Einmal halb um die Welt nach Südamerika ins Land der Gauchos und des Tangos, Heimat des höchsten Bergs Südamerikas, Schauplatz des wind gepeitschten Patagoniens und Ende der Welt ganz im Süden. Wir starten unser Südamerika Abenteuer in Buenos Aires, dem sogenannten Paris Südamerikas.
Wir schlafen bis weit in den Nachmittag hinein. Eigentlich wollten wir die Free Tour um 14 Uhr machen, aber dafür sind wir zu spät aufgestanden. Der Jetlag hängt uns übel nach. Wir buchen eine Tangoshow für heute Abend, bis dahin sollten wir fit sein. Die Show beginnt erst in ein zwei Stunden, also suchen wir uns ein Restaurant zum Abendessen. Die typisch deutsche Abendbrotzeit scheint aber hier eher Kuchenzeit zu sein. Wir sind die einzigen die was Richtiges essen. Beim Zahlen fällt dem Kellner einer unserer Scheine auf. Anscheinend hat uns gestern der Händler beim Wasserkaufen Falschgeld untergejubelt. Zum Glück sind es nur 50 Pesos, aber wir wissen nun, dass man auf der Hut sein muss.
Tango
Wir gehen zur Tangoshow. Dafür haben wir unsere besten Sachen an: Alex eine Wanderhose mit nur einem kleinen Loch darin und Turnschuhe, ich ein Kleid mit meinen schicksten Schuhen, die ich habe: Flip Flops. Wir sitzen in einem schönen Saal und bestellen eine Flasche Wein. Viele der Gäste haben das All-Inclusive Paket mit Essen und Show bestellt und essen noch. Uns war das Paket jedoch zu teuer. Wir machen ein Foto mit zwei der Tänzern. Dann beginnt die Show. Die Tänze sind sehr beeindruckend, vor allem wie sich die Tänzer bewegen können. Das wichtigste beim Tango: Niemals lachen, so ernst schauen wie nur möglich! Die Show endet gegen Mitternacht.
Tour durch den Bezirk La Recoleta
Wir leiden noch immer unter Jetlag und fühlen uns kaputt. Trotzdem schaffen wir es uns um 10 Uhr zur Free Tour in La Recoleta zu schleppen. Die Tour beginnt am Teatro Colon. Das Theater wurde von drei verschiedenen Architekten erbaut weshalb die Stockwerke alle ein wenig anders aussehen. Daneben befindet sich der Plaza de Lavalle mit dem Palacio de Justicia und der Escuela Presidente Roca, einer öffentlichen Schule, die aussieht wie ein Tempel. Wir gehen weiter und kommen an einer Synagoge vorbei. Sie ist bewacht und kann nicht so einfach betreten werden – aus Angst vor Anschlägen, die es vor ein paar Jahren auch gegeben hat.
Wir gehen weiter und überschreiten die Avenida 9 de Julio, die mit 140 Metern einmal die breiteste Straße der Welt war bis Brasilien sie überholt hat. Von hier können wir auch den Obelisken sehen, einem 67 Meter hohen Denkmal, das anlässlich der 400-jährigen Stadtjubiläums errichtet wurde. Wir gehen zum Plaza San Martin, wo ein paar Privatpaläste stehen. Sie zeugen von Reichtum Argentiniens, das um 1900 eines der reichsten Länder der Welt war. Die reichen Großgrundbesitzer hatten sich damals diese Privatpaläste nach französischem Vorbild bauen lassen. Aus diesem Grund nennt man Buenos Aires auch das Paris Südamerikas – das Stadtbild ist einfach das einer europäischen Großstadt.
Auf dem Platz steht auch eine Statue von San Martin, dem großen Helden des Unabhängigkeitskriegs gegen die Spanier. Sein Name begegnet einem immer wieder in ganz Südamerika und viele Straßen sind nach ihm benannt – in Argentinien meistens sogar die Hauptstraßen. Unsere Führerin erzählt uns etwas über die Armenviertel von Buenos Aires. Es sind gesetzlose Viertel, manchmal ohne Wasser und Strom – eine Parallelwelt zu dem reichen La Recoleta. Die Menschen, die dort wohnen zahlen oft Mieten an Vermieter, denen die Häuser gar nicht gehören.
Wir setzen uns auf eine Parktreppe und reden über die wirtschaftliche Situation Argentiniens. Derzeit liegt das Land bei 30% Inflation. Es war aber schon viel schlechter, in der Hyperinflationskrise erreichte die Inflation dreistellige Werte im Monat. Es kam vor, dass ein Produkt auf dem Weg zur Kasse teurer wurde als es war als man es in den Einkaufskorb gelegt hat. Aufgrund der Inflation versuchen die Argentinier ihr Vermögen in Dollar zu sparen, woran es aber einen Mangel im Land gibt. Deshalb gibt es alle naselang Leute, die einem „cambio, cambio!“ zurufen, denn sie sind scharf darauf Dollars für ihre bald schon wieder wertlosen Pesos zu bekommen. Die Preise auf dem Schwarzmarkt waren auch einst besser als die der Banken. Mittlerweile hat sich das aber angeglichen.
Wir gehen weiter und kommen zu einem Hochhaus, dem ersten von Buenos Aires. Dahinter steht eine Kirche, die von einer der Besitzerinnen der Privatplätze errichtet und dort platziert, damit sie von ihren Palast zur Kirche sehen kann. Das Hochhaus dazwischen wurde aus Rache an dieser Kirchenerbauerin von einer Geliebten des Sohns der Kirchenerbauerin erbaut, da diese ihren Sohn an eine andere verheiratet hat. Wir machen Pause in einem Café und gehen dann weiter zum Monumento a los Caidos en Malvinas. Es erinnert an die Gefallenen des Falklandkriegs, einem dreckigen Krieg zwischen Argentinien und England um die Inseln. Noch immer erkennt Argentinien Englands Anspruch auf die Falklandinseln nicht an und nennt sie „Islas Malvinas“, obwohl sie den Krieg verloren haben. Nach dem Krieg haben fast so viele Soldaten Selbstmord begangen wie im Krieg gefallen sind.
Wir kommen an einem Denkmal für die 1992 bei einem Anschlag auf die israelische Botschaft getöteten Menschen vorbei. Es folgen einige Stadtvillen, auch der Vatikan hat hier eine, und erreichen den Friedhof von Recoleta. Viele berühmte Leute liegen hier, allen voran Evita Peron, Frau des ehemaligen Diktators Juan Peron. Die Führerin erzählt uns die Geschichte von Evitas Leiche, die bevor sie hier landete durch viele Hänge ging. Eine gruselige Geschichte. Dann endet unsere Tour und wir erkunden den Friedhof auf eigene Faust.
Wir gehen durch die Reihen der Familiengräber, manche sind groß und reich verziert, andere sind am Zerfallen. Zahllose Wege führen an den Reihen marmorner Mausoleen und eindrucksvollen Statuen vorbei. Das Grab von Evita finden wir nicht, sonst kennen wir niemanden. Hier finden sich aber auch viele Präsidenten, Militärhelden, Wissenschaftler, Schauspieler, einflussreiche Politiker und andere reiche und berühmte Menschen. Die kostenlose Friedhofstour findet auf Englisch leider nur um 11 Uhr am Dienstag und Donnerstag statt, auf Spanisch kann man die Tour zweimal täglich von Dienstag bis Freitag machen. Wir verlassen den Friedhof und gehen in die Stadt zurück. Es ist ziemlich heiß und wir setzen uns in ein Café zum Mittagessen. Abends gehen wir noch peruanisch Essen.
Tour durch die Innenstadt von Buenos Aires
Der Jetlag ist immer noch übel. Wir wollen heute die zweite Free Tour durch die Innenstadt machen und schaffen es nach dem Aufstehen gerade noch uns ein Stück Kuchen bei Starbucks reinzuhauen und müssen dann gleich weiter zur Tour. Sie beginnt um 15 Uhr. Wir müssen dringend was gegen diesen Jetlag tun. Wie gestern ist es wieder sauheiß. Wir treffen uns am Palacio de Congreso (Kongresspalast), der dem amerikanischen Kapitol nachgebaut ist. Die Avenida de Mayo verbindet den Palast mit der Casa Rosada, dem Sitz des argentinischen Präsidenten.
Wir gehen Richtung Avenida 9 de Julio und kommen an einer Statue von Don Quijote vorbei. Etwas weiter halten wir an einem Hochhaus, dem „Palacio Barolo“. Der Architekt hat sich beim Bau von Dantes „Göttlicher Komödie“ inspirieren lassen. Die 22 Stockwerke des Hauses sind in Hölle, Fegefeuer und Himmel unterteilt, wobei es so geplant ist, dass man den Himmel nicht betreten kann ohne vorher durch Hölle und Fegefeuer gegangen zu sein. Die Höhe von 100 Metern entspricht den 100 Gesängen der Göttlichen Komödie. Bis 1935 war es das höchste Gebäude von Südamerika. Wir überschreiten die Avenida und sehen wieder den Obelisken.
Auf einem Haus ist das Abbild Evitas zu sehen. Der Guide nutzt die Gelegenheit uns etwas über sie und das Leben ihres Mannes zu erzählen. Sie hat viel für die Unterschicht getan, stammte sie ja selbst aus einfachen Verhältnissen. Während sie in der Arbeiterklasse verehrt wurde, wurde sie von der reichen Elite gehasst. Sie setze sich erfolgreich für ein Wahlrecht für Frauen ein und brachte Frauen in die Politik. Noch heute wird Eva Peron, genannt Evita, als eine der größten Wohltäterinnen der Nation verehrt. Juan und Eva Peron waren aber eben auch Faschisten, die mit Franco, Mussolini und den Nationalsozialisten sympathisierten. Eva Peron verstarb früh im Alter von 33 Jahren an Krebs.
Auch Juan Peron tat viel für die Arbeiterklasse und trieb die Entwicklung der Infrastruktur voran. Der sogenannte „Peronismus“ sollte einen „dritten Weg“ zwischen Kommunismus und Kapitalismus darstellen. Es kam allerdings zu einer hohen Inflation und führten zu wachsenden Spannungen mit Militär, Großgrundbesitzern und der Kirche und er wurde 1955 gestürzt. Er kam als Präsident jedoch 1973 wieder zum Zug. Juan Peron richtete sich immer weiter nach rechts aus, es kam zu Terroranschlägen und politische Gegner wurden ermordet. Seine damalige Frau wurde daraufhin erste Präsidentin Südamerikas, aber auch ihre Regierung wurde durch einen Militärputsch gestürzt.
Wir biegen in die Florida Street ein, wo einige Händler ihre Waren anbieten. Wir lernen etwas über das Bildungssystem in Argentinien. Hier darf jeder studiert, egal welchen Schulabschluss er hat, was dazu führt, das nur 10% einen Abschluss erreichen. Aber jeder hat alle Möglichkeiten. Etwas weiter erfahren wir etwas über Falschgeld und lernen Falschgeld von echtem Geld zu unterscheiden – der Trick ist das Wasserzeichen, das im Gegenlicht sichtbar wird. Fraglich ist ob wir nun wirklich alle Scheine vorher checken. Bei größeren Summen wird das etwas leidig, empfiehlt sich aber vielleicht für große Banknoten.
Wir kommen zum Plaza de Mayo. Auf dem Platz demonstrieren gerade Veteranen für mehr Rechte. Kreisrund sind auf dem Platz schematisch Frauenköpfe mit weißen Kopftüchern abgebildet. Es sind die Madres de la Plaza de Mayo („Mütter des Platzes der Mairevolution“), die sich noch immer einmal in der Woche hier einfinden und fordern, dass die Verbrechen des Terrorregimes der Militärdiktatur aufgearbeitet werden. Viele Regierungskritiker verschwanden damals, über 30.000 Menschen wurden ermordet und viele Kinder wurden regimetreuen Familien als Adoptionskind gegeben. Noch immer kommt es so zu Familienzusammenführungen.
Es wird geschätzt, dass es in Argentinien etwa 500 von den Schergen der Diktatur geraubte und dann im Geheimen zur Adoption freigegebene Kinder gibt. In über 100 Fällen konnten die mittlerweile erwachsenen Kinder an Elternteile oder rechtmäßige Familie zurückgegeben werden. Oft waren ihre vermeintlichen Väter Offiziere die an der Folterung und Ermordung ihrer tatsächlichen, leiblichen Eltern beteiligt. Auch viele Deutsche wurden damals entführt, gefoltert und ermordet. Seit 1977 finden sich die Frauen jeden Donnerstag auf diesem Platz ein und umrunden ihn stumm für eine halbe Stunde, da Proteste im Stehen früher verboten waren.
Am Ende des Platzes steht die große Casa Rosada in dem der Präsident seinen Sitz hat. Aktuell ist das Mauricio Macri, der die Kirchner-Regierung nach langer Amtszeit abgelöst hat. Der Guide erzählt und die jüngste politische Geschichte. Sie ist geprägt von Präsidentenwechsel, Demonstrationen und den immer tieferen wirtschaftlichen Abrutsch des Landes. Vertrauen in die Politik hat hier niemand mehr. Regelmäßig kommt es zu Demonstrationen und Streiks im ganzen Land.
Hier endet die Tour. Wir gehen weiter Richtung Reserva Ecologia Costanera Sur. Wir gehen an der Uferpromenade entlang, von wo wir schon auf das Reservat sehen können. Hier sehen wir ein paar Enten und andere Vögel im Wasser schwimmen. Auch ein paar grüne Papageie fliegen herum und wetteifern mit den Tauben um Essensreste. An einem der unzähligen Kioskstände kaufen wir uns ein Chiropan, das sehr lecker ist. Es ist eine Art Hot Dog mit Chorizo.
Als wir an den Eingang des Reservats ankommen, erfahren wir, dass es ausgerechnet heute zu hat. Wir gehen weiter am Ufer entlang, drehen aber bald um, da uns die angrenzenden Bezirke nicht mehr geheuer sind. Wir gehen ins Hostel zurück. Spät abends gehen wir nochmal hinaus zum Essen. Wir essen eine Asado Platte mit mehreren Steaks, Würsten, Blutwurst, Leber und Darmstücke. Dazu trinken wir Wein. Wein ist selbst im Restaurant unglaublich günstig, sodass wir die Flaschenpreise anfangs für Gläserpreise hielten. Und das tollste ist: Der günstige Wein ist auch noch gut!
FREE TOURS
La Recoleta: Treffpunkt um 10:30 Uhr auf dem Platz neben dem Teatro Colón
Innenstadt: Treffpunkt um 15 Uhr am Tor des Argentinischen Nationalkongress
TOUR AUF DEM FRIEDHOF LA RECOLETA (KOSTENLOS)
Recoleta, Englische Touren Dienstag und Donnerstag um 11 Uhr am Haupteingang des Friedhofs, Junin 1760, 1113 Buenos Aires
TANGOSHOW
Pizazolla Tango, Florida 165, Galeria Guemes, C1005AAC Buenos Aires
HOTEL EMPFEHLUNG
BA STOP Hostel, ab 28€ pro Nacht im Doppelzimmer
Av. Rivadavia 1194, C1033AAO Buenos Aires