Abstieg vom Col de Peyreget

Wie lange dauert es eigentlich einen Kilometer zu wandern?

Tausende Kilometer – das klingt nach einer unvorstellbaren Distanz. Doch wie Laozi formulierte: „Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.“ Und dieser erste Schritt wird leichter, wenn ihr wisst, wie viel Zeit ihr für einen Kilometer einplanen könnt – sei es bis zur nächsten Campsite, zur Wasserquelle oder zur nächsten Straße.

Beeinflussende Faktoren

Wie lange dauert es also, einen Kilometer zu wandern? Wie so oft im Leben ist die Antwort auf diese Frage: „Kommt darauf an“. Eine realistische Schätzung liegt zwischen 10 und 45 Minuten, je nach verschiedenen Faktoren. Fünf Kilometer lassen sich in einer Stunde im Flachland bewältigen, aber wenn dazu 600 Höhenmeter im Aufstieg kommen, dauert die gleiche Distanz vielleicht zwei Stunden. Wenn schwieriges Terrain dazu kommt, sogar mehr. Oft hat der Trail ohnehin seinen eigenen Plan. Es gilt also, folgende Punkte zu berücksichtigen, wenn ihr euer Tempo schätzt.

Höhenmeter und Steigung

Höhenmeter sind einer der größten Einflussfaktoren – sowohl im Auf- als auch im Abstieg. Ebenso entscheidend ist die Steigung des Trails.

Nehmen wir etwa den Vergleich zwischen PCT und Te Araroa. Der PCT wurde so angelegt, dass Packtiere den Weg nutzen können. Er hat mehr Serpentinen, die sich an Steigungen hinauf- und herumschlängeln, während Te Araroa in Neuseeland häufig direkter und steiler verläuft. Je steiler es wird, desto mehr Zeit werdet ihr benötigen. Beachtet also die Höhenmeter, die es auf einem Kilometer zurückzulegen gilt. Bei bis zu 100 Höhenmetern auf einem Kilometer könnt ihr davon ausgehen, dass die Steigung zwar spürbar, aber gut gehbar ist, bei über 200 Höhenmetern pro Kilometer ist es dann schon sehr steil.

Nutzt am besten Karten oder Tourenplanungs-Apps wie FarOut, OSMAnd oder Outdooractive, um die vertikale und horizontale Distanz der Tour genau zu ermitteln.

KategorieHöhenmeter pro kmSteigung in %Beschreibung
Flach / leicht0–50 hm/km0–5 %Kaum merkliche Steigung, gemütliches Gehen auf Wegen oder Straßen
Moderat50–100 hm/km5–10 %Spürbare, aber gut gehbare Steigung — typischer Bergwanderweg
Steil100–150 hm/km10–15 %Anstrengend, längere Aufstiege fordern Kondition
Sehr steil150–250 hm/km15–25 %Deutlich steiler Anstieg, evtl. mit losem Untergrund oder kurzen Kraxelstellen
Extrem steil / alpin> 250 hm/km> 25 %Alpines Gelände, ggf. Einsatz der Hände nötig

Wegbeschaffenheit

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Wegbeschaffenheit. Denkt dabei an Steine, Wurzeln, Sand, Schnee usw. Wenn ihr im alpinen Gelände wandert, dauert ein Kilometer auch schon mal länger. Kraxelei über Geröll und größere Steine kann hier nötig sein und euren Fortschritt verlangsamen. Auf dem Te Araroa in Neuseeland gilt es, viele Flüsse zu überqueren, und viele Waldwege sind voller Stolperfallen wie Wurzeln und Steinen. Vielleicht seid ihr sogar weglos wie auf dem HRP unterwegs und müsst Zeit für die Navigation einplanen.

Schwieriges Gelände wie dieser Abstieg durch einen Fluss auf dem Te Araroa. Hier kam ich nur mit 1,5 km/h voran.
Schwieriges Gelände wie dieser Abstieg durch einen Fluss auf dem Te Araroa. Hier kam ich nur mit 1,5 km/h voran.

Klima & Wetter

In welcher Jahreszeit wandert ihr – heiße Sommermonate oder schneereiche Winter? In welchem Klima – schwüler Regenwald, kühle Bergluft oder heiße Wüste? Bei großer Hitze wandert ihr vielleicht nur morgens und abends. Regen oder Gewitter können euch zu Pausen zwingen, und bei Nässe seid ihr gezwungen, langsamer und vorsichtiger zu gehen.

Fitness

Wie trainiert seid ihr? Wie aktiv seid ihr in eurem alltäglichen Leben? Auf langen Trails werdet ihr mit der Zeit automatisch schneller, aber am Anfang lohnt es sich, auf der „langsamen Seite“ zu kalkulieren.

Pausen

Was wäre Wandern ohne Snackpausen? Pausen sind notwendig, um eure Füße auszuruhen oder euren Körper mit Nahrung zu versorgen. Macht ein paar Fotos von der Aussicht. Bedenkt jedoch, dass die Anzahl und Länge eurer Pausen beeinflussen, wie lange ihr für die verbleibenden Kilometer des Tages benötigen werdet.

Thru-Hiker, die mehr Strecke schaffen wollen, erhöhen meist nicht ihr Tempo – sie wandern einfach länger. Wenn ihr gern längere Mittagspausen macht oder häufiger stehen bleibt, plant einfach etwas mehr Zeit am Anfang oder Ende des Tages ein.

Zeit für eine Pause im Glacier National Park auf dem CDT
Zeit für eine Pause im Glacier National Park auf dem CDT: Aussicht genießen, ausruhen und essen

Berechnung der Gehzeit nach DAV-Richtlinien

Um die Gehzeit zu berechnen, kombiniert ihr Höhenmeter und Distanz nach einem einfachen Schema:

1. Aufstiegszeit:
Teilt die Höhenmeter im Aufstieg durch eure durchschnittliche Aufstiegszeit (Meter/Stunde):
Beispiel: 600 Höhenmeter Aufstieg ÷ 400 m/h = 1,5 Stunden

2. Abstiegszeit:
Teilt die Höhenmeter im Abstieg durch eure durchschnittliche Abstiegszeit (Meter/Stunde).
Beispiel: 600 Höhenmeter Abstieg ÷ 600 m/h = 1 Stunde

3. Horizontale Zeit:
Teilt die Distanz durch eure durchschnittlichen Kilometer/Stunde.
Beispiel: 10 Kilometer ÷ 5 km/h = 2 Stunden

4. Addiert die Zeiten:
Addiert die errechneten Zeiten für Aufstieg, Abstieg und horizontale Distanz, um die reine Gehzeit zu erhalten.
Beispiel: 1,5 Stunden (Aufstieg) + 1 Stunde (Abstieg) + 2 Stunden (horizontal) = 4,5 Stunden

5. Fügt Pausenzeiten hinzu:
Plant zusätzliche Zeit für Pausen oder schlechte Weg- und Wetterbedingungen ein.

Interessant: Der DAV rechnet pro Stunde mit durchschnittlichen 300 Höhenmetern im Aufstieg, 500 Höhenmetern im Abstieg und 4 Kilometern horizontaler Distanz. Danach berechnen sich auch die Schilder mit den Zeitangaben in den Alpen. Diese Schätzung ist eher auf der konservativen Seite, ergibt aber inklusive aller Pausen Sinn.

Hier die DAV-Matrix zur Berechnung eurer Tour>>

 

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Die Weltwanderin

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Annika

Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeutet Wandern für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt.

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Bevor sich Weltwanderin voll auf Thru-Hiking fokussierte, habe ich auch über meine Reisen und alpinen Bergsport geschrieben. Diese Artikel findet ihr hier: