Der Abschnitt von Lima bis zum Targhee Pass bringt neue, unerwartete Herausforderungen mit sich – allen voran heftige Nachmittagsgewitter mit Hagel und Blitzen. Doch zwischen all den Schwierigkeiten erleben wir auch die Magie des CDT: überraschende Trail Magic, beeindruckende Wildtierbegegnungen und atemberaubende Landschaften – von dramatischen Sonnenauf- und -untergängen bis zu friedlichen Gratwanderungen. Der CDT zeigt einmal mehr, wie unvorhersehbar und lohnend Thru-Hiking sein kann.
CDT Tag 43 – Gewitterdrama und überraschende Trail Magic
13 km / 500 hm / 3 h
Es dauert eine Weile um einen Hitch von Lima zurück zum Trail zu bekommen, aber schließlich nimmt uns Amir aus Kasachstan in seinem riesigen Sattelschlepper mit. Nur ein einfacher Roadwalk, denken wir – elf Kilometer auf einer offenen Dirt Road, vorbei an Schafen und Kühen. Doch dann bricht ein heftiges Gewitter über uns herein: Starkregen, Hagel und Blitze. Es ist beängstigend, wie nah die Blitze um uns herum einschlagen. Wir finden notdürftig Schutz unter ein paar Bäumen und bauen dort schnell unser Zelt auf, um das Unwetter auszusitzen. Eine Stunde später scheint wieder die Sonne – als wäre nichts gewesen. Auf dem weiteren Weg überrascht uns unerwartete Trail Magic: Ein Paar, das gerade ein Setup für den nächsten Tag vorbereitet, serviert uns Chili und kühle Getränke. Zum krönenden Abschluss campen wir an einer Klippe, erleben einen spektakulären Sonnenuntergang – und cowboy campen zum ersten Mal auf dem CDT.
CDT Tag 44 – Eine morgendliche Safari und Nachmittagsgewitter
36,5 km / 1.350 hm / 9 h
Am nächsten Morgen wachen wir zu einem roten Sonnenaufgang im Dunst naher Waldbrände auf und begegnen Wildtieren, darunter ein majestätischer Wapiti und zwei Elche. Das kühlere Wetter macht das Wandern durch Wildblumenwiesen und Wälder angenehm. Als sich erneut Gewitter ankündigen, finden wir rechtzeitig einen geschützten Zeltplatz – dieses Mal fühlen wir uns vorbereitet nach der Erfahrung vom Vortag. Wir schlagen rechtzeitig unser Zelt an einem perfekt geschützten Platz auf und als es losbricht, liegen wir bereits trocken im Zelt. Wir sitzen es aus und machen am späten Nachmittag noch ein paar Kilometer. Unter der Sonne setzen wir unseren Weg fort, aber bald ziehen wieder dunkle Wolken auf. Ein weiteres Gewitter ist im Anmarsch, und wir suchen Schutz im Wald, um nicht durchnässt zu werden. Erschöpft erreichen wir Aldous Lake und beschließen, hier zu campen. Wir bauen unser Lager auf, während es dunkel wird, und genießen ein spätes Abendessen.
CDT Tag 45 – Die Wettergrenze
40,5 km / 1.350 hm / 9,5 h
Nach einem nassen Start – Gras, Büsche und Schuhe sind klatschnass – beginnt der Tag mit einem Highlight: ein Plumpsklo mit Toilettenpapier! Für uns Thru-Hiker ein Luxus. Wir treffen zwei NOBOs und tauschen Infos aus – auch über einen zwielichtigen Hiker namens Cotton Mouth, der Trail Angels und andere Wanderer bedroht haben soll.
Gerade als wir eine Gratwanderung angehen, zieht ein Gewitter viel zu früh auf. Hagel, Blitz und Donner treiben uns voran. Der Sturm zieht zum Glück knapp an uns vorbei – links dunkle Wolken, rechts Sonnenschein: Wir sitzen buchstäblich auf der Wettergrenze. Später klart es auf, Blumen blühen, und der Trail führt größtenteils bergab. Wir bleiben auf der „roten Linie“ statt der Mack’s Inn-Abkürzung – ein Tag mehr für bessere Ausblicke. Kurz vor dem nächsten Sturm schaffen wir es gerade noch ins Zelt. Ein Tag zwischen Drama und Schönheit.
CDT Tag 46 – Ein langer Tag, eine Heuschreckenplage und der Targhee Pass
44 km / 1.810 hm / 10 h
Der Tag beginnt wunderschön mit einer Wanderung durch die roten Felsen und Wildblumen des Hell Roaring Canyons. Doch bald erwartet uns eine lange, heiße Dirt Road. Staub, Hitze – und eine wahre Plage an riesigen Heuschrecken, die über den Weg schwärmen. Als wir endlich die einzige Wasserquelle erreichen, entdecke ich auch noch mehrere Spinnen – mein persönlicher Horror. Am Abend steht ein langer Anstieg zum Targhee Pass an, doch die gut angelegten Serpentinen machen ihn trotz Erschöpfung machbar. Oben erwartet uns ein windgeschützter Platz, ein spektakulärer Sonnenuntergang – und etwas, das nachts ums Zelt schleicht und schnaufende Geräusche macht. Ein Bär? Oder doch nur eine Bergziege?
CDT Tag 47 – Gratwanderung und Stadtüberforderung
22 km / 450 hm / 5 h
Am Morgen bestätigt sich unser Verdacht: Eine weiße Bergziege grast direkt neben unserem Camp. Der folgende Gratweg bietet weite Ausblicke, trotz des Rauchs von nahen Waldbränden. Nach dem Abstieg bekommen wir eine Mitfahrgelegenheit nach Island Park, wo uns die Stadt mit all ihren Aufgaben empfängt – Post, Resupply, Permitorganisation für Yellowstone und zu viele Menschen. Zwischendurch öffnen sich wieder die Himmelsschleusen und Gewitter, Starkregen und Hagel krachen auf uns herab und hinterlässt Pfützen in unserem undichten Zelt. Ein brandneues Zelt wartet im acht Kilometer entfernten Postamt auf uns, das wir heute nicht mehr erreichen werden. In der ersten Nacht teilen wir uns den Platz mit Karma und Akela aus Belgien – ein schöner, aber wohl letzter Abschied von den beiden.
Am nächsten Tag wird Ryan krank – Fieber, Durchfall, Schwäche. Wir vermuten verunreinigtes Wasser, sind aber froh, gerade in der Stadt zu sein. Wenigstens ist das Timing gar nicht so schlecht, da wir zwei Tage Zeit haben, bevor Ryans Familie zu Besuch kommt. Wir planen, mit ihnen den Yellowstone National Park als ganz normale Touristen im Auto zu erkunden. Es gibt ihm etwas Zeit, sich auszuruhen, während ich mein Bestes gebe, um mich um alles andere zu kümmern.
Herausforderungen & Highlights des Abschnitts
Herausforderungen: Gewitter und Heuschreckenplage
Highlights: Wildtierbegegnungen (Elche! Wapitis! Bergziegen!), ein perfekter Campspot am Targhee Pass und Trail Magic nach dem Sturm
Lektion: Build your own adventure! Warum nicht die rote Linie mit einer Alternative mischen, wenn es die besseren Aussichten verspricht?
Hier geht’s zum nächsten Abschnitt auf dem CDT:
CDT: Yellowstone National Park – Island Park bis Flagg Ranch