Der Fischerweg (Trilho dos Pescadores) folgt der wilden Atlantikküste Portugals – 226 km São Torpes im Alentejo bis nach Lagos an der Algarve. Die Landschaft ist atemberaubend: zerklüftete Klippen, einsame Buchten, das Meer schimmert in allen Blautönen. Über mir segeln Störche, die ihre Nester auf windumtosten Felstürmen über den Wellen bauen. Und an den steilen Küstenpfaden begegnen mir immer wieder Fischer, die ihre Ruten an den traditionellen „Pesqueiros“ auswerfen – dort, wo Meer und Mensch sich schon seit Generationen begegnen.
Inhaltsverzeichnis
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Ich habe fünf Tage in Espinho bei Porto verbracht. Ursprünglich zum Surfen und Relaxen, tatsächlich habe ich mich aber den Großteil der Zeit mit einer Erkältung herumgeschlagen. Trotzdem habe ich zwei kurze 10 km Wanderungen entlang der Küste unternehmen können, um mich einzulaufen.
Der erste Tag beginnt nicht am Meer, sondern mit einem Abschied. Ein Freund bringt mich zum Bahnhof, wo ich mich in die erste Etappe eines neuen Abenteuers aufmache. Mein Ziel: der Fischerweg in Portugal. Doch bevor ich ans Wandern denken kann, wartet der Großstadtdschungel von Porto auf mich – inklusive Toilettensuche im Busbahnhof. Es klingt wie ein schlechter Witz: Die erste ist nur für Angestellte, die zweite für Männer, die dritte hat eine lange Schlange – und das bei einem Terminal mit Hunderten Menschen. Irgendwann bin ich endlich erleichtert. Noch 30 Minuten bis zur Abfahrt.
Beim Einsteigen in den Fernbus steigt auch die Anspannung. Sitzplatzreservierung? Manchmal hält sich niemand daran, manchmal schon. Hier offenbar letzteres. Ich finde meine Nummer nicht, sie ist irgendwo versteckt. Andere sehen genauso ratlos aus und lassen sich von Mitreisenden helfen. Menschen, die den Gang blockieren und sich keinen Millimeter bewegen, während ich mir wie ein unsichtbarer Fremdkörper vorkomme. Schließlich sitze ich. Durchatmen.
Drei Stunden Fahrt nach Lissabon, dann weiter im nächsten Bus Richtung Sines.
Tag 1: Start des Fischerwegs in São Torpes
São Torpes – Porto Covo
10 km / 100 hm / 2,5 h
In Sines angekommen, bestelle ich ein Uber nach São Torpes, dem Startpunkt meines Trails. Es ist heißer als gedacht, deutlich wärmer als im Norden Portugals, also schnell von Leggings in Shorts und Sunhoody wechseln, Rucksack auf, und los geht’s. Die ersten 10 Kilometer führen direkt an der Küste entlang. Der Industriehafen von Sines bleibt hinter mir zurück, aber die großen Kräne sind noch lange in der Ferne zu sehen. Der Blick nach Süden ist schon vielversprechender: Blühende Mittagsblumen am Wegesrand, der Atlantik in leuchtendem Türkis, und vor mir ein schmaler Sandpfad, der sich an rötlichen Klippen entlang schlängelt. Dabei begleitet mich der salzige Duft des Meeres
Ich entdecke schon jetzt viele schöne Wildcamping-Spots – windgeschützte Mulden über der Brandung, weiche Dünenkuppen, versteckte Buchten. Aber für heute Nacht habe ich ein Hostel gebucht. Ich war mir nicht sicher, ob mein gesundheitlicher Zustand die Wanderung erlaubt. Die 10 km heute sind ein Testlauf und dann sehe ich weiter.
Am Wegesrand: Vanlife-Träume und Surfer. Ich habe vergessen, Wasser aufzufüllen, was nicht ideal ist – aber ein paar Stunden werde ich schon durchhalten.
Die meisten Wanderer starten erst in Porto Covo, angeblich soll die Strecke ab São Torpes – dem offiziellen Start des Fischerwegs – weniger reizvoll sein. Ich kann das nicht unterschreiben, mir gefällt es bereits sehr gut. Eine beeindruckende Küstenlandschaft mit Dünen, Klippen und Sandstränden. Die Wildblumen stehen in voller Blüte – weiß-gelbe oder pinke Mittagsblumen, gelb-rote Kokardenblumen, weiße Zistrosen, dazu duftenden Rosmarin und Thymian.
Je näher ich Porto Covo komme, desto spektakulärer wird die Küstenlandschaft. Dramatische Klippen, aus dem Meer ragende Felsen, kleine Buchten, kristallklares Wasser. Manche Stellen sehen aus wie gemalt.
Das Hostel in Porto Covo ist eines dieser Hipster-Dinger voller Muggel und lauter Musik, aber direkt an der Küste gelegen, mit einem fantastischen Sonnenuntergangs-Spot vor der Tür. Ich sitze auf einer Klippe im warmen Licht, vor mir leuchtet der Atlantik goldorange.
Mein Zimmer scheint mit Wandernden belegt – ich entdecke ein Paar Altras, sonst hauptsächlich massive Lederstiefel. Wer läuft damit am Strand entlang? Das schreit doch förmlich nach Blasenbildung.
Die Nacht ist wenig erholsam. Aus irgendeinem Grund lässt sich die Tür zum Schlafsaal nicht schließen und draußen herrscht ein fürchterlicher Krach und jemand schnarcht laut. Da helfen auch die Ohrstöpsel nicht viel. Morgen werde ich wildzelten, da schläft es sich besser.
Tag 2: Hitze, Sand und der große Stromausfall
Porto Covo – Ponta das Barcas – Vila Nova de Milfontes – Praia da Angra do Cozinhadouro
26,7 km / 380 hm / 7 h
Der Tag beginnt wie mit Szenen wie aus einem Zombiefilm: Hunderte Menschen auf dem Trail, ein nicht enden wollender Strom, der sich wie eine Wanderhorde durch die Dünen wälzt. Ich weiche aus, laufe kleine Nebenwege, lasse mir Zeit, Details zu entdecken – aber so wirklich entkomme ich ihnen nicht. Mit den Menschen kommt auch eine große Menge an Müll, vor allem viele weiße Blüten von Toilettenpapier. Ich verstehe es nicht, was ist so schwer daran, seinen Müll wieder mitzunehmen? Ich weiß schon, warum ich gerne Trails mit tausenden Kilometern wandere – um all dem zu entkommen.
Ich finde einen eigenen kleinen Pfad hinunter zum Strand, fernab der Massen. Endlich Luft zum Atmen. Der Lärm verblasst, der Wind trägt Meersalz und Stille herüber. Ich entdecke interessante Felsformationen und Muscheln, die daran festgewachsen sind. Einige der Felsen sind dicht mit faserigen, moosartigen Algen überwuchert, die wie weiches grünes Fell über die Formen der Steine fließen – als hätte jemand die Landschaft gekämmt. Besonders faszinierend finde ich die kräftigen Farbkontraste: das leuchtende Grün der Algen auf dem hellen Sand, daneben rostbraune Felsplatten und das tiefe Blau des Atlantiks.
Ich passiere das Forte da Ilha do Pessegueiro aus dem 16. Jahrhundert, lasse es fast beiläufig hinter mir. Eigentlich beeindruckend, aber der Trubel macht mich reizüberflutet. Erst als der Vormittag voranschreitet, wird es ruhiger. Ich beginne zu verstehen: Die meisten starten direkt aus den Orten um acht Uhr und gehen zum nächsten, wo sie dann am Nachmittag eintrudeln. Wenn ich nicht in den Orten übernachte, sollte es besser werden.
Später sitze ich im Sand und beobachte Surfer, während ich mich durch portugiesische Supermarktsnacks teste:
- Snack Nr. 1: Fruit & Form – Waldfruchtgeschmack – überraschend lecker, fruchtig, nicht zu süß. 9/10.
- Snack Nr. 2: Proteinriegel Pistazie – schmeckt wie Plastik, staubtrocken, kaum genießbar. 1/10.
Die Mittagshitze schlägt brutal zu. Kein Schatten, nirgends. Schlimmer als Südkalifornien auf dem PCT oder New Mexico auf dem CDT für mich. Die sandigen Pfade machen das Gehen schwer, ich schwitze wie verrückt und natürlich habe ich wieder zu wenig Wasser dabei. Ich schleppe mich an orangeroten Klippen entlang, die im Sonnenlicht glühen, während unter mir die Brandung gegen schroffe Felsen kracht. Der Schweiß rinnt mir vom Gesicht. Ich flüchte unter den einzig zu findenden Busch, wo es wenigstens ein bisschen erträglich ist.
In einem völlig überfüllten Café in Ponta das Barcas versuche ich, Cola und Wasser zu bestellen, aber ich stehe lange in der Schlange, da vor mir unnötige Diskussionen geführt werden. Zusätzlich hält niemand Abstand. Ich rutsche immer weiter weg, verschmelze beinahe mit der Wand – aber egal, wie weit ich mich zurückziehe, die anderen kommen einfach immer näher. Ich ändere meine Strategie dazu, meine Arme in die Hüften zu stemmen, um mir damit zumindest etwa 20 cm persönlichen Raum zu verschaffen. Sitzplätze sind keine übrig, also setze ich mich auf eine Bank außerhalb. Kein Schatten hier, aber dafür mehr Ruhe.
Hier erfahre ich, dass ein landesweiter Stromausfall herrscht. Kein Netz, keine Internetverbindung, keine Information. Ich erreiche Vila Nova de Milfontes, wo Restaurants und Läden aufgrund des Stromausfalls geschlossen sind. Ich fülle also nur kurz mein Wasser auf und gehe weiter. Die Fähre über den breiten Rio Mira scheint nicht zu fahren, also gehe ich über die Brücke – 4 Kilometer in der Hitze. Wenigstens gibt es auf der anderen Seite etwas Schatten. Und: Leere. Keine Wanderer mehr. Die meisten gehen offenbar wirklich nur von Ort zu Ort.
Meine Shorts beginnen an meinen Oberschenkel zu scheuern – das erste Mal in meinem Leben. Es muss an der Hitze und dem Schweiß liegen. Meine Schuhe sind voller Sand. Das erste Mal verspüre ich den Wunsch nach Gamaschen, um den Sand fernzuhalten. Ich bin erschöpft, überhitzt, dehydriert, und offenbar esse ich schon wieder zu wenig. Ich hatte geplant, in ein Restaurant einzukehren, aber mir war das alles zu viel. Immerhin habe ich noch eine Packung Instantnudeln für den Notfall, die ich cold soaken kann.
Abends finde ich einen schönen Cowboycamping-Platz auf einer Klippe. Ich breite meine Matte auf dem roten Felsboden aus, ziehe meine Schuhe aus, lasse den Tag ausklingen mit Blick auf die glitzernde Wasserlinie. Das Meer rauscht, die Sonne sinkt und ich esse meine kalt eingeweichten Nudeln mit Meerblick – eine Premiere. Aber um 22 Uhr muss ich umziehen und doch noch das Zelt aufbauen. Mücken zerstechen mein Gesicht, und es ist zu warm, um mich komplett mit meinem Schlafsack zu bedecken. Wer hätte gedacht, dass es nachts am Meer so viele Mücken gibt?
In der Nacht bekomme ich eine Text-Nachricht, nachdem es wieder sporadisch ein wenig Empfang gibt: “Power connection is gradually being restored. With serenity, we will guarantee essential services and normalization of the situation in the next hours. / ANEPC” Serenity? Good for you. Immerhin betrifft der Stromausfall 60 Millionen Menschen auf der Iberischen Halbinsel.
Tag 3: Schweiß und Störche
Praia da Angra do Cozinhadouro – Almograve – Carbo Sardão – Entrada da Barca – Zambujeira do Mar – Monte Carvalhal da Rocha
32 km / 420 hm / 7,5 h
Der Tag beginnt mit Meeresrauschen und einem Sonnenaufgang, der den Himmel über mir rosa färbt. Mein Zelt steht in einer Senke über dem Atlantik, umgeben von Wacholder, Sand und kleinen gelben Blüten. Möwen segeln über mich hinweg. Der Mobilfunkempfang kehrt am Vormittag zurück und damit offenbar auch der Strom. Erst jetzt lese ich die Nachrichten, die mir sagen, dass der Stromausfall komplett Portugal und Teile Spaniens betroffen hat, der größte Stromausfall der jüngsten Europäischen Geschichte. Stundenlang ging gar nichts, aus bisher unbekannten Gründen, aber mich hat das hier draußen kaum betroffen.
Der Himmel ist morgens noch bedeckt, aber die Luft ist drückend – schwül und schwer. Ich habe in meinem Leben noch nie so viel geschwitzt wie die letzten zwei Tage. Die Küste hier ist wilder als erwartet. Die Klippen schichten sich übereinander wie aufgeschlagene Bücher, zerfurcht, gefaltet, dramatisch schön. Das Wasser darunter ist türkis, die Gischt weiß. Ich bleibe oft stehen, um zu staunen. Manchmal vergesse ich das Wandern fast – so sehr sauge ich die Farben und Formen in mich auf.
Ein Fischer balanciert über die glitschigen Felsen unter mir. Mit einem langen Stock und einem Plastikkorb sucht er zwischen den Felsspalten nach etwas, das ich nicht erkennen kann. Ich frage mich, wie oft er das tut. Täglich? Seit Jahrzehnten?
Ich folge den grün-blauen Markierungen des Fischerwegs, die manchmal auf Felsen gemalt sind, manchmal auf Holzpfosten prangen. Es geht auf und ab, nie weit, aber doch spürbar.
In Almograve gönne ich mir ein Sandwich und Saft zum Frühstück und einen kleinen Resupply: Ramen, Snacks, Wasser. Die Sonne kommt raus, und es wird wieder heiß – aber nicht ganz so gnadenlos wie gestern. Ich bin dankbar für den Wind, der salzig über die Klippen streicht.
Unterwegs: Störche mit ihren verrückten, windschiefen Nestern, gebaut exponierten Felstürmen direkt über dem tosenden Ozean. Ich bin sprachlos, so habe ich Störche noch nie gesehen. Nirgendwo sonst in Europa brüten Störche auf solchen Klippen, normalerweise tun sie das auf Bäumen, Kirchtürmen und Schornsteinen. Was lebensgefährlich wirkt, ist für die Tiere ein strategisch kluger Brutplatz – sicher vor Räubern, mit weitem Blick und Zugang zu neuen Nahrungsquellen.
Dafür gibt es mehrere mögliche Gründe: Neben der Sicherheit vor Raubtieren wie Füchsen, Katzen oder Mardern, gibt es an der Küste weniger moderne Gebäude, die für Störche nutzbar sind, aber auch der Klimawandel spielt eine Rolle. Die Küstenregion ist milder geworden, was zu mehr ganzjährigen Brutpaaren führt, die nicht mehr nach Afrika ziehen. Störche sind opportunistisch – sie fressen Insekten, Mäuse, Frösche, aber auch Fische, Krebse, Meeresorganismen. Die Nähe zur Küste bietet Zugang zu neuen Nahrungsquellen – vor allem in Flussmündungen, Lagunen, Müllplätzen (leider auch das).
Die Region zwischen Sines und Lagos – also genau entlang des Fischerwegs – hat heute hunderte Klippennester. Ein faszinierendes Beispiel für Anpassung und Überlebenskunst.
Mittagspause lege ich in Cavaleiro ein. 40 Minuten stehe ich in der Schlange, bis ich überhaupt zum Bestellen meines Bifanas komme. Das Restaurant ist total unterbesetzt, aber ich bin hauptsächlich hier, um mein Handy aufzuladen. Dabei ein Bifana zu essen ist definitiv ein Plus. Ein einfaches Sandwich aus dünn geschnittenem, mariniertem Schweinefleisch, das meist gegrillt oder angebraten und in Brot oder Brötchen serviert wird. Das Fleisch ist zart, mit Knoblauch gewürzt und oft in einer essigbasierten Soße gegart, die ins Brot einzieht. Oft wird es pur serviert, aber in Cafés gibt’s manchmal Extras wie Senf, scharfe Soße oder ein Spiegelei mit Pommes dazu (bifana com ovo e batatas). Günstig, sättigend und ideales Wanderfutter.
Auf dem Weg aus der Stadt hinaus treffe ich zwei Katzen an, die an Streicheleinheiten interessiert sind. Dafür ist immer Zeit. Und es ist etwas, worin ich viel besser bin als mit Menschen zu interagieren. Eine von ihnen sieht etwas zerknautscht und schmutzig aus und während ich sie hinter den Ohren kraule, entdecke ich zwei Zecken, die ich hier so gleich entferne. Solche Begegnungen sind es, die meinen Tag besonders machen.
Nachmittags wird die Landschaft dramatischer. Zerklüftete Felsen, der Weg verläuft eng am Abgrund. Tief unter mir liegen versteckte Buchten mit goldenem Sand, umrahmt von dunklem Gestein. Ich erreiche das Cabo Sardão mit seinem symmetrischen, weißen Leuchtturm mit roten Dächern, der stolz auf den steilen Schieferklippen aufragt. Das Wasser rundherum ist surreal türkis, fast wie gefärbt. Ich könnte ewig hier stehen.
Ich gehe durch einen Tunnel aus wildem Grün, der Schatten spendet. Der Weg ist weich und sandig. Ich höre nur meine Schritte, keine Straße, kein Mensch – nur Natur.
Am späten Nachmittag erreiche ich Entrada da Barca, ein kleines, charmantes Fischerdorf – fast wie aus einem Bilderbuch. Ein kleiner Hafen in türkisfarbenem Wasser, kleine Fischerboote, die über eine Rampe ins Meer gelassen werden und rustikale, mit bunten Bojen verzierte Fischerhütten. Als hätte jemand das Meer eingeladen, sich häuslich niederzulassen. Alles wirkt so still und liebevoll chaotisch. Netze, Boote, Plastiktonnen. Es fühlt sich kurz wie Urlaub an, bevor ich mich auf den Road Walk nach Zumbujeira do Mar mache, wo mich die üblichen weiß getünchten Häuser und engen Gassen erwarten. Ich komme an der weißen Kapelle Nossa Senhora do Mar, die den Fischern gewidmet ist und einen herrlichen Blick aufs Meer bietet.
Kurz nach der Stadt entdecke ich ein öffentliches Bad mit Duschen und Steckdosen – genau das, was ich brauche! Aber natürlich: geschlossen. Also weiter zum Campingplatz Monte Carvalhal da Rocha. Der Campingplatz befindet sich 750 Meter abseits des Trails den Hügel rauf und ich bekomme dabei überraschend Yaks und Zebras am Wegesrand vom daneben liegenden Wildtierpark zu sehen. Vielleicht klappt’s heute mit dem kleinen Stück Komfort, das ich mir erhoffe. Und tatsächlich: für 10 € bekomme ich einen Platz unter Eukalyptusbäumen, eine Dusche, die Gelegenheit, meine Geräte über Nacht aufzuladen und meine durchgeschwitzten Sachen per Hand durchzuwaschen, und vor Ort gibt es sogar ein Restaurant. Andere Wanderer sehe ich hier keine, nur einen Fahrradfahrer und Vanlifer, einer davon in einem Trabant mit Dachzelt. Da ich in der DDR geboren wurde, hatten auch wir eines dieser winzigen Pappautos, auf das man über 10 Jahre warten musste.
Tag 4: Küste, Katzen und Kuchen
Monte Carvalhal da Rocha Pedra da Mina – Azenha do Mar – Odeceixe – Rogil – Pedra da Mina
31 km / 450 hm / 7 h
Morgens habe ich Mühe, überhaupt hochzukommen – ich bin noch immer nicht wieder ganz fit. Dadurch gelange ich jedoch wieder in die Massen, die heute Morgen aus dem nur wenige Kilometer entfernten Zambujeira do Mar aufgebrochen sind.
Mehrere Wanderer schleichen eine steile Passage hinab, ohne Interesse daran, jemanden vorbeizulassen. Ich weiche nach links aus, klettere querfeldein und ziehe vorbei. Manchmal muss man einfach aus der Reihe tanzen, wortwörtlich.
Der Trail zeigt heute wieder sein ganzes Spektrum: spektakulär schön, überraschend nervig, stellenweise einfach verwirrend. Und wieder jede Menge Störche, diese unerschütterlichen Beobachter auf ihren absurden Nestern. Auf einem Felsen erkenne ich drei Nester nebeneinander – mit etwas Glück kann ich sogar Küken darin entdecken.
Der Fischerweg wird hier für ein gutes Stück ins Inland umgeleitet und ein Schild warnt vor Erdrutschen auf dem Küstenpfad – aber es ist nichts gesperrt, also gehe ich. Statt Gefahr finde ich einen kleinen Dschungel mit Bach, etwas überwuchert, aber gut machbar. Und dann: Praia de Amália. Eine versteckte Bucht, eingerahmt von schroffen Klippen. Aus einer Felsspalte plätschert ein Wasserfall, der sich wie ein Schleier auf die Felsen legt. Ich bin allein, die anderen sind stur den Schildern gefolgt. Ein Moment wie ein Geschenk.
Ich mache Halt am Café Palhinhas in Azenha do Mar. Hier gibt es Katzen, Kuchen und Ozeanblick. Während ich meinen Kuchen vertilge, gleitet ein Segelboot durch das Wasser unter mir. Ich glaube kurz, ich bin von einer Klippe gestürzt und jetzt im Himmel. Keine Ahnung, wie ich hier reingekommen bin, aber mir gefällt’s.
Ich erreiche einen kleinen Hafen und von hier geht steil bergauf, was natürlich wieder Stau verursacht. Der weitere Weg entlang der Klippe offenbart faszinierende Ausblicke auf Felsformationen mit großen Torbögen und Höhlen, Buchten, mehr Störche. Ich weiß jetzt, warum es hier so schwer ist, Strecke zu machen. Bei all der Schönheit, den Umwegen, den kleinen Paradiesen am Wegesrand … wie soll man da vorankommen?
Ich nähere mich dem Strand von Odeceixe und von oben kann ich bereits sehen, dass der Fluss, der mich von der anderen Seite trennt, gerade einfach zu queren ist. Es ist offenbar Ebbe. Ich gehe hinab und überquere den Rio Seixe wie viele andere auch und kann damit den Umweg über die Brücke und die Stadt Odeceixe sparen. Ich ziehe die Schuhe aus, behalte aber die Socken an, denn die müssen ohnehin gewaschen werden. Es ist das erste Mal, dass ich einen Fluss nur mit Socken überquere, und es fühlt sich überraschend gut an. Ich bin ohnehin jemand, der außer zum Duschen die Socken nur ungern auszieht. Ich lege mich eine Weile an den Strand, breite mein Zelt zum Trocknen aus, das vom nächtlichen Regen nass ist, und lasse mir die Sonne auf den Pelz scheinen.
Dann kehre ich zum Mittagessen in eine der zahlreichen Strandbars ein und gönne mir einen überraschend guten Burger und Salat. Zum ersten Mal finde ich hier sogar eine öffentliche Toilette, die tatsächlich offen ist. Ich könnte feiern.
Ich improvisiere von hier an, ich will nicht dem Trail ins Inland folgen, sondern so viel wie möglich an der Küste bleiben und Städte so weit wie möglich umgehen. Das sollte laut Karte möglich sein. Das klappt eine Weile gut – bis es das nicht mehr tut. Der vermeintliche Pfad endet abrupt vor einer ausgespülten Felswand. Ich drehe um, versuche eine alternative Route, gehe Umwege durchs Gebüsch. Am Ende lande ich dann doch in der Stadt Rogil, gehe rasch durch die Straßen, suche einen Weg zurück zur Küste – ein weiteres Experiment, das auf der Annahme beruht, dass ich morgen bei Ebbe hoffentlich den nächsten Fluss queren kann. Ansonsten wäre es ein ärgerlicher 12 Kilometer langer Umweg über die Brücke und damit hinein nach Aljezur.
Es ist spät, aber ich schaffe es rechtzeitig zum Sonnenuntergang zurück ans Meer. Mit dem sandigen Pfad im Vordergrund, dem weichen Licht des Sonnenuntergangs und den dramatisch silhouettierten schirmartigen Kronen der Kiefern entsteht fast ein magischer Moment – ein bisschen wie ein Tor in eine andere Welt. Die Schirmkiefern wirken majestätisch und zugleich friedlich, wie stille Wächter am Rand des Tages.
Mein Zelt steht zwischen Pinien, gut geschützt. Hungrig stopfe ich mir die Reste meines Mittagsessens in den Mund, während ich die untergehende Sonne beobachte. Bisher brauchte ich kein Rainfly, nur das Innenzelt, um mich vor den abendlichen Mücken zu schützen, denn die Nächte sind klar. Daher habe ich freien Ausblick auf den atemberaubenden Sternenhimmel über mir.
Tag 5: Von Hasen, alten Seilen und Akkuproblemen
Pedra da Mina – Monte Clérigo – Arrifana – Da Bordeira atė ao Mar
30,5 km / 780 hm / 7,5 h
Heute sehe ich den ersten Hasen. Bis jetzt gab es vor allem Möwen, Störche, Eidechsen – und imposante Hirschkäfer. Ich komme zum Ribeira de Aljezur, den ich queren will, um an der Küste bleiben zu können und mir den Umweg über die Stadt Aljezur zu ersparen, die ich nicht brauche. Ebbe ist erst um 11:30 Uhr und es ist 10 Uhr, als ich den Fluss erreiche. Ich sehe einen Surfer queren, der einmal hinfällt, was für ihn kein Problem ist, für mich allerdings schon. Denn meine Ausrüstung sollte bitte nicht nass werden. Tief ist es nicht, aber die Strömung ist recht stark. Ich gehe am Fluss auf und ab und suche nach einer geeigneten Stelle. Eine möglichst breite, da ich weiß, dass es dort weniger tief ist. Beim ersten Versuch klappt es nicht, die Strömung ist zu stark für mich. Also warte ich eine weitere Stunde, atme durch, versuche es noch einmal. Dieses Mal nahe bei der Brandung, wo die Strömung von den herein drückenden Wellen aufgehoben wird. Das klappt. Kleine Geduldsprobe bestanden.
Auf der anderen Seite gehe ich steil bergauf, ein kleiner Vogel hüpft vor mir her, bleibt immer kurz stehen, präsentiert stolz seine Beute – ein Grashüpfer, der noch fröhlich zirpt – und hüpft dann wieder ein Stück weiter. Ich nenne ihn „Leapfrogger“. Wir spielen unser eigenes kleines Spiel auf dem Trail.
Auf dem Weg sehe ich einen anderen Wanderer, völlig überladen mit einem riesigen Rucksack und das ohne Trekkingstöcke. Er kämpft sich durch den tiefen Sand. Ich muss ihm Respekt zollen. So zu laufen, ist definitiv nicht die einfachste Wahl. Seit Odeceixe ist es ruhiger auf dem Fischerweg geworden, denn viele gehen nur von Porto Covo bis dorthin. Seit Odeceixe begegne ich vor allem Wanderern aus der Gegenrichtung, was mir als eine gute Idee erscheint.
Mittags erreiche ich Monte Clérigo – Zeit für eine Pause, zu Mittag zu essen, und wieder mal: aufladen. Mein Kilometerdurchschnitt bis zur Mittagspause wird von Tag zu Tag kleiner, aber ganz ehrlich: Ich habe Zeit, und es gibt so viel zu sehen.
Immer wieder entdecke ich alte Seile von den Klippen hängen, die von lokalen Fischern angebracht worden sind. Diese Fischer gehören ganz tief zur Kultur der Küste, und ich begegne ihnen auf meiner Wanderung immer wieder in den Felsen. Traditionell nutzen die Fischer an der portugiesischen Küste sogenannte „Pesqueiros“ – kleine, oft sehr schwer erreichbare Angelplätze direkt an den Felsen. Um dort runterzukommen, installieren sie abenteuerlich befestigte Seile, manchmal auch Metallstangen oder in den Fels geschlagene Tritte.
Es sind meist ältere Männer. Die traditionelle Küstenfischerei ist körperlich extrem anstrengend und gefährlich – die Jüngeren suchen oft modernere Jobs. Viele der alten Männer sind mit diesen Plätzen aufgewachsen – sie kennen die Gezeiten, die besten Angelzeiten, die Stellen, die bei Flut nicht überschwemmt werden. Es ist nicht nur Nahrung, sondern auch ein Teil ihrer Identität: Stolz, Können, Naturverbundenheit.
Ich sehe sie oft mit einer langen, flexiblen Angelrute, oft aus Bambus oder modernen Kunstfasern, aber früher fast ausschließlich aus Naturmaterialien. Diese langen Ruten sind perfekt, um von den Felsen weit ins Meer hinauszuangeln, ohne dass man tief ins Wasser müsste (wo die Strömung extrem gefährlich wäre). Sie fangen vor allem Meerbrassen (Douradas), Wolfsbarsche (Robalos) und manchmal Oktopusse. Auch kleinere Fische, die nah an den Felsen leben. Diese Art der Fischerei gilt als „Património Imaterial“ – als immaterielles Kulturerbe. In manchen Dörfern werden bestimmte Techniken, Pesqueiros und Geschichten über Generationen weitergegeben. Es gibt sogar eine gewisse Ehre, besonders schwierige Pesqueiros sicher zu erreichen oder gute Fänge zu machen. Viele dieser Plätze werden seit Generationen genutzt – oft kennt jede Familie „ihre“ Stellen.
Früher (und teilweise heute noch) war es bei den Fischern an der Küste üblich, dass jeder „sein“ Pesqueiro hatte. Das war oft ein bestimmter Felsen oder eine versteckte Klippenstelle, wo die Bedingungen besonders gut waren – tieferes Wasser, viel Fisch, wenig Strömung. Aber: Diese Plätze waren nie offiziell markiert. Ich finde, wenn man die Männer da so stehen sieht – still, geduldig, völlig in ihrem Element –, dann spürt man richtig diese tiefe Verbindung zwischen Mensch, Küste und Meer. Ein ganz eigener, leiser Stolz.
Kurz vor Arrifana erreiche ich ein weiteres Fort, von dem nicht viel mehr als ein paar Mauern übrig geblieben sind. Es bietet jedoch eine wundervolle Aussicht von den Klippen. Es wurde 1635 errichtet, um die Reusen unterhalb der Klippen zu schützen, in denen im Sommer vorbeiziehende Thunfische gefangen wurden. Das Fort wurde ein Jahrhundert später von einer von einem Erdbeben verursachten Welle zerstört. Es erzählt Geschichten von Wellen, Wind und Jahrhunderten, die hier vorbeigezogen sind.
In Arrifana gehe ich in die Bar eines Hostels, um Wasser aufzufüllen und mein Handy zu laden. Dort ist es deutlich ruhiger als in den überfüllten Restaurants und Cafés, die heute aus allen Nähten platzen – Feiertag in Portugal, langes Wochenende. Alles ist bis Sarges ausgebucht, kein Zeltplatz weit und breit. Das heißt: wild campen.
Es hat sich herausgestellt, dass meine Powerbank nicht mehr so gut funktioniert, wie sie sollte, und ich dadurch weniger Energie zur Verfügung habe als gedacht. Also sitze ich wieder da, warte über eine Stunde, nur um 50 % Akku zu bekommen. Die vielen Fotos, die ich mache, schlauchen meinen Akku total. Ohne Übertreibung, ich mache durchschnittlich 450 Fotos pro Tag auf dem Fischerweg.
Nach Arrifana geht der Trail für eine Weile ins Landesinnere und führt mich vorbei an vereinzelten Häusern, über Felder und Schotterstraßen. Hier finde ich Trail Magic am Wegesrand: Eine gute Seele hat hier eine Kiste mit Zitronentee und Keksen aufgestellt.
Am Himmel liegt eine schwere Wolkendecke, doch genau in der Mitte reißt sie dramatisch auf. Durch diese Öffnung brechen einzelne, kraftvolle Sonnenstrahlen und tauchen die Landschaft in ein fast überirdisches Licht. Die Strahlen wirken wie Finger, die vom Himmel zur Erde greifen. Sie tasten über die Hügel hinweg bis zum Atlantik, wo das Licht silbern auf der Wasseroberfläche tanzt.
Rechtzeitig zum Sonnenuntergang komme ich wieder an die Küste zurück und finde einen schönen Platz auf einer Klippe, um mein Zelt aufzustellen. Das letzte Licht des Tages färbt den Himmel violett, die Wolken rosa, das Meer wird zur ruhigen Fläche aus flüssigem Blei. Mein Zelt steht zwischen Sukkulenten, die sich wie rote Tentakel in die Erde krallen.
Tag 6: Stürmische Nacht und ein langer Tag
Da Bordeira atė ao Mar – Carrapateira – Vila do Bispo – Praia del Telheiro
31,7 km / 850 hm / 7 h
Die Nacht war wild. Ich schlafe ein bei völliger Windstille – und werde immer wieder wach, weil es plötzlich stürmt. Blitze durchzucken immer wieder den Himmel, dann kommt Wind auf und ab vier Uhr morgens grollt lautes Donnern über mich hinweg. Schlafen? Unmöglich. Der Himmel tobt. Und mein Zelt steht nicht gerade gut geschützt auf einer Klippe, was mich sehr nervös macht. Aber durch Dunkelheit und Regen zu stolpern, um etwas Geschützteres zu finden, klingt auch nicht verlockend. Ich liege angespannt da, hoffe darauf, dass es bald vorbeizieht. Nichts da, Starkregen und Windböen folgen, die mein Zelt bedrohlich eindrücken. Erst gegen 6 Uhr wird es wieder ruhig, und ich kann wenigstens noch eine Stunde Schlaf nachholen.
Es sind nur etwa fünf Kilometer nach Carrapateira und ich muss dringend Telefon und Powerbank aufladen. Meine neue Strategie: Aufladen in einem Hostel, während ich im Minimercado einkaufe. Es ist kühl und regnerisch am Morgen, bessert sich aber nach meinem Stadtaufenthalt. Heute führe ich meine erste kurze Unterhaltung mit einer anderen Wandererin, die in die Gegenrichtung läuft. Nicht sehr erfolgreich, wir reden aneinander vorbei, so scheint es mir. Ich habe es echt nicht mit Menschen.
Ich esse eine Banane und ein Schokocroissant, kippe 1 Liter Saft hinunter und mache mich wieder auf den Weg. Der einzige Zwischenstopp auf dem Weg befindet sich nicht weit entfernt am nächsten Strand. Nur aus der Notwendigkeit wieder aufzuladen, halte ich hier, esse ein Bifana mit Ei und Pommes, lade wieder auf. Ich buche eine Nacht im Hostel in Sagres für morgen, um endlich alles komplett aufladen zu können und zu duschen, vielleicht kann ich dort auch ein zweites Ladekabel und Wall Carger finden. Ich bin genervt davon, wie sehr mich das einschränkt.
Schnell wird es wieder heiß und der Schweiß fließt. Ein paar steile Anstiege, aber sie sind alle kurz. Es folgt ein wunderschöner Teil des Trails, eine Landschaft, die mich an Island erinnert. Mein Lieblingsausblick des vielleicht gesamten Fischerwegs: Ich stehe hoch über der Küste und blicke hinab auf eine wild zerklüftete Felslandschaft, in der sich scharfkantige, dunkle Gesteinsformationen ins Meer schieben. Die Felsen sind geschichtet wie aufgeschlagene Bücher – tektonisch gefaltet, abgetragen, wieder freigelegt. Im Vordergrund ein markanter Felsturm, der wie ein freistehender Wachtposten aus dem Ozean ragt. Darunter tosen die Wellen gegen die steinige Bucht, die halb von schwarzen Felsen, halb von hellem Sand gesäumt ist. Der Kontrast zwischen dem tiefen Blau des Atlantiks, den aschgrauen Schichten und dem warmen Orangebraun des Gesteins wirkt fast surreal – als hätte jemand die Farben so komponiert. Im Hintergrund verlaufen sich grüne Hügel ins Inland. Ein Ort, der sowohl kraftvoll als auch friedlich wirkt – als ob hier die rohe Natur und die Zeit selbst sichtbar werden.
Dann ein monotoner Road Walk für den ich recht dankbar bin, denn so mache ich Kilometer und schone meinen Akku damit keinen Drang zu verspüren Fotos zu machen. Komme gerade rechtzeitig zum nächsten Regenschauer in Vila do Bispo an. Die öffentlichen Toiletten sind wie immer zu. Das war meine erste Hoffnung. Ich gehe zu Aldi, hier gibt es eine Toilette, aber keine Steckdosen. Ich renne von einer Steckdose zur nächsten. Meine Powerbank ist keine große Hilfe mehr, also bleibt nur: weiterziehen, suchen, hoffen. Ich decke mich mit Snacks bei Aldi ein und entdecke sogar tatsächlich Produkte von Trader Joe’s. Ein kleiner, unerwarteter Gruß aus einer ganz anderen Welt.
Zum Aufladen bleibt wieder nur ein Café, denn hier gibt es kein Hostel. Ich bestelle ein Sandwich und ein Guarana Antarctica, ein brasilianischer Softdrink, den ich in Portugal für mich entdeckt habe, und lade meine Powerbank auf, während ich mich bemühe, mein Telefon nicht zu nutzen. Ich buche mir nur ein Bett in einem Hostel in Sagres für morgen.
Ich gehe heute deutlich weiter, als ich eigentlich wollte. Nicht aus Ehrgeiz, sondern aus Notwendigkeit. Kein einziger halbwegs geschützter Zeltplatz bis zu den Klippen vor Praia do Telheiro. Nur eine winddurchtoste Ebene mit niedriger Vegetation. Also: weiterlaufen. Weiter suchen. Weiter atmen. Dafür wird morgen ein kurzer Tag – und das ist auch gut so.
Ich finde einen geschützten Platz zwischen Wacholderbüschen, schlage mein Zelt auf, während der Sonnenuntergang den Himmel in ein intensives Spiel aus Licht und Schatten taucht. Dicke, dunkle Wolken türmen sich über dem Meer, doch durch eine leuchtende Lücke in der Wolkendecke bricht das Sonnenlicht hervor – gebündelt in klaren, strahlenförmigen Lichtfingern. Die Farben reichen von tiefem Violett und warmem Orange bis zu einem fast goldenen Glühen entlang der Wolkenränder. Der Himmel wirkt lebendig, fast aufgewühlt, als würde er die ganze Kraft des Tages in einem letzten, eindrucksvollen Moment bündeln. Darunter liegt die dunkle, wellige Silhouette der Küste – ruhig, still, kontrastierend zu dem himmlischen Spektakel darüber. Es ist ein Bild voller Energie und gleichzeitiger Ruhe – wie ein Versprechen, dass nach einem langen, stürmischen Tag Frieden einkehrt.
Tag 7: Ein verdienter Nearo mit einem Leuchtturm, Katzen und Amatriciana
Praia del Telheiro – Cabo de São Vicente – Sagres
13,4 km / 316 hm / 3 h
Heute stehen nur 12 Kilometer auf dem Plan – gut so, denn mein Fuß mit der Knochennekrose schmerzt seit gestern. Ich bin irgendwie unglücklich aufgetreten. Und nach der erholsamsten Nacht des Trails bisher – keine Mücken, kein Sturm, einfach Ruhe – bin ich bereit für einen echten Pausentag.
Am Morgen erreiche ich den rot-weißen Leuchtturm am Cabo de São Vicente – den “südwestlichsten Punkt Europas”. Geografisch gesehen ist Cabo de São Vicente natürlich nicht der westlichste Punkt Europas – das ist Cabo da Roca bei Lissabon. Oder die Azoren, wenn wir Inseln dazu zählen. Aber Cabo de São Vicente hat den cooleren Leuchtturm, dramatischere Klippen, mehr Wind und Pommesbuden. Tatsächlich sind aber die Seefahrer früher von hier gestartet, um sich auf Entdeckungsreise gen Westen zu begeben. Das Ende der bekannten Welt für die Phoenizier, Griechen und Römer, die diesen Punkt “promontorium Sacrum” nannten. Sie glaubten, dass die Sonne fauchte, wenn sie im Ozean hinter dem Kap versank. Irgendwie zählt’s also.
An der Zufahrtsstraße steht ein Foodtruck, der die „Letzte Bratwurst vor Amerika“ verkauft, mit lachender Bratwurst auf dem Dach. Dabei will ich gerade gar nicht nach Amerika. Der Stand ist noch geschlossen, aber der Gedanke ist nett.
Ein wenig Nieselregen begleitet mich in die Stadt Sagres. Mittags bin ich im Hostel, dusche, lade meine Geräte, kuschle mit der Katze (die später versucht, das Essen einer anderen Besucherin zu klauen – mit erstaunlichem Körpereinsatz).
Das Hostel ist gemütlich, mit freundlicher Atmosphäre. Es stellt sich heraus, dass es auch ein Tauchhostel ist. Ich habe eine meiner gleich drei erfolgreichen sozialen Interaktionen heute, als ich frage, was man hier unter Wasser so sieht: Neben Korallen und Anemonen, auch Nudibranches, Oktopusse, kleinere Fische, Rochen – und ein paar coole Höhlen. Ich werde in Versuchung geführt, entscheide aber, dass ich diesmal nur zum Wandern hier bin.
Ich gehe zum Intermarché in der Stadt und finde hier ein zweites Ladegerät und Ladekabel, um künftig Powerbank und Smartphone gleichzeitig aufladen zu können. Über 14.000 Kilometer und ich lerne immer noch dazu. Bringe immer ein Ladegerät mit zwei Steckplätzen und zwei Kabel mit. Ich hole mir Sachen für ein Picknick und dann gehört der Nachmittag dem Strand: Füße im Ozean, ohne Socken! Zählt das schon als Schwimmen?
Am Abend belohne ich mich mit einem Essen im italienischen Restaurant, das ich vorher herausgesucht habe. Ich sage so selbstbewusst wie möglich zum an der Tür empfangenden Kellner: „Just for me“, und setze mich alleine an den Tisch. Bruschetta, Pasta Amatriciana – alles köstlich. Die Pizzen sehen auch großartig aus. Ich bin stolz auf mich heute.
Ich habe mir bewusst ein Viererzimmer gebucht, um die Wahrscheinlichkeit der Schnarcher zu reduzieren. Leider erfolglos, ich erwische sogar zwei von ihnen.
Tag 8: Dinosaurierspuren und die letzte Nacht im Zelt mit Tiefkühlkost
Sagres – Salema – Barrancão
23,4 km / 972 hm / 6 h
Ich starte spät heute – um neun Uhr – ganz bewusst. Es sind nur noch etwa 40 Kilometer bis zum Ende in Lagos, und ich habe noch zwei Tage Zeit. Kein Grund zur Eile. Der Himmel ist launisch: immer wieder heftige, aber kurze Regenschauer, begleitet von Wind, der an den Klippen zerrt.
Ich komme an einem Teich vorbei, auf dem ein lautstarkes Frosch-Konzert im Gange ist. Die kleinen Amphibien wirken fast wie Schatten zwischen den Halmen – man hört sie lange, bevor man sie sieht. Ich nehme mir Zeit, einzelne braune Frösche zu entdecken, was aufgrund ihrer guten Tarnung echt nicht leicht ist. Erst wenn ich mich bewege, sehe ich dutzende Frösche vor mir davon hüpfen.
Es folgen mehr Storchennester – inzwischen sind sie schon fast vertraute Begleiter. Sie thronen spektakulär auf einer Felsnadel direkt über dem türkisblauen Atlantik, was aussieht, als könnte es beim nächsten Windstoß in den Atlantik kippen. Und trotzdem sitzen da drei flauschige Jungstörche, wohlbehütet. Ich frage mich wirklich, wie es angeht, dass die Jungvögel nicht einfach aus ihren Nestern geweht werden, wenn es stürmt. Anscheinend setzt sich einer der Elternvögel bei starkem Wind oder Regen auf die Jungen, breitet die Flügel leicht aus und schützt sie mit dem eigenen Körper wie mit einem Dach. Dabei sitzen sie oft leicht versetzt, sodass Wind und Regen abgeleitet werden. Die Altvögel verlassen das Nest nur kurz, z. B. zum Jagen, wenn es unbedingt sein muss. Ist das Wetter zu extrem, warten sie – die Jungen können einige Stunden ohne Futter aushalten, solange sie warm und trocken bleiben.
Zudem sind die Nester tief gebaut, mit einer kleinen Mulde in der Mitte – die Küken liegen also geschützt und tiefer als der Nestrand. Außen winddurchlässig, innen weich ausgepolstert – das dämpft auch Böen ab. Auf so einem Felsplateau wirkt es spektakulär, aber die Vögel haben das genau beobachtet: sie wählen stabile, windarme Positionen, oft mit natürlichem Windschatten (z. B. von Felsvorsprüngen oder kleinen Einbuchtungen). Trotzdem: Wenn es zu einem plötzlichen Sturm oder Dauerregen kommt, kann es tragisch enden – besonders wenn das Nest beschädigt wird oder die Eltern nicht mehr zurückkehren (z. B. durch Kollisionen oder Erschöpfung). Aber solche Felsnadeln bieten tatsächlich mehr Sicherheit, als man denkt, vor allem gegen Bodenraubtiere.
An einem einsamen Strand in einer windgeschützten Bucht entdecke ich eine kleine Meereshöhle. Ich blicke durch den Felsbogen hinaus auf die ruhige See.
In Salema wartet ein Highlight der etwas anderen Art: Dinosaurierfußspuren direkt am Strand in den Felsen. Wie cool ist das bitte? Die Spuren stammen von einem Pflanzenfresser, einem Ornithopoden, der hier vor 125 Millionen Jahren entlanggezogen ist. Drei kurze, rundliche Zehen sind noch heute zu erkennen – fast, als wäre er eben erst vorbeigelaufen.
Salema war jahrhundertelang ein Fischerdorf – und das sieht man bis heute: Es gibt noch aktive Fischer, deren kleine Boote zwischen Reusen und Netzen liegen während eine schwarze Katze die Szene bewacht. Dann gehe durch enge Gassen bergauf, vorbei an weißen Häusern mit pastellfarbenen Türen- und Fensterrahmen und den typisch portugiesischen blau-gemusterte Keramikfliesen, Azulejos genannt.
Zurück an der Küste stoße ich auf die Überreste des Forte de São Luís de Almádena vorbei, das im 17. Jahrhundert errichtet wurde, um die wertvollen Thunfischbestände vor Piraten zu schützen. Heute sind nur noch Mauerreste und Teile der alten Befestigungsanlage erhalten – aber der Blick von hier oben ist grandios. Geschichte und Landschaft verschmelzen zu einem stillen, windumtosten Aussichtspunkt über dem Atlantik.
Ich suche früh nach einem geschützten Platz. Es ist erst 17 Uhr, aber ab jetzt wird es urbaner und ich bin mir nicht sicher, wie es da mit Wildcampingmöglichkeiten aussieht. Der Wind tobt, und es sieht nach mehr Regen aus. Ein bisschen Wehmut schwingt mit: letztes Campen. Letzter Abend in der Natur. Morgen wartet die Zivilisation.
Heute Abend esse ich Tiefkühl-Lasagne aus dem Supermarkt. Ich sitze im Zelt und löffle die Lasagne direkt aus der Plastikschale. Es sind genau diese kleinen, schrägen Momente, die mir in Erinnerung bleiben. Es schmeckt besser als erwartet. Oder ich bin einfach so hungrig, dass alles schmeckt. Hikertrash-Moment deluxe. Es gab sogar tiefgefrorene Francesinha, aber das kam mir dann doch etwas zu seltsam vor.
Ich krieche ein letztes Mal in meinen Schlafsack und lausche dem Wind in den Pinien. Abschied von einem Leben, das ich liebe.
Tag 9: Klippen, Menschenmassen und Schnitzelsehnsucht
Barrancão – Burgau – Luz – Ponta da Piedade – Lagos
23,3 km / 970 hm / 6 h
Die letzten 19 Kilometer bis Lagos. Der Tag beginnt noch ruhig, mit gewohnt wildem Küstenflair, roten und ockerfarbenen Felsformationen, wilden Blumen und türkis schimmerndem Meer weit unter mir. In der Ferne sehe ich bereits die weißen Häuser von Lagos – das Ziel vor Augen, aber noch nicht ganz greifbar.
Je näher ich komme, desto deutlicher spüre ich: Ich bin im Urlaubsgebiet angekommen. Sonnenschirme, volle Restaurants, gebräunte Touristen mit Eis in der Hand – die sommerliche Algarve ist in vollem Gange. Ich komme durch einige kleinere Orte wie Burgau und Luz, wo sich farbenfrohe Fassaden und pastellfarbene Ferienhäuser aneinanderreihen. In Burgau erinnert eine kleine Batterie-Ruine an alte Zeiten. In Luz blühen die Blumen am Straßenrand, aber ich halte nur zum Wasserauffüllen. Immerhin haben die öffentlichen Toiletten an der Algarve geöffnet.
An der berühmten Ponta da Piedade wird es dann richtig trubelig. Die meisten bleiben aber auf den Holzwegen. Ich verlasse die Masse, erkunde die kleinen Pfade entlang der Klippen, entdecke versteckte Ausblicke auf die surrealen Felsformationen, die wie aus einem Fantasyfilm wirken. Unter mir schimmern die Grotten und Buchten in Türkis und Smaragd, Boote gleiten hindurch, gelbe Kajaks tanzen auf den Wellen. Zwei junge Männer springen waghalsig von den Klippen. Ein Leuchtturm wacht über das Ganze.
Ich nutze die letzte Gelegenheit, um mich in den Atlantik zu begeben – na ja, mit Einschränkung. Ich mag es eigentlich nicht, ohne konkreten Zweck ins Wasser zu gehen. Schnorcheln, Tauchen, Surfen – ja. Aber nur so? Meh. Und Sand an den Füßen ist mir ein Graus. Ich behalte oft sogar meine Socken an (shout-out an alle sock-loving Neurodivergents!). Der kurze Dip ins Meer bestätigt mich: Es riecht nach Algen und Fisch, das Salzwasser ist klebrig, Fliegen landen auf mir. Nein, danke, das war’s für mich.
Dann der letzte Abschnitt: Entlang der Förde, vorbei an der Marina, über eine kleine Zugbrücke. Der offizielle Endpunkt? Unspektakulär: der Bahnhof von Lagos. Ich habe es geschafft. Der Fischerweg liegt hinter mir. Ta fixe!
Am Abend belohne ich mich mit einem Besuch in einem bayerischen Restaurant. Ist das komisch in Portugal? Vielleicht. Aber die portugiesische Küche ist nun mal sehr fischlastig – nichts für mich. Ich sehne mich nach Schnitzel, Kartoffeln und Spargel. Ich bekomme zwei riesige Schnitzel serviert, was heißt, dass es morgen Schnitzelsemmeln gibt.
Ich verbringe die Nacht in einem Einzelzimmer. In Lagos gibt es viel Auswahl und es ist nicht schwierig, ein Einzelzimmer für 30 € die Nacht zu finden. Endlich Ruhe – zumindest theoretisch. Denn die Fenster schützen kaum vor dem Straßenlärm. Aber trotzdem viel besser als im Schlafsaal.
Es war in letzter Zeit nicht leicht, und ich sehne mich nach dieser Stille und Einfachheit, die das Wandern schenkt. Bekommen habe ich diese nur in Teilen, aber auch: Langsamer werden, am Meer sein, Wellen hören, Durchatmen.
Aber ganz ehrlich: Ende April würde ich nicht empfehlen. Es sind so viele Menschen unterwegs – richtige Völkerwanderung von Ort zu Ort. Für mich war das oft zu viel, ich musste ständig nach Ruheinseln und Umwegen suchen. Es war eine emotionale Achterbahnfahrt, aber in einer der schönsten Küstenlandschaften, die man sich nur vorstellen kann. Ich habe wieder mal festgestellt: Die Natur ist großartig – die Menschen eher nicht. Ich liebe die Welt, ich interagiere nur nicht gerne mit ihr.
Ich will auf jeden Fall nochmal wiederkommen – mit dem Van, zum Surfen, zum Frei-Sein. Aber eher im Winter. Die Küste ist magisch.
Fakten zur Tour
Trekkingtour Fischerweg in Portugal
Dauer: 7 bis 12 Tage
Distanz: 226 km
Ausgangspunkt: São Torpes, Portugal
Endpunkt: Lagos, Portugal
Gesamtanstieg: je nach Variante ca. 5.000 hm
Schwierigkeit: einfach
Der Fischerweg ist Teil des größeren Wegenetzes Rota Vicentina, unterscheidet sich aber durch seine reine Küstenführung.
Etappenübersicht meiner Route
1. São Torpe bis Porto Covo (Hostel) – 10 km / 100 hm
2. Porto Covo bis Praia da Angra do Cozinhadouro (Wildzelten) – 26,7 km / 380 hm
3. Praia da Angra do Cozinhadouro bis Monte Carvalhal da Rocha (Wildzelten) – 32 km / 420 hm
4. Monte Carvalhal da Rocha Pedra da Mina bis Pedra da Mina (Wildzelten) – 31 km / 450 hm
5. Pedra da Mina bis Da Bordeira atė ao Mar (Wildzelten) – 30,5 km / 780 hm
6. Da Bordeira atė ao Mar bis Praia del Telheiro (Wildzelten) – 31,7 km / 850 hm
7. Praia del Telheiro bis Sagres (Hostel) – 13,4 km / 316 hm
8. Sagres bis Barrancão (Wildzelten) – 23,4 km / 972 hm
9. Barrancão bis Lagos (Privatzimmer) – 23,3 km / 970 hm
Jahreszeit
Die Hauptsaison, wo also die meisten Wanderer unterwegs sind, ist April bis Mai und dann wieder September bis Oktober. Der Fischerweg ist in den letzten Jahren wahnsinnig populär geworden und entsprechend ist es sehr voll.
Wenn ihr es ruhiger wollt:
- Von November bis Mitte/Ende März – mehr Wetterrisiko, aber deutlich weniger Leute.
- Am besten geeignet ist März, denn da sind noch nicht so viele Leute unterwegs, aber die Störche sind bereits da.
- Abgelegenere Abschnitte wandern – einige südlichere Teile Richtung Algarve sind weniger überlaufen als Porto Covo bis Odeceixe.
Störche an der Rota Vicentina
Zwischen Almograve und Carrapateira begegnet man einem Naturwunder, das es nur hier an der portugiesischen Atlantikküste gibt: Weißstörche, die ihre riesigen Nester auf schmalen Felsnadeln direkt über dem tosenden Ozean bauen.
Die beste Zeit zur Beobachtung ist zwischen März und Mai, wenn die Küken schlüpfen und von den Altvögeln gefüttert werden. Besonders gute Aussichtspunkte findet ihr:
am Cabo Sardão (südlich von Almograve – mit offiziellem Aussichtspunkt)
entlang der Klippen nördlich von Zambujeira do Mar
auf Felsnadeln entlang der Küste zwischen Odeceixe und Carrapateira
Brutzeit der Störche
Ankunft / Nestbau: meist schon ab Dezember oder Januar
Eiablage: ab Februar bis März
Brutdauer: ca. 33–34 Tage
Schlupf der Küken: meist im März/April
Flügge werden der Jungen: ab Mai bis Anfang Juni
Anreise
Flug nach Lissabon
Bus von Lissabon nach Sines
Uber/Taxi nach São Torpes
Bus oder Zug von Lagos nach Lissabon
Resupply
In jedem Ort gibt es zumindest Minimercados mit den Basics, dazu Unmengen an Cafés und Restaurants im Abstand.
Sines (Pingo Doce, Intermarché, Lidl, SPAR, …)
São Torpes
Porto Covo +10 km (Minimercados)
Vila Nova de Milfontes +24 km (Supermärkte, Minimercados)
Almograve +15 km (Minimercado)
Zambujeira do Mar +19 km (Supermarkt, Minimercados)
Odeceixe +19 km (Minimercados)
Rogil + 12 km (Supermärkte, Minimercados)
Aljezur +23 km (Intermarché, SPAR, Minimercados)
Arrifana +7 km (Minimercado)
Carrapateira + 22 km (Minimercado)
Vila do Bispo +22 km (Aldi, Lidl)
Sagres +22 km (SPAR, Intermarché)
Salema +19 km (Minimercado)
Burgau +6 km (Minimercado)
Luz +5 km (SPAR)
Lagos +11 km (Lidl, Aldi, Pingo Doce, Intermarché, SPAR, …)
Unterkünfte
In allen Orten gibt es Hostels, Hotels und Pensionen. Die kleineren Orte können in der Saison schnell ausgebucht sein, hier gilt es also im Voraus zu planen, wenn ihr kein Zelt dabeihabt. Die meisten Wanderer auf dem Fischerweg gehen von Ort zu Ort und schlafen dort in festen Unterkünften und lassen ihr Gepäck transportieren. Sie starten morgens gemütlich nach dem Frühstück und sind dann ab 8–9 Uhr auf dem Trail.
Wenn ihr wild zeltet (oder einfach sehr früh losgeht), könnt ihr das komplett umgehen. Dann habt ihr die schönsten Stunden ganz für euch alleine: Sonnenaufgang, kühle Luft, menschenleere Strände. Und wenn die große Welle hinter euch anrollt, seid ihr längst 10–15 km weiter oder macht entspannt Pause. Genau aus diesem Grund ist Wildzelten auf dem Fischerweg eine ziemlich verbreitete Taktik unter Individualwanderern.
Wildzelten
Wildzelten ist auf dem Fischerweg nicht offiziell erlaubt. Solange ihr euch respektvoll verhaltet (also spät aufbauen, früh abbauen, keinen Müll hinterlassen), wird es normalerweise auch geduldet – vor allem in den ruhigeren Abschnitten zwischen den Dörfern.
Hier ein paar Grundregeln:
- Immer außerhalb von Dörfern/Städten zelten (mind. 1–2 km Abstand).
- Nicht sichtbar vom Weg, möglichst etwas geschützt vor Wind.
- Spät aufbauen, früh abbauen (nach Sonnenuntergang aufbauen, bei Sonnenaufgang wieder weg sein).
- Leave-No-Trace Regeln folgen
Kosten
Hin- und Rückflug nach Lissabon von München hat mich 300 Euro gekostet.
Der Bus von Lissabon nach Sines 12 Euro, Uber von Sines nach São Torpes 10 Euro, der Bus zurück von Lagos nach Lissabon 6,85 Euro.
Die meisten Nächte habe ich wild gezeltet, eine Nacht habe ich auf einem Campground verbracht (10 Euro) und drei Nächte im Hostel während des Trails (insgesamt 87 Euro).
Für Snacks und Resupply habe ich 70 Euro ausgegeben, für Restaurant/Café-Besuche 150 Euro.
Tipps zu Füßen / Sand
Die Kombination Sand und Füße verträgt sich naturgemäß nicht besonders gut. Es gilt also klug und frühzeitig zu reagieren, was den Unterschied zwischen „nur ein bisschen genervt vom Sand“ und echten fiesen Blasen oder Entzündungen später ausmacht. Generell empfehle ich leichte Gamaschen, z. B. Dirty Girl Gaiters.
Ansonsten:
- Regelmäßig Sand ausschütten = weniger Reibung = weniger Hotspots und Blasen.
- Robuste Socken, die nicht so schnell durchscheuern, z. B. Darn Tough-Socken
- Socken wechseln bei Hitze, weil durchgeschwitzte Socken viel mehr Reibung erzeugen.
- Lüften in Pausen: Schuhe aus, Füße trocknen lassen.
- Frühes Tapen mit Leukotape verhindert, dass kleine Druckstellen zu offenen Blasen werden.
- Wasser und Elektrolyte nicht vergessen – Dehydrierung verschlechtert die Hautelastizität, was Blasen begünstigen kann.