Aufstieg zum Rainbow Mountain

CDT: Die Anaconda Pintler Wilderness – Anaconda bis Darby

Von Anaconda aus machen wir uns auf den Weg Richtung Storm Lake, wo wir die atemberaubend schöne Anaconda Pintler Wilderness betreten. Uns erwartet eine Mischung aus beeindruckenden Landschaften und anspruchsvollen Anstiegen, während wir gleichzeitig mit Hitze, persönlichen Herausforderungen und den allgegenwärtigen Schwärmen von Mücken zu kämpfen haben. Dieser Abschnitt unseres Abenteuers zeigt, wie viel Ausdauer es braucht, um sowohl physische als auch emotionale Hürden zu überwinden.

CDT Tag 26 – Von Anaconda zum Storm Lake

Das Hitchen von Butte nach Anaconda verläuft problemlos: Nach nur fünf Minuten hält Shane, ein ehemaliger Air-Force-Soldat, der sogar ein wenig Deutsch spricht, und bringt uns direkt zur Post. Dort holen wir fünf Pakete ab, darunter eine Snack-Schatztruhe eines Trail Angels. Mit diesen Vorräten und unserer Bounce-Box sind wir bestens versorgt. Nach einer Weile des Sortierens und Packens gehen wir ins Firefly Café, wo uns die freundliche Besitzerin Barbara mit großartigem Essen und einzigartigen Limonaden verwöhnt.

Danach besuchen wir die Hiker Hut, ein gemütlicher Treffpunkt der CDTC, ausgestattet mit Ladestationen, einer Hiker Box und Fahrrädern. Dort treffen wir Pinecone wieder, die von ihrem kurzen CDT-Ausstieg und ihrer Rückkehr erzählt. Im Trail-Register sehen wir, dass Twilight nur einen Tag voraus ist, während die größte Thru-Hiker-Bubble noch hinter uns liegt.

Nach einem kurzen Resupply im Supermarkt machen wir uns auf den Weg Richtung Storm Lake. Wir verzichten auf langweilige Highway-Kilometer und hitchen mit einem netten Paar zur nächsten Abzweigung. Von dort führt ein zweistündiger Spaziergang über einen Schotterweg, während wir uns die Familien am See vorstellen, die das Unabhängigkeitstags-Wochenende genießen.

Am Storm Lake angekommen, begrüßt uns die Abendsonne, die die Berge rot erleuchtet, und wir finden einen der schönsten Zeltplätze bisher. Der Wind macht seinem Namen alle Ehre, heult über den See und schüttelt gelegentlich unser Zelt, während wir die atemberaubende Szenerie genießen.

CDT Tag 27 – Gipfelglück in der Anaconda Pintler Wilderness

Der Wind beruhigt sich in der Nacht und ein friedlicher Morgen am Storm Lake begrüßt uns. Heute betreten wir die Anaconda Pintler Wilderness, eine Landschaft von atemberaubender Schönheit. Der Tag beginnt mit einer Wanderung entlang des Sees, gefolgt von einem Anstieg zu einem Pass. Insgesamt warten vier große Anstiege auf uns, doch jeder wird mit spektakulären Ausblicken belohnt. Der erste Pass führt uns über eine Traverse zur Goat Flat – mit 2.846 Metern der bisher höchste Punkt des CDT.

Heute ist alles ideal: moderate Temperaturen, eine leichte Brise, keine Mücken, reichlich Wasser und großartige Aussichten. Die letzten Schneeflecken am Trail erinnern an die alpine Umgebung. Meine Leidenschaft für die Wanderung flammt neu auf, und wir genießen den Tag in vollen Zügen, halten öfter an und nehmen die Momente bewusst wahr. Der zweite Anstieg führt uns zum Rainbow Mountain, wo wir bei einem funkelnden See eine windige, aber lohnende Mittagspause einlegen.

Am dritten Anstieg treffen wir Stefan aus der Schweiz, einen weiteren SOBO Thru-Hiker. Der CDT beeindruckt uns alle, denn wer diesen Trail meistert, kann alles schaffen. Der Tag endet mit mehreren erfrischenden Flussüberquerungen, bevor die letzte Meile des letzten Anstiegs steil wird. Hungrig wie die Bären erreichen wir den Warren Lake, wo wir gemeinsam mit Stefan campen.

Während wir unser Abendessen genießen, baden wir in der Abendsonne am See. Die untergehende Sonne wirft schimmernde Reflexionen auf das Wasser, und ein neugieriger kleiner Frosch leistet uns Gesellschaft – ein perfekter Abschluss eines perfekten Tages.

CDT Tag 28 – Durch die Mückenhölle

Der Tag beginnt am spiegelglatten Warren Lake, der die umliegenden Berge unter klarem Himmel reflektiert. Nach einem kurzen Abstieg warten mehrere Pässe, darunter der Rainbow und Pintler Pass. Die Landschaft ist atemberaubend: alpine Seen, Wildblumen und schroffe Felswände. Doch die Anstiege fordern Kraft, und Mückenschwärme machen Pausen oft unerträglich. Unsere Körper haben sich durch die monatelange Belastung stark verändert – Muskeln treten hervor, Fettreserven schwinden, und die tägliche Regeneration im Zelt wird zur essenziellen Routine.

Am Pintler Pass treffen wir erneut Stefan, mit dem wir über Essen und die schlechte Käsequalität in den USA scherzen. Nach einem steilen Abstieg durch ein verbranntes Waldgebiet voller umgestürzter Bäume, das uns Akrobatik abverlangt, begegnen wir einem beeindruckenden NOBO-Hiker, der täglich bis zu 65 Kilometer wandert. Seine Berichte über „Mücken-Wände“ in Yellowstone trüben kurz meine Vorfreude auf diesen Traumort.

Am Ende des Tages finden wir einen kleinen Lagerplatz am Trail, aber auch hier sind die Mücken unerbittlich. Schnell flüchten wir in unsere Zelte, um dem Schwarm zu entkommen. Frustration über die ständigen Herausforderungen macht sich breit, doch ich erinnere mich, dass solche Momente ebenso Teil eines Thru-Hikes sind wie die großartigen Erlebnisse. Schwierigkeiten und Glücksmomente existieren hier Seite an Seite, und beides gehört zum Abenteuer.

CDT Tag 29 – Heiß und verbrannt

Wir starten früh in der Hoffnung, den Mücken zu entkommen, und schaffen es gerade so, bevor die Hitze einsetzt. Der Tag beginnt mit einem anstrengenden Anstieg durch verbranntes Gebiet, wo die Sonne unbarmherzig auf uns niederbrennt. Der Trail gleicht einem Hindernisparcours, übersät mit umgestürzten Bäumen. Meine Energie schwindet schnell, und die vermeintlich einfache Etappe entpuppt sich als eine der härtesten bisher.

Am höchsten Punkt des Tages lassen wir die Mücken kurz hinter uns, bevor wir weitere Anstiege und verbrannte Abschnitte bewältigen. Ein Lichtblick ist der Surprise Lake, wo wir ein erfrischendes Bad nehmen und eine Pause machen. Dort treffen wir Big Heart, eine andere SOBO-Wanderin, deren Gesprächigkeit mich zusammen mit Ryans Rededrang schnell ermüdet. Die zunehmende Anzahl von Wanderern auf dem Trail überfordert mich und erschöpft meine sozialen Kapazitäten. Für mich ist Wandern ein Rückzug von Menschen und gesellschaftlichen Erwartungen, nicht der Kontakt zu anderen. Während viele Wanderer die Begegnungen auf dem Trail schätzen, suche ich die Natur und die Freiheit, allein zu sein. Doch heute schleicht sich wieder das nagende Gefühl ein, dass mit mir etwas „nicht stimmt“. Alles, was ich will, ist wandern – frei von sozialen Erwartungen.

Der letzte Anstieg führt uns auf einen Grat mit Schneefeldern und Ausblicken auf die verbrannte, trostlose Landschaft. Erschöpft, mit schmerzenden Füßen und einer durchgescheuerten Socke, erreichen wir zusammen mit Big Heart und Stefan unseren geplanten Lagerplatz – mitten im verbrannten Gebiet. Ich fühle mich dort unsicher, weshalb wir weitergehen. Wir finden einen provisorischen Platz auf mit Asche bedecktem Boden, der unsere Ausrüstung und Haut verdreckt.

 

CDT Tag 30 – Schmelzpunkt

Der Tag beginnt früh unter einem rosa Himmel, und wir sind die Ersten, die das Camp verlassen. Es geht durch verbrannte Gebiete mit leuchtend blauen Blumen als einzigen Farbtupfern. Eine alternative Route verspricht einen lebendigen Wald und kürzere Distanz, doch wir verpassen eine Abzweigung, laufen zusätzliche Kilometer und landen auf einem überwucherten Pfad mit sumpfigem Untergrund – Zeit gespart haben wir nicht, und die Füße sind nass.

Mein Fuß mit der Knochennekrose bereitet beim Abstieg starke Schmerzen, und ich habe Angst, dass er gebrochen sein könnte. Diese Sorge überwältigt mich emotional, und ich werde nonverbal, unfähig, mit jemandem zu sprechen. Ibuprofen lindert den Schmerz, und wir schaffen es bis zum Highway, der Montana und Idaho trennt. Nach kurzer Zeit nimmt uns ein Truck mit zwei älteren Cowboys mit. Während der heißen Fahrt zeigen sie uns Berge, und einer erzählt von Trapper Peak, einem verlockenden Ziel.

In Darby angekommen, schockiert mich einer der Cowboys mit einem geschmacklosen Nazi-„Witz“. Die Stadt ist brütend heiß, und ich kämpfe mit Überhitzung und Erschöpfung. Nach einer Dusche fühle ich mich besser, hole Pakete mit neuen Schuhen ab und bin erleichtert, dass mein Fuß weder geschwollen noch druckempfindlich ist. Es scheint, als wäre nichts gebrochen, aber der Fuß braucht definitiv Ruhe.

Zum Glück können wir eine klimatisierte Hütte mit Küche auf dem Campingplatz buchen, die uns die Tage in Darby erleichtert. Bei dieser Hitze ist das Schlafen im Zelt undenkbar. Mein Plan ist es, dem Fuß ein paar Tage Erholung zu gönnen und dann langsamer weiterzuwandern. Jeder weitere Tag auf dem CDT ist wertvoller, als jetzt aufzugeben. Auch wenn Darby mit seinen 35 °C kein idealer Ort für eine Pause ist, machen wir das Beste daraus, kochen selbst und sammeln Kraft für die kommenden Etappen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.

Vielleicht gefällt dir auch

Suche

Die Weltwanderin

Picture of Annika
Annika

Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeutet Wandern für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt.

Beliebte Beiträge