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Alpinkletterkurs: Alpinluft schnuppern am Fuße der Alpspitze

Schon seit mehreren Jahren sind wir im Sportklettern aktiv und haben uns auch schon an unseren ersten Mehrseillängen versucht. Der nächste logische Schritt ist das Alpinklettern, um alpine Routen selbstständig angehen zu können. Dafür machen wir einen dreitägigen Alpinkletterkurs im Wetterstein, bei dem wir die dazu notwendigen Techniken vertiefen und erlernen wollen.

Bei dem Kurs wollen wir lernen eine Route selbst abzusichern, Standplätze zu bauen und uns über mehrere Seillängen abzuseilen. Dazu kommen Knoten- und Materialkunde. Mit unserem Bergführer und Kursleiter Ludwig sowie drei anderen Kursteilnehmern treffen wir uns an der Talstation der Seilbahn auf das Kreuzeck. Gemeinsam fahren wir auf das Kreuzeck und kehren auf der Terrasse des Kreuzeckhauses ein, wo wir die nächsten zwei Nächte verbringen werden. Es folgt ein erstes Gespräch, in dem wir uns und unsere bisherigen Erfahrungen und Erwartungen vorstellen, bevor wir uns mitsamt der Ausrüstung auf den Weg in den Klettergarten machen.

1. Lektion: Seiltechnik beim Alpinklettern, Knotenkunde, Abseilen und Selbstabsicherung mit Friends und Keilen

Obwohl die nächsten Tage wettertechnisch nicht allzu vielversprechend sind, strahlt heute die Sonne vom Himmel und wir können bei angenehmen Temperaturen an sonnigen Wänden klettern. Unterhalb der Alpspitze gibt es einen kleinen Klettergarten, in dem man sich auch an einer kurzen Mehrseillänge versuchen kann. Wir erlernen die Seiltechnik beim Alpinklettern und erproben unsere Kenntnisse in einer kurzen Mehrseillänge. Im Gegensatz zum Sportklettern klettern wir beim Alpinklettern mit zwei Halbseilen.

Alex steigt zuerst vor und sichert mich dann von oben beim Nachstieg bevor ich dann gleich in die zweite Seillänge einsteige. Beim Sportklettern sichern wir normalerweise mit einem Halbautomaten oder mit dem Tube, hier sichern wir aber mit dem HMS, da dies am schnellsten geht, damit der nächste vorsteigen kann, ohne viel umbauen zu müssen. Oben bauen wir dann alles so um, dass wir uns nacheinander abseilen können. Ich lerne schnell, dass man Seilchaos vermeiden sollte, sonst dauert das unter Umständen ewig.

Unten üben wir uns darin Keile und Friends in Felsspalten zu setzen, was gar nicht mal so leicht ist wie es aussieht. Es wird sicher gruselig werden, das erste Mal in einen selbst gesetzten Keil oder Friend zu fallen. Ob darauf so großer Verlass ist? Sicherungen bei Alpinklettern sind meist lediglich eine Lebensversicherung, ohne Verletzungen wird man selten davon kommen. Es gilt also: Nicht stürzen! Keine Routen am Rande der Leistungsfähigkeit auswählen!

2. Lektion: Schlechtwetter Praxis Tour in Seilschaft

In der Nacht hat es heftig geregnet und auch am Morgen sieht es nicht viel besser aus. Der Wetterbericht verkündet ein kleines Wetterfenster am frühen Nachmittag, in dem es trocken sein soll. Also schultern wir unsere mit Ausrüstung beladenen Rucksäcke und fahren mit der Seilbahn zum Osterfelderkopf hinauf. Dort regnet es noch immer in Strömen und wir kehren erstmal kurz ein und besprechen dabei Ausrüstung.

Als der Regen etwas nachlässt, wagen wir uns hinaus und begeben uns in den Zustieg zu den Routen am Fuße der Alpspitze. Alleine der Zustieg ist auf nass-rutschigem Fels in Trailrunningschuhen herausfordernd. Wir wollen in eine der Bergwachtrouten einsteigen. Der Regen lässt leider nicht nach und es ist recht kalt, was sich bei mir vor allem bemerkbar macht, da ich die letzte in der Seilschaft bin. Mit den Trailrunnigschuhen steige ich in die Route, was allerdings nur bis zu ersten schwierigeren Stelle im III. Grad funktioniert. Hier gilt es eine kleinere Leiste zu treten, was mit den Turnschuhen schlichtweg unmöglich ist. Also wechsel ich in die kalten Kletterschuhe, die meine Füße im Nu so kalt werden lassen, dass ich sie kaum mehr spüre. Auch meine Hände sind schnell kalt und ich komme nur mit Mühe und Not in dieser Stelle hoch.

Oben warten bereits die anderen, während die erste Seilschaft bereits weitersteigt. Mir ist schrecklich kalt und es folgt wieder längeres Rumstehen, bis ich wieder an der Reihe bin. Wir versuchen uns so gut es geht von der Kälte abzulenken, aber ich will am liebsten nur eins: Raus hier! Langsam verwandelt sich nun der Regen in Schneeregen, was es nicht angenehmer macht. Trotzdem soll es noch lange dauern, bis wir alle aus der Route draußen sind. Anstatt die Route weiter zugehen, versuchen wir uns auf einen Ausstieg hinzuarbeiten, was jetzt jedoch ohne Sicherungen erfolgen muss. Es dauert dadurch etwas, bis Ludwig alle Sicherungen gebaut hat.

Die nächste Seillänge ist eine recht unangenehme Querung über schrofiges Gelände, die Ludwig wie eine Art Klettersteig für uns gesichert hat, indem wir uns an einem Seil sichern können. Durch die Nässe ist es recht rutschig, vor allem in meinen Turnschuhen und durch die Kälte zittere ich vor mich hin, was die Sache nicht unbedingt sicher macht. Bei trockenem Wetter wäre die Route kein Problem, aber bei diesen Bedingungen befinde ich mich bereits außerhalb meiner Wohlfühlzone.

Die nächste Seillänge führt relativ ungesichert Richtung Ausstieg. Alex steigt vor und sichert mich dann von oben vom Körper. Ob ich jetzt am Seil gegangen bin oder nicht, machte nicht allzu großen Unterschied außer vielleicht psychisch. Mein im Ausheilen begriffener Rippenbruch wäre bei einem Sturz meine geringste Sorge gewesen. Der Schnee macht es immer unangenehmer und ich bin nur froh, wenn ich hier raus bin.

Wir packen alles zusammen und steigen dann über ein Schotterfeld zum Alpspitz-Klettersteig ab. Dieser ist im rutschigen Schneeregen und Turnschuhen auch nicht unbedingt eine Genusstour. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir unten an und ich will nur noch in die Hütte, um mich aufzuwärmen. Es erfordert dann auch eine längere Dusche und langes Bettkuscheln bis ich endlich wieder warm bin. Die erste Alpinklettererfahrung hat nicht gerade Lust auf mehr gemacht. Ich weiß nun wenigstens, was es bedeutet, wenn ich Leute in Filmen in den widrigsten Wetterbedingungen klettern sehe. Keine Ahnung, wie es manche schaffen, die gute Laune dabei noch zu behalten.

Technisch habe ich heute nicht viel gelernt, wohl aber darüber, das Wetter bei alpinen Routen niemals auf die leichte Schulter zu nehmen.

3. Lektion: Wiederholen

Das Wetter ist nicht besser geworden. Über Nacht hat es geschneit und die Alpspitze ist frisch überzuckert. Wir üben also im Schuppen in der Hütte noch ein wenig die gelernten Sachen wie Stände bauen und Abseilen. Dann fahren wir hinunter nach Garmisch-Partenkirchen, um von dort zur Wand in Frauenwasserl zu fahren. Tatsächlich scheint hier die Sonne und es ist angenehm warm. Hier üben wir noch eine Mehrseillänge und das Abseilen.

Fazit

Ein Alpinkletterkurs ist sehr lohnenswert, um alle Kenntnisse auf dem aktuellen Stand professionell vermittelt zu bekommen. Unser Kurs hätte natürlich idealer verlaufen können, was aber dem Wetter zu verschulden war. Vielleicht ist Anfang Oktober kein so guter Termin mehr außerhalb von Italien, ich empfehle also den Sommer für solche Unternehmungen. Normalerweise wäre eine längere Praxistour und eine kürzere geplant gewesen, was aufgrund der Bedingungen leider nicht möglich war. Wir haben dennoch das Beste daraus gemacht und alle Kenntnisse mitgenommen. Außerdem schadet es offenbar nie gescheite Bergstiefel dabei zu haben, egal wie unsinnig euch das erscheinen mag. Man weiß ja nie! Klettern in Trailrunningschuhen ist jedenfalls definitiv nicht zu empfehlen und wer keine Füße aus Stahl hat, wird mit den Kletterschuhen in nasser Kälte nicht lange glücklich sein.


FAKTEN ZUM KURS

Bergführer: Ludwig Karrasch
Kosten: 350 €, inklusive Leihausrüstung, exklusive Anreise, Übernachtung, Verpflegung und Bergbahnfahrten
Vorkenntnisse: Sportklettererfahrungen im Vorstieg
Ausrüstung: Hüftgurt, Helm, Kletterschuhe, 10 Exen, Sicherungsgerät, 4 Schraubkarabiner, 2 Bandschlingen 120 cm, 2 Bandschlingen 60 cm, 1 Kurzprusik, 1 Reepschnur 4 m, 2 Halbseile 60 m falls vorhanden, Keile und Friends falls vorhanden plus Kleidung
Nachschlagen: Ludwig hat hier eine gute Seite mit Know-How Videos zu Knoten und Standplatzbau:
http://ludwig-karrasch.de/knowhow/

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    Annika

    Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeuten Wandern und Reisen für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt

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