind, nackt, allein nicht überlebensfähig. Wong zeigt uns ein Bild von einem Babybären, der kürzlich in einem anderen Center abgegeben. Noch etwas haben sie mit Pandas gemein: Ihr Verdauungstrakt und Gebiss ist für Fleisch gemacht, sie nehmen außer kleinen Insekten und Vögeln jedoch nicht viel davon zu sich. Im Gegensatz zu en Pandas aber, fressen sie Früchte und die geben deutlich mehr Energie als Bambus. Da wo der Panda lebt gibt’s halt nichts anderes als Bambus.
Wong hat angefangen sich vor 18 Jahren mit Malaienbären zu beschäftigen, mehr durch Zufall. Bei seinem Biologie Studium in Amerika wurde eine Forschungsarbeit zu den bis dahin quasi unbekannten Bären angeboten und er als Malaie passte dazu. 2008 eröffnete er dann das BSBCC, das sich mit der Fürsorge, dem Schutz, der Rehabilitation und der Erforschung der Bären, aber auch der Bildung der Einheimischen beschäftigt. Laut IUCN befindet sich der Malaienbär als gefährdete Art auf der Roten Liste, eigentlich müsste er allerdings als „vom Aussterben bedroht“ eingetragen werden. Da es allerdings kaum Forschung gibt, gibt es auch keine Zählung der noch in der Wildnis lebenden Exemplare. Niemand weiß wie viele – oder wie wenige – es wirklich noch gibt. Wong geht aber davon aus, dass es weniger als Orang Utans sind, denen man ja durchaus hin und wieder begegnet und diese gelten auf Borneo als „stark gefährdet“. Je höher der Bär eingestuft wird, desto mehr finanziellen Aufwand kann man betreiben um eine Art zu schützen. In Borneo überstrahlt der Orang Utan definitiv den Malaienbären, der kaum bekannt ist.
Bedroht sind die Bären vor allem durch die Zerstörung ihres Lebensraums. Große Teile des Regenswald werden für Palmölplantagen abgeholzt, immer wieder kommt es zu Waldbränden und Dürren. Außerdem werden die Bären gejagt, ihre Körperteile für Traditionelle Chinesische Medizin verwendet oder Jungtiere werden in Gefangenschaft unter schlechten Bedingungen gehalten.
„I am determined to help Bornean sun bears. The challenge is huge. and I cannot do this alone. I need help, support and allies. Every voice counts and together we can make a difference.“ Wong Siew Te
Wir halten uns den Großteil des Tages bei den Bären auf, gehen nur zum Mittagessen hinaus zu dem kleinen Café zwischen dem BSBCC und den Orang Utan Zentrum. Dabei sehen wir einen Orang Utan in den Bäumen klettern, eine ziemlich große Spinne und ein Riesenhörnchen, das durch die Äste hüpft. Riesenhörnchen können bis zu 45m groß werden, was zusammen mit dem langen, buschigen Schwanz ein ziemlich großes Eichhörnchen macht.
Wir adoptieren einen Malaienbären: Fulung, ein fünf Jahre alter Bär, der von einem Jagdhund entdeckt und verletzt wurde. Er war erst zwei Monate alt als er gefunden wurde und hat nicht mal seine Augen geöffnet. Er wurde daraufhin als Haustier gehalten und seit 2010 befindet er sich beim BSBCC.
Fulung liebt es auf Bäume zu klettern, nach Termiten zu buddeln und mit seinen Freunden zu spielen. Wenn er neugierig ist, stellt er sich gerne auf die Hinterbeine. Das tut er auch jedes Mal wenn er Wongs Stimme hört. Er ist sehr fixiert auf Menschen, da er von ihnen aufgezogen wurde. Er hat immernoch die Wunde von dem Jagdhund auf dem Rücken, die er anfangs immer wieder selbst geöffnet hat. Die Narben sind noch gut zu sehen. Wir können ihn beim herumtollen und klettern beobachten und wissen: Das ist unser Bär.
Rainforest Discovery Centre
Am späteren Nachmittag wollen wir dem Rainforest Discovery Centre einen Besuch abstatten. Es befindet sich ein etwa zwei Kilometer vom BSBCC entfernt Richtung Hauptstraße und wir gehen zu Fuß hin, was uns mal wieder ordentlich ins Schwitzen bringt. Es ist so heiß und feucht, dass man sich kaum bewegen muss um schweißgebadet zu sein. Überhaupt nicht mein Klima. Wir gehenzuerst in den Plant Discovery Garten, wo Pflanzen aus aller Welt zu finden sind. Wir sehen Feigen-, Dattel- und Kakaobäume. Dann gehen wir zum Canopy Walkway, einem Weg der über Brücken hoch oben durch die Baumkronen führt – dort wo sich der Großteil des Lebens in einem Regenwald abspielt. Er ist vor allem bekannt dafür, dass man hier in der Dämmerung Riesengleithörnchen beim Fliegen beobachten kann. Der Weg führt in 10m Höhe durch den Dschungel und wir entdecken ein paar Vögel(unter anderem einen Halsband-Breitrachen), Eichhörnchen und Orang Utans. Dann warten wir auf die Dämmerung um die Riesengleithörnchen zu sehen. Tatsächlich fliegt bald das erste über uns hinweg. Insgesamt können wir vier Flüge sehen. Es geht sehr schnell und Fotos sind praktisch unmöglich. Wir gehen zusammen mit einer Gruppe Dänen zurück, denn wir haben keine Stirnlampen dabei und es ist stockdunkel. Diese werden jedoch noch ein wenig durch den Dschungel geführt, aber wir sehen auf unserer kleinen spontanen Nachtsafari leider nichts.
FAKTEN ZUM MALAIENBÄREN
Helarctos malayanus / Ursus malayanus
Der Malaienbär ist der kleinste und unbekannteste aller acht Bärenarten. Er lebt überwiegend auf Bäumen, hat einen guten Geruchssinn, aber schlechte Augen. Besonders ist seine halbmondförmige, weißlich-gelbliche Brustmarkierung in seinem schwarzen kurzen Fell. Diese ist bei jedem Bären anders, ähnlich wie ein Fingerabdruck. Seine 20-25cm lange Zunge eignet sich hervorragend um an Termiten und andere Insekten heran zu kommen. Dabei helfen ihm auch seine großen, gebogenen, spitzen Krallen.
• Alter: bis zu 25 Jahren, in Gefangenschaft 30 Jahre
• IUCN: Rote Liste Gefährdeter Arten
• Aussehen: Kurzes, schwarzes Fell, Halbmondförmige, weißlich-gelbliche Brustmarkierung, Helle Schnauze, Lange Zunge: 20-25cm, Kleine, runde Ohren, Große, gebogene, spitze Krallen, Nackte Sohlen der Tatzen
• Größe: 120-150 cm, Schulterhöhe: 70cm
• Gewicht: 30-70kg
• Nahrung: Kokosnüsse, Insekten, Maden, Honig, Früchte wie Feigen, Durian, Avocado und Bananen
Mehr zu den Bären auf www.bsbcc.org.my
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