Aufstieg zum Soiernhaus
Es kommt mir vor als wäre es erst gestern gewesen, dass ich hinauf zum Soiernhaus gestiegen bin. Im Oktober letzten Jahres fiel mir dieser Aufstieg noch erheblich schwerer, diesmal bin ich deutlich fitter und im Nu sind wir den langen Forstweg bis zur Fischbachalm hinaufgestiegen. Eine kurze Erfrischung an den Wassertränken und wir betreten den ausgesetzten Lakaiensteig und erfreuen uns an diesem kanadisch anmutenden Flair im dicht bewaldeten Talkessel, dem rauschenden Wasserfall und dem auf Felsen thronenden und perfekt gelegenen Soiernhaus.
Auch heute ist es wieder bewölkt, aber einen Russ’n und Brotzeit auf der Hütte später, reißt die Wolkendecke auf und die Sonne setzt die Gegend wunderschön in Szene. Zeit diese zu nutzen!
Gumpenkarspitze
Wir machen uns mit leichtem Gepäck auf einen Nachmittagsspaziergang auf die Gumpenkarspitze (2.010m), den ersten der markanten Gipfel rund um die Soiernseen.
Völlig ahnungslos wie lange der Aufstieg wohl dauern mag, laufen wir in der Mittagshitze los, der Anstieg zieht sich dann doch unerwartet in die Länge, aber die Motivation steigt mit jedem Meter den wir dem Gipfel näherkommen und oben durchströmt uns dann wieder das bekannte Glücksgefühl – der Gipfelrausch :)
Hier oben genießen wir lange das Panorama – die sich ausbreitenden glitzernden Soiernseen, das Soiernhaus und die umliegenden Gipfel, die es für uns morgen zu besteigen gilt. Von hier oben sieht die Soiernspitze, das Ziel unserer Tour morgen, doch noch ganz schön hoch und die steilen Felswände herausfordernd aus.
Erfrischung im Soiernsee
Nach der Gipfelwanderung schnappen wir unsere Badesachen und hüpfen in einen der zwei eiskalt-erfrischenden Soiernseen. Den Abend gemütlich an See und bei Abendessen in der Hütte ausklingen lassend, später dem beruhigenden Trommeln der Regentropfen auf dem Dach zuhörend (zumindest bis das große Geschnarche losgeht) lässt sich der Tag gut beschließen. Ich habe doch ganz schön geschwollene und schwer-müde Beine und bin mir noch nicht ganz sicher, ob das morgen mit der geplanten Soiernumrahmung wirklich klappt.
Auf die Schöttelkarspitze
Nach einer etwas unruhigen Nacht, machen wir uns auf den Weg gen Westen zur Schöttelkarspitze. Ein gemütlich, moderat ansteigender Weg erwartet uns, windet sich dann in immer steileren Serpentinen bis hinauf zum Gipfel.
Nach 45 Minuten sind wir auf dem Gipfel der Schöttelkarspitze (2.050m) angelangt. Typisch kleinsplittrig-gezackte Felsspitzen, geschraubt-gedreht wirkende Felswände, bieten einen an die Dolomiten erinnernden Anblick, atmosphärische Wolkenschwaden bewegen sich unter uns im Tal – ein Szenario, das wie ein Gemälde von Caspar David Friedrich anmutet. Im Büro habe ich tatsächlich den „Wanderer über dem Nebelmeer“ von C.D. Friedrich zu hängen, immer wenn ich nun auf das Bild schaue, denke ich an diesen Moment, im Karwendel :)
Überschreitung zur Soiernspitze
Nach ausgiebigem Genießen des Anblicks, geht es vom Gipfelkreuz kurz wieder nach unten um dann zur Überschreitung abzuzweigen. Über Felskraxeleien, Schutt und Schneefelder geht es am Feldernkreuz (2.048m) vorbei, nach Süden zum Feldernkopf und der Soiernscheid entlang, immer wieder Geröll, Grate, steile Abhänge und felsige Rinnen entlang wandernd.
Wir laufen die meiste Zeit seit der Schöttelkarspitze durch Wolken und die Entfernungen sowie das Ziel lassen sich nicht abschätzen. Immer wieder glauben wir nun die Soiernspitze erreicht zu haben, aber es handelt sich nur um einen der vielen Zwischengipfel und –grate. Am Soiernsattel kurz vor dem Gipfel geraten wir durch Schnee und instabiles Geröll doch ein wenig in Schwierigkeiten, was den zuvor entstanden Zeitvorsprung in Anspruch nimmt.
Immer wieder müssen wir nach einer neuen Alternative suchen, da die gewählten Wege in Sackgassen oder instabile Stellen führen. Aber bald haben wir auch das überwunden und stehen am Gipfelkreuz der Soiernspitze auf 2.227m. Ich bin stolz auf mich, mit jeder Wanderung merke ich, wie ich fitter und stärker werde und trotz schwierigen Wegstellen, Schlafmangel und vielen Höhenmetern, fühle ich mich nicht übermäßig verausgabt. Gipfelrausch!! :) Nach ausgiebiger Brotzeit und Chillen am Gipfel, verziehen sich auch bald die Wolken und geben den Blick auf eine perfekte Karwendelschau frei. Zugspitze, Wörner, Jochberg, Walchensee und viele weitere berühmte Gipel und Seen lassen sich von hier oben ausmachen.
Abstieg
Dann gehen wir ein Stück des Weges zurück um über ein großes Schneefeld nach unten abzusteigen. Wenn man die richtige Hüpf- und Springtechnik anwendet, ist man in Windeseile viele Höhenmeter weit unten um sich dann über einen steilen Zick-Zack-Pfad nach unten zu winden, bis man wieder zwischen den beiden Soiernseen ist und hinauf zur Hütte gelangt.
Kurz Chillen am See, dann eine kühle Saftschorle am Soiernhaus und nach Verzehr steigen wir wieder über den Lakaiensteig hinunter bis zur Fischbachalm, wo Jacky uns erwartet und uns den langen Abstieg über die Forststraße mit dem Auto abnimmt.
Den Abend lassen wir gemütlich am Walchensee ausklingen, gehen im deutlichen wärmeren Wasser als tags zuvor schwimmen und genießen Apfelstrudel und Weißbier im örtlichen Biergarten. Wir lassen unsere fantastische Tour, für mich bisher eine der schönsten hier, Revue passieren und sind einfach nur da. Was für ein Leben!