Von Hendaye am Atlantik bis nach Banyuls-sur-Mer am Mittelmeer führt die Haute Randonnée Pyrénéenne (HRP) 748 Kilometer und über 51.000 Höhenmeter durch die Pyrenäen. Die landschaftliche Vielfalt reicht von sattem Grün in den Hügeln des Baskenlands, eindrucksvollen Hochgebirgspassagen mit Bergseen und Gletschern in den Zentralpyrenäen bis zu mediterraner Vegetation. Der HRP verlangt Ausdauer, Orientierungssinn und Selbstversorgung, belohnt aber mit Einsamkeit, Wildnis und Ausblicken, die jede Mühe wert sind.
Sie ist die wildeste und anspruchsvollste der drei großen Pyrenäen-Durchquerungen. Anders als der GR 10 in Frankreich oder der GR 11 in Spanien führt der HRP mitten durch die Hochlagen, oft direkt entlang der Grenze. Dabei verbindet er markierte Wege mit unmarkierten Pfaden, alten Hirtenwegen und luftigen Graten. Offiziell markiert ist er nicht.
Der HRP verläuft teilweise in hochalpinem Gelände und eignet sich daher nur für erfahrene Bergwanderer. Allerdings gibt es entlang der Strecke verschiedene Alternativen, die die schwierigsten Passagen umgehen und sich bei schlechtem Wetter oder anderen Einschränkungen anbieten. Gleichzeitig existieren aber auch Varianten, die noch anspruchsvoller sind und zusätzliche Abenteuer versprechen.
Inhaltsverzeichnis
ToggleKurzinfo zum HRP
Distanz: 748 km
Dauer: 30 bis 44 Tage
Höhenmeter: 51.100 hm
Beginn/Ende: Hendaye, Frankreich/Banyuls-sur-Mer, Frankreich
Länder: Frankreich, Spanien, Andorra
Beste Zeit: Mitte Juni bis September
Schwierigkeit: Schwer (bis T5 – Anspruchsvolles Alpinwandern)

An- und Abreise
Wir sind mit dem Zug von München über Paris nach Hendaye gefahren. Achtung: In Paris erfolgt der Umstieg nicht am selben Bahnhof, ihr müsst von Paris Est nach Paris Montparnasse mit der Metro fahren. Plant dafür genug Zeit ein. Wir haben es gerade so geschafft. Eine andere Möglichkeit ist es, nach San Sebastián oder Bilbao zu fliegen und von dort mit Bus oder Zug nach Hendaye zu fahren.
Von Banyuls-sur-Mer fährt ein Bus (1 €) oder Zug (8,60 €) nach Perpignan, wobei ich den Zug empfehle. Der Zug ist zuverlässiger, während der Bus zahlreiche Stopps einlegt und dadurch oft verspätet ist. Von Perpignan geht es mit Zug oder Bus nach Barcelona und von dort mit dem Flugzeug zurück. Ansonsten gibt es eine Zugverbindung von Perpignan nach Paris, von wo aus ihr Anschlüsse nach Deutschland bekommt.
Navigation
Ich empfehle den Wanderführer „The Pyrenean Haute Route – The HRP high-level trail“ von Tom Martens (Cicerone), den es auch als E-Book gibt und der GPX-Tracks zur Verfügung stellt. Diese habe ich in OSMAnd geladen und zusammen mit dem Wanderführer zuverlässig navigiert.
Da der HRP nicht durchgehend markiert ist und einige weglosen Passagen enthält, sind Erfahrung mit alpinem Gelände und Routenfindung erforderlich. Steinmännchen helfen oft, sind aber nicht immer verlässlich.
Die GR-Trails sind mit weiß-roten Markierungen versehen, denen der HRP manchmal folgt. Zusätzlich folgt er einigen anderen Trails, die unterschiedlich markiert sind. Manchmal gibt es rote, gelbe oder grün-blaue Markierungen. Bei jeder Verzweigung ist es ratsam, zu schauen, ob ihr euch noch auf dem richtigen Weg befindet, denn manchmal zweigt der HRP ins unmarkierte Nirgendwo ab oder ist schlichtweg gar nicht zu erkennen.
Der HRP kann in beide Richtungen gewandert werden. Er wird aber häufiger von West nach Ost begangen, da der Cicerone-Wanderführer diese Richtung beschreibt.

Schwierigkeit
Der HRP ist körperlich und technisch fordernd: viele Höhenmeter, wegloses Gelände, ausgesetzte Passagen und gelegentliche Klettereien (bis UIAA II). Alpine Erfahrung und gute Kondition sind Pflicht. Je nach Jahreszeit müssen Schneefelder überquert werden. Im August/September hatten wir bis auf ein einfaches Schneefeld auf dem Anstieg zum Col Inférieur de Literole keine Schneefelder mehr.
Während für mich Tagesdistanzen auf dem PCT und CDT von 30 bis 40 km normal waren, waren es auf dem HRP durchschnittlich nur 21 km mit durchschnittlich 1.300 Höhenmetern pro Tag, was deutlich mehr Höhenmeter auf kürzere Distanz sind als auf PCT und CDT. Das Gelände, die Routenfindung und das Wetter bremsen den Fortschritt.
Der Cicerone-Wanderführer teilt den HRP in 44 Tage auf. Wir haben 37 Wandertage (plus drei Zero-Days) für den HRP gebraucht, wir sind aber auch Leuten begegnet, die sowohl mehr als auch weniger Tage gebraucht haben. Fun Fact: Der FKT für den HRP liegt aktuell bei 10,5 Tagen.
Technisch anspruchsvolle Schlüsselstellen
- Port du Lavedan (2.615 m): Schwierige Routenfindung auf der Südseite, letzte Felsstufe Kletterei im II. Grad (bei West-Ost-Richtung im Aufstieg)
- Col Inférieur de Literole (2.983 m): Ausgesetzte Traverse am Pass, sehr steil auf Ostseite (bei West-Ost-Richtung im Abstieg)
- Col de Mulleres (2.924 m): Kraxelei im I. Grad auf der Ostseite (bei West-Ost-Richtung im Abstieg)
- Collado del Clot de Moredo (2.429 m): Technisch nicht sehr schwierig, aber die Routenfindung und das langsame Vorankommen durch das riesige Boulderfield sollten nicht unterschätzt werden.
Alle kritischen Pässe können bei Schlechtwetter auf Alternativrouten (meist auf dem GR 11) umgangen werden.

Resupply
Der HRP führt regelmäßig durch kleinere Orte mit begrenzten Einkaufsmöglichkeiten. Was sich immer finden ließ, waren jedoch Baguette, Käse und Salami. Dazu gibt es fast immer Instantnudeln, Couscous, Schokolade und Gummitiere.
Der Trail führt größtenteils alle zwei bis drei Tage durch eine Ortschaft. Nur zwischen Candanchú und El Serrat gibt es längere Strecken ohne Resupply, und dort erfordert es eine Mitfahrgelegenheit oder öffentlichen Nahverkehr, um zur nächsten Stadt zu gelangen.
Die längste Strecke ohne Resupply waren für uns jeweils 4 Tage zwischen Candanchu und Gavarnie, zwischen Parzan und Benasque und zwischen Salardu und El Serrat. Zwischendurch gibt es allerdings zahlreiche Berghütten und Restaurants, die Mahlzeiten anbieten. Dazu kommen die vielen Schäferhütten, bei denen ihr Käse in den Bergen kaufen könnt. Diese enden allerdings nach Candanchu.
Resupply-Orte (mit Distanzen)
- Hendaye (Start)
- Elzaurdia (on trail) – 13 km
- Aldudes (on trail) – 24,5 km
- Iraty (on trail) – 92 km
- Lescun (on trail) – 48,5 km
- Candanchú (on trail) – 36 km
- Gavarnie (on trail) – 79 km
- Parzan (1,4 km off-trail) – 45,5 km
- Benasque (off trail, Hitch oder Bus) – 54,5 km
- Salardu (on trail) – 65 km
- Möglicher Abstieg nach Tavascan (8 km off-trail) – 19 km
- Ordino oder La Massana (off trail, Hitch oder Bus) – 19 km
- l’Hospitalet-près-l’Andorre (on trail) – 50,5 km
- Bolquere (on trail) – 37,5 km
- Arles-sur-Tech (on trail) – 87,5 km
- Le Perthus (on trail) – 38 km
- Banyuls-sur-Mer (Ende) – 31,5 km
Hier findet ihr eine ausführliche Liste für euren Resupply auf dem HRP >>
Falls ihr euch selbst Pakete schicken wollt, könnt ihr das entweder an Campgrounds oder Unterkünfte tun (vorher nachfragen) oder per Poste Restante an Postämter auf dem Weg. Letzteres empfehle ich nur bedingt, da kleine Postämter oft eingeschränkte Öffnungszeiten haben. Wir haben nur ein Paket zum Campground in Lescun vorausgeschickt und ein Paket von Benasque zurück nach Deutschland geschickt.

Wasser
Wasserquellen sind bis auf die letzten paar Tage meist reichlich vorhanden. 1–2 Liter pro Person reichen in der Regel. Da viele Weideflächen passiert werden, sind ein Wasserfilter oder Wasserreinigungstabletten empfehlenswert.
Wetter
Atlantik (Hendaye – Lescun): oft feucht und schwül, teils stürmisch oder neblig.
Hochlagen: Wie in hohen Bergen üblich, kann das Wetter schnell umschlagen. Nachmittagsgewitter sind üblich. Generell ist die französische Seite nasser als die spanische. Bis in den späten Sommer müsst ihr mit Schneefeldern rechnen. Im August/Anfang September sind wir bis auf ein einfaches Schneefeld vor dem Col Inférieur de Literole keinem Schnee begegnet.
Sommerhitze: Temperaturen über 30 °C sind keine Seltenheit. Achtet auf Hydrierung und darauf, die Mittagshitze im Schatten zu verbringen. Unsere Strategie für diese Zeit war folgende: vor dem nächsten Anstieg zelten, noch vor Sonnenaufgang loslaufen, den ersten Anstieg bewältigen, lange Mittagspause im Schatten am niedrigsten Punkt und dann am Nachmittag der nächste Aufstieg.
Nächte: Nachts kann es anfangs und am Ende der Saison frostig werden, ein warmes Schlafsystem ist also empfohlen.
Nähe Mittelmeer (ab Pic Canigou): Die Wasserquellen werden spärlicher. Wir hatten hier Anfang September wieder mit schwüler Hitze zu kämpfen.
Unterkünfte
Wildzelten/Bivouac: Meist erlaubt (außerhalb von Orten und Straßen, LNT beachten). In Nationalparks nur zwischen 19 und 9 Uhr.
Berghütten (Refuges/Refugis): Bewirtschaftet mit Mahlzeiten, oft auch Bivouac möglich. Daneben unbewirtschaftete Hütten (kostenlos).
Ortschaften: Gîtes d’étapes (einfache Wanderunterkünfte), Hotels und Campgrounds.

Kosten
Wir haben insgesamt 3.300 Euro für zwei Personen für unseren Thru-Hike auf dem HRP ausgegeben, die sich folgendermaßen zusammensetzen:
- 785 Euro An- und Abreisekosten
- 15 Euro Transportkosten (lokale Busse)
- 780 Euro für Unterkünfte (Hotels und Campgrounds)
- 750 Euro Resupply
- 850 Euro Restaurants/Cafés/Hütten
- 120 Euro für Sonstiges wie Post und neue Schuhe
Geteilt durch 40 Tage sind das 41 Euro pro Tag und Person.
Sprache
Auf dem HRP kommt ihr durch eine bunte Sprachlandschaft, die sich je nach Region und Tal stark unterscheidet: Französisch im Norden, Spanisch im Süden, Baskisch/Katalanisch regional. Mit Französisch und Spanisch kommt man am weitesten. Englisch wird in touristischeren Gegenden oft verstanden. Ich empfehle den Offline-Download von Google Translate für diese Sprachen.
Routenübersicht
Der HRP lässt sich in folgende Abschnitte aufteilen, die sich auch alle gut als Section Hikes eignen:
1. Hendaye bis Lescun (165 km / 9.835 hm)
Landschaftlich eher niedriger, grün, bewaldet mit Hügelcharakter und viel Weidewirtschaft in den westlichen Pyrenäen. Technisch einfach bis auf eine kurze Kraxelei am Pic d’Orhy, trotzdem viele steile Anstiege und teilweise schwierige Routenfindung. Kontinuierlich führt der HRP vom Atlantik auf über 2.000 m. Wem die Routenfindung auf den teilweise weglosen Abschnitten mit kratzigen Büschen zu doof ist, dem sei empfohlen, bis Iraty dem GR 10 zu folgen, der durchweg gut markiert ist und auf einfacher Route erfolgt. Landschaftlich verpasst ihr dabei nicht viel. Die schwüle Hitze vom Atlantik kann am Anfang sehr fordernd sein. Wir haben für diesen Abschnitt 7,5 Tage gebraucht.
Höhepunkte: Blick auf den Atlantik am ersten Tag, Pic d’Orhy, die Karstlandschaft rund um Source de Marmitou
2. Lescun bis Gavarnie (115 km / 8.730 hm)
Landschaftlich spektakulärer Abschnitt in den Zentralpyrenäen. Die anspruchsvollen hohen Pässe Port du Lavedan und Col du Cambales liegen hier sowie die ausgesetzte, aber nicht schwierige Passage d’Orteig. Hier endet der Schafskäse-Verkauf von den Schäfern in den Bergen. Wir haben für diesen Abschnitt 6,5 Tage gebraucht.
Höhepunkte: Parc National Pyrenee, Port du Lavedan, der Blick auf Pic du Midi d’Ossau, Vignemale und Cirque de Gavarnie
Mögliche Side Quests: Grande Fache (3.005 m), Petit Vignemale (3.032 m) und Vignemale (3.298 m, Gletscherausrüstung und -erfahrung nötig)
3. Gavarnie bis Salardu (155,5 km / 11.270 hm)
Landschaftlich spektakulärer Abschnitt in den Zentralpyrenäen. Die anspruchsvollen Pässe Col Inférieur de Literole und Col de Mulleres liegen hier, lassen sich aber auf dem GR 11 umgehen. Wir haben für diesen Abschnitt 8 Tage gebraucht.
Höhepunkte: Col Inférieur de Literole, Tuc de Mulleres, Lac de Mar, die Bergstadt Benasque, Blick auf den Aneto, den höchsten Berg der Pyrenäen, Aigüestortes National Park
Mögliche Side Quests: Le Taillon (3.144 m), Piméné (2.801 m), Breche de Roland (2.807 m), Pic Perdiguére (3.222 m), Pico de Aneto (3.404 m, Gletscherausrüstung und -erfahrung nötig), Pic Schrader (3.177 m)
4. Salardu bis l’Hospitalet-près-l’Andorre (118 km / 9.785 hm)
Landschaftlich spektakulärer Abschnitt in den Ausläufern der Zentralpyrenäen mit einfacher werdendem Gelände. Wir haben für diesen Abschnitt 6,5 Tage gebraucht.
Höhepunkte: Andorra
Mögliche Side Quests: Montardo d’Aran (2.826 m), Mont Roig (2.868m), Pic de Certascan (2.853m)
5. l’Hospitalet-près-l’Andorre bis Banyuls-sur-Mer (194,5 km / 11.480 hm)
Übergang zu trockenerem Klima und mediterraner Vegetation in den östlichen Pyrenäen. Bis Pic du Carnigou landschaftlich weiterhin spektakulär, danach wird es beim Abstieg zum Mittelmeer hin eher dröge mit viel Wald und langen Forstwegen. Die schwüle Hitze vom Mittelmeer sowie der Mangel an Wasservorkommen können sehr fordernd sein. Wir haben für diesen Abschnitt 8 Tage gebraucht.
Höhepunkte: Pic Carlit, Pic du Canigou, Gratwanderung zwischen Eyne und Refugi d’Ull de Ter, Ankunft am Mittelmeer
Mögliche Side Quests: Pic des Bastiments (2.881 m)

Fazit
Der HRP ist kein Einsteiger-Trail. Er fordert Kondition, alpine Erfahrung und gute Vorbereitung, belohnt aber mit Abgeschiedenheit, spektakulären Landschaften und einer der schönsten Gebirgstraversen Europas. Wer die Pyrenäen intensiv erleben möchte, findet hier eine unvergleichliche Route.

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Hier findet ihr interessante Statistiken von unserem Thru-Hike auf dem HRP:











