Zugfahren ist China ist durchaus ein Abenteuer an sich, wenn man außerhalb der modernen High Speed Zügen unterwegs ist. Wer empfindlich gewissen Körpergeräuschen gegenüber ist, sei hiervon eher abgeraten. Allen anderen empfehle ich es als kulturelle Erfahrung.
Heute fahren wir weiter nach Chengdu, wo uns hoffentlich die knutschigsten Pandas aller Zeiten erwarten. Zur Abwechslung wollen wir den Zug mal nicht verpassen und stehen früh um 4:30 Uhr morgens auf. Wir nehmen ein Taxi zum Bahnhof, der nicht weit von unserem Hostel entfernt liegt und stürzen uns dort ins Getümmel, das hier schon um halb sechs Uhr morgens herrscht. Trotzdem ist nicht soviel los wie tagsüber und wir kommen relativ schnell durch Ticket- und Sicherheitscheck. Wir gehen zu unserem „Gate“ im ersten Stock und warten auf das Boarding. Erst hier fällt mir auf, dass ich meine Chucks im Hostel vergessen habe. Mist! Somit bleiben mir nur noch Flip Flops und Wanderschuhe… Eine halbe Stunde vor Abfahrt geht es los und wir steigen in unseren Zug.
Das „Hard Sleeper“ Abteil besteht aus drei übereinander stehenden schmalen Betten. Wir schlafen in den obersten Betten, was eine kleine Herausforderung darzustellt – vor allem hinunter zu kommen. Am besten man stellt sich auf alle Viere und krabbelt dann rückwärts über die Leiter hinunter. Wir schlafen erstmal eine Runde, was bei der Lautstärke im Zug gar nicht so einfach ist. Oropax sind eine lohnende Investition. Es ist recht eng und wir wissen nicht richtig wohin mit unseren großen Rucksäcken.
Es gibt nur oben eine schmale Gepäckablage, die bereits voll ist. Also verstauen wir unsere Rucksäcke unter den untersten Betten. Wir fahren durch neblige, regnerische Berglandschaft, die von Flüssen durchzogen ist. Wir unterhalten uns mit dem Chinesen Martin, der vielleicht als einziger im gesamten Abteil Englisch spricht. Er ist schon seit zwei Tagen in Zügen unterwegs um seine 3.000km entfernte Heimatstadt zu erreichen. Die Geräuschkulisse im Zug ist erfüllt mit Schmatzen, Schlürfen, Rülpsen, Schnarchen, Nasehochziehen, Stimmen und hin und wieder Musik.
Ankunft in Chengdu und der Kampf mit den Taxis
Nach 16 Stunden kommen wir in Chengdu an. Auf dem Bahnhofsvorplatz herrscht mal wieder Chaos und außerdem regnet es recht stark. Bei den Taxis steht eine riesige Schlange und denken uns erstmal nicht viel dabei. Wir gehen weiter und steigen etwas genässt außerhalb in ein Taxi. Während der kurzen Fahrt stellt sich heraus, dass der Taxifahrer 50 Yuan für die Fahrt will, die eigentlich nur etwa 2km umfasst. Das wollen wir natürlich nicht zahlen, also schmeißt er uns raus. Wir sind durch den dichten Verkehr nur wenige Meter vom Bahnhof fort gekommen.
Wir versuchen es bei anderen Taxis, keiner will uns fahren. Also gehen wir zurück, wollen die U-Bahn nehmen, die hat aber offenbar schon zu – immerhin ist es halb 12 Uhr nachts. Wir fügen uns in unser Schicksal und stellen uns bei der Schlange an – wir wissen nun also warum sie existiert. Nur hier kommen die Taxis, die willig sind ihr Taximeter einzuschalten an.
Alle außerhalb versuchen es halt mit Abzocke, dafür kommt man natürlich sofort vom Fleck. In Anbetracht der fortgeschrittenen Stunde und dem Regen gar nicht so dumm. Auch aus der Schlange versuchen sie aufdringlich abzuwerben, aber keiner gibt nach. Allzu lange dauert es zum Glück nicht bis wir in eins der stetig ankommenden Taxis steigen. Kurze Zeit später erreichen wir das Hostel und werden sehr herzlich von Helena am Emfang begrüßt, die uns gleich neben einer Karte von Chengdu auch Pandabärenpostkarten in die Hand drückt. Dazu liegt eine weiße, flauschige Katze in der Rezeption. Nun ist alles wieder gut.
Helena empfiehlt uns ein Barbecue um die Ecke und nachdem wir unsere Sachen abgelegt haben, machen wir uns dahin auf. Wir sind nämlich ordentlich hungrig von der Zugfahrt! Wir bekommen einen Regenschirm verpasst und machen uns dann auf in den strömenden Regen. Beim Barbecue ist das Bestellen einfach: Die vorbereiteten Spieße liegen aus, man sucht sich einfach die aus, die man haben mag und diese werden dann für einen gegrillt. Außer den Kartoffeln und dem Brot kann ich dann aber nicht allzu viel davon essen, denn es ist ungeheuer scharf. Sah zwar vorher nicht so aus, aber offenbar wurde danach noch ordentlich Chili drüber gestreut. Willkommen in Sichuan!