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Norwegen: Über den Bärengrat durch den Jotunheimen Nationalpark

Der Jotunheimen Nationalpark ist eine von Norwegens schönsten Gebirgsregionen. Auf der Jotunheimen Runde begegnen wir einer faszinierenden Bergwelt, majestätischen Gipfel und Gletscher.

1. Etappe: Gjendesheim über den Besseggengrat bis Bjørnbøltjørna

1.100 hm / 9 km

Des Morgens begrüßen uns Schafe vor unserem Zelt, die gemächlich vor sich hin trotten. Der Regen tröpfelt auf das Zeltdach und ist nicht sehr einladend. Wir warten eine Regenpause ab und beginnen dann mit dem Frühstück und der Tagesplanung. Bisher sieht es nach viel Regen aus und die Wolken hängen tief über dem Besseggengrat (= Bärengrat). Im Verlauf des Frühstücks reißt der Himmel jedoch immer mehr auf und wir beschließen die Überschreitung zu wagen. Alternativ gäbe es einen Uferweg unterhalb des Grats bis zu ersten Station in Memurubu.

Wir packen unsere Sachen und machen uns auf den Weg zum Grat hinauf. Es geht einen Hang hinauf, der uns schon bald dazu bringt uns ein paar Kleidungsstücken zu entledigen. Als wir auf einen kleinen Hügel gelangen, liegt plötzlich direkt vor uns ein Rentier mit einem riesigen Geweih. Offenbar hat er einen Kampf ausgefochten, denn das feine Fell an seinem Geweih hängt an einer großen Stelle blutig herunter und legt den Knochen darunter frei. Er scheint sehr erschöpft und unsere Anwesenheit scheint ihm deshalb wenig auszumachen. Schwer atmend liegt er da und bewegt sich kaum. Nicht unbedingt ein gutes Plätzchen für eine gescheite Rast. Immer wieder kommen Menschengruppen vorbei.

Wir lassen ihm seine Ruhe und gehen weiter. Schon bald setzt ein feiner Nieselregen ein. Kurz darauf stehen wir vor einer Felswand, die in leichter Kraxelei zu bewältigen ist – mit 16 kg auf dem Rücken und nassen Fels durchaus anspruchsvoll. Trotz des Regens bieten sich zwischendurch immer wieder Blicke auf den Gjendesee und die karge Umgebung, wenn die grauen Wolken für kurze Momente den Blick freigeben. Wir freuen uns über jeden dieser Augenblicke.

Nach dem ersten Aufstieg geht es nun seichter bis zum Veslefjellet (1.743 m), der höchsten Stelle am Grat. Nun öffnen sich auch immer größere Wolkenfenster und wir erfreuen uns am Tiefblick auf den milchig grün schimmernden Gjendesee, der sich fjordähnlich 20 km zwischen steilen Felswänden entlang schlängelt. Auf der gegenüber liegenden Seite lassen sich Wasserfälle und Gletscher ausmachen. Über wellige Steinwüste geht es weiter, bis der See Bessvatnet auftaucht und wir schon bald den mit einem riesigen Steinhaufen versehenden Gipfel des Veslefjellet erreichen. Nun hat sich das Wetter tatsächlich zum Besseren gewandt, blauer Himmel und Schäfchenwolken breiten sich über uns aus.

Wir genießen den Ausblick und Sonnenschein, trotz der Massen, die am Besseggengrat vorüber fluten – immerhin die beliebteste und angeblich schönste Wanderung Norwegens. Die meisten Wanderer fahren mit dem Boot bis Memurubu und laufen dann über den Grat zurück bis nach Gjendesheim – so ist es eine schöne Tagestour. Für die etwas Höhenempfindlicheren empfiehlt sich diese Richtung auch mehr, da der schmale steile Grat im Aufstieg, statt im Abstieg bewältigt wird.

Eine Weile nach dem Gipfel steigen wir über den eigentlichen Besseggengrat steil bergab. In felsiger Kletterei kraxeln wir vorsichtig hinab und versuchen den vielen hinaufsteigenden Wanderern auszuweichen. Kletterei mit so viel Gewicht auf dem Rücken ist deutlich schwieriger, auch wenn es über den I. Grat nicht hianausgeht. Dann stehen wir unten am Bessvatnet, der uns schon einige Zeit begleitet hat. Links erstreckt sich der milchiggründe Gjende, rechts der höher gelegene und dunkelblaue Bessvatnet, dem klarsten Binnensee Norwegens – ein schöner Kontrast!

Nun geht es wieder bergauf und der Weg schlängelt sich zum See Bjørnbøltjørna weiter und an diesem entlang. Wir fühlen uns schon recht erschöpft und dieser wunderschöne Platz, mit Tiefblick auf den Gjende, bis weit in die Landschaft hinein und auf einen mäandernden Fluss, verlockt zum Zelten. Wir schlafen erst mal eine halbe Stunde in der Sonne und bauen dann das Zelt auf. Mit wunderschönem Blick kochen wir unser Abendessen (und Nachspeise!) und verweilen noch lange hier draußen und genießen diesen atemberaubenden Anblick. Wer hätte heute morgen gedacht, dass das Wetter noch so schön wird? Wir sind begeistert! Als die letzten Sonnenstrahlen verschwinden, wird es frisch und wir ziehen uns ins Zelt und die kuscheligen Schlafsäcke zurück.

Regentag auf der Memurutunga
2. Etappe: Bjørnbøltjørna über Memurubu bis Storådalen

850 hm / 10,5 km

Im Laufe der Nacht regnet es immer wieder, was auch am Morgen nicht abreißt. Wir warten auf eine Regenpause, vorher jedoch handele ich mir bei der Bewegung den Reißverschluss des Innenzelts zu schließen, einen üblen Hexenschuss ein und kann mich erst mal gar nicht mehr bewegen. Es schmerzt höllisch und ich sehe meine Felle schon davonschwimmen. Eine Salbe und längere Zeit abwarten später, starten wir versuchsweise, indem wir langsam alles zusammenräumen und ich den Rucksack Probe trage. Es klappt, wenn auch nicht schmerzfrei.

Wir marschieren los, um den See herum, und erblicken mächtige Gletscher. Allzu viel sehen wir jedoch heute nicht, es regnet immer wieder und die Wolken versperren die Sicht. Es geht gemächlich bergab, dann steil bis zu den Hütten Memurubus. Memurubu liegt an der Mündung des Gletscherflusses Muru, welche ein schönes Flussdelta ergibt. Nach dem mühsam steilen Abstieg erreichen wir lichten Birkenwald und Memurubu. Hier machen wir Mittagspause, kochen eine Suppe und genießen die 10 Minuten Sonnenschein des Tages. Genug, um sich kurz auf die Isomatte zu legen und zu sonnen. Dann wird es schnell wieder kalt und wir brechen nach Abwasch und verspätetem Zähneputzen am Bach zur Weiterreise auf.

Steil steigen wir zur Zinne Sjugurdtind (1.300 m) hinauf; das letzte Stück über blanken Fels kraxelnd. Der weitere Weg führt über den Bergkamm Memurutunga. Leider sehen wir schon bald nichts mehr vom versprochenen Aussichtsreichtum und wandern durch dicke Wolkensuppe und Regen weiter. Immer wieder führt uns der Weg steil bergauf. Zwischen zwei Seen geht es weiter und langsam erwarten wir sehnlichst die Abzweigung ins Storådalen. Da wir nicht zur Hütte Gjendebu müssen, gehen wir diese Variante über das Storådalen weiter, um später wieder auf den Weg von der Hütte zu treffen. So sparen wir uns auch den steilen Abstieg über den Bukkelægret.

Nach schier unendlich vielen Anstiegen erreichen wir die Abzweigung. Es ist kalt, feucht und langsam hätten wir nichts gegen einen Zeltplatz. In leichtem Auf und Ab leitet der Weg uns zwischen Felsen und einigen kleinen Seen hindurch. Nach einer Weile findet sich eine geeignete Stelle mit einem Teich daneben und wir bauen mühsam das Zelt auf. Der Wind rupft uns immer wieder die Heringe aus dem weichen Boden, bis wir diese mit Steinen beschweren. In der Zwischenzeit ist uns schon ordentlich kalt geworden und wir sind froh, als wir endlich in den wärmenden Schlafsäcken liegen. Eine warme Mahlzeit und ein heißer Tee runden den Abend ab.

 

Wenn du das Wetter nicht magst, warte 10 Minuten
3. Etappe: Storåda­len bis kurz vor Leirvassbu

330 hm / 13 km

Heute begrüßt uns statt Regen mal die Sonne, was uns motiviert aufzustehen. Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen ein und machen uns auf den Weiterweg. Es geht noch ein Stück auf und ab, bis der sanfte Abstieg ins Storådalen beginnt. Unten rauscht der mächtige Fluss Storå entlang. Den großen Wasserfall Hellerfossen kann man schon von Weiten sehen.

Über matschiges Terrain hüpfen wir von Stein zu Stein, um trockenen Fußes zu bleiben. Über eine Brücke überqueren wir einen Gletscherfluss und stehen dann vor dem Wasserfall. Direkt neben dem Hellerfossen führt uns der Weg steil und in engen Serpentinen bergauf zum See Hellertjørna. Die Norweger sind Fans vom direkten Weg, von umständlichen Serpentinen halten sie anscheinend nicht viel. Oben am Wasserfall rasten wir auf einem großen Felsblock, erfreuen uns an der wärmenden Sonne.

Dann aber verdunkelt sich der Himmel schlagartig und es wird sehr kalt, was uns zum Weitergehen zwingt. Das Wetter in Norwegen ändert sich wirklich alle 10 Minuten. Das bedeutet aber wiederum, dass man nur 10 Minuten warten muss, wenn einem das aktuelle Wetter nicht taugt. Die Regenschauer sind oft kurz und nicht sehr heftig, was immerhin angenehmer als ein kompletter Regentag ist.

Kurz darauf treffen wir auf ein deutsches Paar, dass uns sagt, dass es noch 11 km bis Leirvassbu sind, unser für heute angepeiltes Ziel. Das ist noch einiges, also weiter geht’s. Wieder bergauf und zum nächsten See, dem lang gezogenen Langvatnet. 5 km geht es nun an ihm entlang über schlammigen Boden, der von vielen Bächen gequert wird. Wir sehen einen Lemming über den Weg huschen. Wie Hamster mit Meerschweinchenfärbung sehen sie aus.

Wir überqueren den ein oder anderen größeren Bach, indem wir uns von Stein zu Stein hangeln. Am See fängt es an zu regnen und mag kaum mehr aufhören. Wir gehen noch an einem weiteren See entlang und suchen uns dann am dritten unser Lager an einem Bach, da dahinter nur noch Geröll bis Leirvassbu kommt und somit zum Zelten ungeeignet ist. Der Bach bildet ein natürliches Waschbecken, das wir für eine eisige Haarwäsche nutzen. Der Regen hat auch aufgehört und setzt pünktlich, als wir im geschützten Zelt sind, wieder ein.

 


Schnee, Regen, Kälte
4. Etappe: Kurz vor Leir­vassbu bis Spiterstulen

230 hm / 20 km

Morgens bedeckt neuer Puderzucker die Gipfel um uns herum – es hat geschneit! Dementsprechend kalt ist es und bis die Hände wieder warm gelaufen sind, dauert es. Leider regnet es auch immer wieder und die Sicht lässt zu wünschen übrig. Nach kurzer Zeit treffen wir auf zwei Norweger, die die Waffeln an der Hütte Leirvassbuu hervorheben. Fortan kann ich an nichts anders mehr denken und der Gedanke motiviert. Außerdem erzählen wir uns, welch einen Jahrhundertsommer sie im Juni/Juli in Norwegen gehabt hätten. Das sollen wir im Verlauf der Reise noch öfter hören. Bringt uns nur nichts. Es geht noch ein paar Höhenmeter durch Felsgewirr bergauf, um dann vom Pass langsam wieder hinabzusteigen.

Wir treffen auf die Transportstraße und gehen die letzten Meter zur Hütte über die Straße – endlich mal nicht darauf achten müssen, wohin man tritt! Der Regen kann es sich nicht verkneifen uns kurz vor der Hütte noch einmal zu beglücken. Die Hütte ist sehr gemütlich eingerichtet, mit herrlichem Blick auf den See und die markante Bergspitze Kyrkja. Wir machen uns über unsere Waffeln her und betrachten das trübe Wetter draußen. Die Wärme tut gut und wir mögen kaum mehr rausgehen.

Alle Hütten auf der Großen Jotunheimrunde wie wir sie machen – von Gjendesheim nach Gjendebu, über Leirvassbu nach Spiterstulen und über Glitterheim zurück nach Gjendesheim – gibt es nur bewirtschaftete Hütten mit Zimmern und Lagern sowie Duschen, sowohl privat als auch vom DNT. Gelegenheiten zum Selberkochen gibt es hier nicht. Selbstversorgerhütten vom DNT gibt es im Jotunheimen nur zwei, ansonsten noch eine Handvoll unbewirtschaftete für die ein Schlüssel nötig ist. Die bewirtschafteten Hütten ähneln unseren DAV Hütten, also nicht den in Schweden üblichen Selbstversorgerhütten. Trotzdem sind diese immer mit viel Liebe eingerichtet – urgemütlich, mit viel Holz, Rentierfellen und Trollen.

Ich dämmere am Fenster so vor mir mich hin, bis wir wieder aufbrechen, um zu unserem Tagesziel nach Spiterstulen zu gelangen. 16 km haben wir noch vor uns und es ist bereits früher Nachmittag. Wir umrunden den See Leirvatnet bis zu dessen Nordende und gelangen zum nächsten See, wo es über grobes Geröll mühsam von Stein zu Stein geht.

Der Weg schlängelt sich nun durchs Visdalen, das von hohen Bergen mit Gletschern gesäumt ist. Davon sehen wir allerdings nicht viel. Es fängt heftig an zu regnen und meine Hose ist schon bald durchnässt. In einer Regenpause wechsel ich zu meiner Regenhose. Der Weg ist schlammig und zieht sich unendlich hin. Hinter jedem Hügel hoffen wir die Hütten von Spiterstulen zu erblicken. Ich bin schon ziemlich müde und erschöpft und der lang ersehnte Anblick der Hütten erfreut mein Herz sehr.

Wir gehen in die warme Hütte, kaufen eine Pepsi und informieren und über Wetter und Zeltplatz. Morgen planen wir den Galdhøppigen, den höchsten Berg Skandinaviens (2.469 m) zu besteigen, dazu braucht es top Bedingungen. Wir werden leider enttäuscht. Um 21 Uhr soll es neue Informationen zu den geführten Gletschertouren inkl. Gipfel und dem Wetter geben. Also abwarten. Wir zahlen heute mal für den Campingplatz bei der Hütte, um die hiesigen warmen Duschen nutzen zu können. Der Zeltplatz ist auf der anderen Seite eines großen Gletscherflusses und über eine Hängebrücke zu erreichen. Wir bauen unser Zelt auf und begeben uns danach sofort unter die wohltuende Dusche.

Die Camper haben hier ein eigenes Versorgungshäuschen mit Toiletten, Duschen und sogar einer Küche. Wir essen heute also im Warmen unser Abendbrot – hervorragend! Danach suchen wir den Trockenraum auf, um unsere nassen Sachen zu trocknen und die Informationen bzgl. Galdhøppigen zu erhaschen. Morgen werden leider keine geführte Touren über den Gletscher Svellnosbreen und auf den Gipfel stattfinden, das Wetter ist auch nur leidlich, nachmittags Regen. Wir kaufen eine Packung Kekse und überlegen auf einer Couch krümelnd hin und her, was wir nun machen.

Hochgehen und das Wetter riskieren? Oder sein lassen, man sieht vermutlich ohnehin nichts? Wir entscheiden morgen früh mal die Nase aus dem Zelt zu halten und den Himmel zu begutachten, allerdings glauben wir nicht daran, dass uns dabei die Sonne entgegen strahlen wird. Auf dem Rückweg zum Zelt regnet es noch mal kräftig und wir verziehen uns schnell in die warmen Schlafsäcke. Es soll noch die ganze Nacht durchregnen.

Enttäuschung am Galdhøppigen
5. Etappe: Spiterstulen bis Glitterheim

600 hm, 17 km

Das morgendliche Wetter schaut eher nicht nach einer Bergbesteigung des Galdhøppigen aus. Enttäuscht ziehen wir von dannen. Wir kehren dem Galdhøppigen den Rücken zu und gehen ein Stück auf der Mautstraße, die zur Hütte führt. Dann biegt ein Pfad ab, der sich schräg den Hang heraufwindet. Das Wetter wird indessen immer besser und genau über dem Galdhøppigen-Massiv reißen die Wolken auf und blauer Himmel kommt zum Vorschein. Was für eine Schmach! Die Enttäuschung darüber, dass der Tag vielleicht doch geeignet gewesen wäre, ist maßlos. Darauf brauche ich erst mal ein Snickers und versuche neue Motivation für den Weiterweg zu schöpfen, was mir nicht leichtfällt. Nach ein wenig Zuspruch von Alex gelingt es jedoch, und wir steigen weiter den Berg hoch, sehen sogar bald den schneebedeckten Gipfel des Galdhøppigen und lassen diesen hinter uns.

Die Route gabelt sich oben – ein Weg führt über den Glittertind, der nur unwesentlich niedriger als der Galdhøppigen ist, und der andere über den Talweg nach Glitterheim. Das Wetter verschlechtert sich eher, vor allem über dem Glittertind, unser Gepäck ist ohnehin zu viel, also gehen wir die Normalroute. Über das steinige Hochplateau Skautfluga geht es sanft aufwärts. Ringsherum türmen sich Felswände und Gletscher auf, unten schimmert ein See herrlich grün. Bei einem kleinen Wasserfall machen wir auf Halbzeit Mittagspause. Wir setzen uns in eine kleine windgeschützte Rinne und kochen ein wärmendes Süppchen.

Erst haben wir noch Sonne, aber der Wind pfeift uns kalt um die Ohren. Genau zum Ende der Suppe, beginnt es zu regnen und wir packen in Windeseile zusammen und gehen weiter. Es geht ein Stück bergauf, während es immer steiniger wird und der „Weg“ folgt einem schmalen Durchlass in einem kleinen Felskessel. Der Bergrücken des Ryggehø ragt fast senkreicht über uns auf.

Drei Seen gilt es zu passieren und dabei über riesige Felsblöcke zu balancieren. Die Wegführung ist wahnsinnig, die großen Steine türmen sich auf und wir bewegen uns vorsichtig von einem zum anderen. Als ob dem nicht reicht, setzt ein widerlicher Schneeregen ein und macht die Felsen zudem noch glitschig. Immer wieder mal rutschen wir ab, aber bis auf dass mein Fuß einmal im Wasser landet und ebenjenes hineinlässt sowie einem blauen Fleck am Hintern passiert uns nichts. Große Steine, kleine Steine, graue Steine, schwarze Steine, bemooste Steine, glitschige Steine, runde Steine, eckige Steine … Kurzum: Steine, so weit das Auge reicht.

Dann bessert sich der Weg endlich und wir können ins sonnenbeschienene Veodalen hinab blicken sowie gewaltige Endmoränen und die Gletscherzunge des Veobreen sehen. Steil geht’s nun berab, noch mal über Felsblöcke. Dem Fluss Veo folgen wir nun gemütlich auf einem Pfad langsam talwärts. Dann rückt die Hütte Glitterheim in Sicht und wir suchen uns etwa 1 km davor einen Zeltplatz am Fluss. Die Sonne scheint und wir genießen die Wärme und den Anblick des Tals in der goldenen Stunde.

 

Glitterheim bis Gjendesheim im Sonnenschein
6. Etappe: Glitterheim bis kurz vor Gjendesheim

25 km, ca. 500 hm

Der Morgen beginnt mit Sonnenschein. Das erste Mal friere ich nicht beim Zeltabbau. Wir laufen den letzten Kilometer zur Glitterheim Hütte. Der Weg ist schlammig und wir treffen auf einen Frosch. Ich habe mich schon gewundert, wo die feuchtigkeitsliebenden Tierchen in diesem Land bleiben. Über Planken geht’s die letzten Meter zur Hütte, wo wir kurz einkehren. Leider sind keine Waffeln erhältlich. Nach kurzer Wegfindungsschwierigkeit aufgrund irreführender Schilder erreichen wir die schwankende Hängebrücke über den Veo. Auf der anderen Seite geht es steil bergauf, bis wir auf einer Hochebene anlangen, wo es abermals über Geröllfelder geht. Auch Regen erfreut uns wieder. Mit Spielen versuchen wir uns bei Laune zu halten. Nun geht es sanfter bergauf.
Da das Wetter gar nicht mal mehr so schlecht aussieht, setzen wir uns zu einer Pause und beschließen Schokorosinen zu verdrücken. Bis ich diese endlich in den Weiten meines Rucksacks finde, setzt ein Schneeregen ein. Man kann sich unseren Gesichtsausdruck vorstellen. Für eine Handvoll Schokorosinen reicht es aber noch, bis wir die Flucht nach vorn antreten. Nun geht es abwärts. Geröll, Geröll, Geröll. Langsam geht das Geröll in weniger Geröll über und wir nähern uns langsam einem großen See. Über Kilometer fällt der Weg zum See hin ab. Das Wetter wird besser, aber eine Pause trauen wir uns nicht zu machen, da uns eine düstere Regenfront verfolgt. Wir laufen ihr erfolgreich davon, bis wir an einer ehemaligen Hängebrücke die Pause wagen.
Zum ersten Mal seit sechs Tagen genießen wir unsere Pause bei Sonnenschein und vertilgen ein Mittagessen. Wir liegen gemütlich in der Sonne und freuen uns. Dann aber beginnt es abermals zu tröpfeln und wir schreiten voran. Die Hängebrücke wäre äußerst nützlich gewesen, leider existiert von ihr nicht mehr viel. Wir laufen stromabwärts durch Geröll, um eine geeignete Stelle zum Queren zu finden. Der Fluss ist allerdings ganz schön mächtig und schnell. Mit weniger Wasser wäre er vielleicht leichter zu queren, denn viel Gestein findet sich im Fluss. Nach einer Weile finden wir eine annehmbare Stelle und versuchen unser Glück, kommen sogar trockenen Fußes auf der anderen Seite an. Wir stapfen durch wegloses buschiges Gelände, bis wir wieder auf den Weg treffen, der nun ans Seeufer führt und ordentlich matschig ist.
Die nächste Stunde laufen wir am Ufer des Russvatnets entlang, queren einige Steinstrände, die unter wärmeren Bedingungen zum Baden einladen würden. Kleine Mücken umschwärmen uns, aber wir kämpfen uns eisern voran. Am Ende des Sees finden sich einige Fischerhütten und eine Hängebrücke, dieses Mal intakt, die den Seeabfluss überbrückt.
Der letzte Anstieg führt uns hinauf zum See Bessvatnet, den wir schon am ersten Tag bei der Gratwanderung bewundert haben. Die Sonne scheint wieder und taucht die Hochebene in goldenes Licht. Nahe des Sees suchen wir uns eine Zeltstelle und treten unsere letzte Nacht in Jotunheimen an. Wir haben noch etwa vier Kilometer vor uns, die wir morgen in aller Frühe absolvieren werden (zur Abwechslung mal früh aufstehen, ob das klappt?), um den Bus um 9:40 Uhr Richtung Bergen zu bekommen.

Abschied von den Gletschern
7. Etappe: Bis Gjendesheim

4 km

Der Jotunheimen Nationalpark entlässt uns genauso, wie er uns vor sechs Tagen empfangen hieß: Trüb und verregnet. Wir steigen die letzten vier Kilometer bergab Richtung Gjendesheim. Die Morgenstimmung ist ruhig und wir können Bessheim und die umgebenden Seen und Bergwelten sehen, bis der Regen uns einholt. Bald gelangen wir wieder auf die Aufstiegsroute der ersten Etappe zum Besseggengrat und so schließt sich der Kreis unserer großen Rundtour durch den Jotunheimen Nationalpark. Schön war es, wenn auch oft kalt und unwirtlich. Aber das macht es eben auch abenteuerlich.

Von sechs Tagen hatten wir drei gute mit Sonne und drei schlechte, das ist ja gar nicht mal so schlecht. Ich würde sagen: Eine sehr skandinavische Erfahrung. Leider haben wir keinen Berg bestiegen, aber die Tour ist auch so anspruchsvoll, mit ihren vielen langen Etappen und ca. 3.700 hm. Am anstrengendsten ist jedoch das wechselhafte und unangenehme Wetter, dem man beim Zelten und Wandern immerfort ausgesetzt ist. Die Wege sind selten einfach – von Kraxeleien, über Geröll bis zu überfluteten und schlammigen Pfaden. Den Galdhøppigen müssen wir allerdings noch irgendwann einmal nachholen!

Nun sitzen wir im Kiosk in Gjendesheim, essen Waffeln mit Marmelade, trinken heiße Schokolade, schreiben Postkarten und warten auf den Bus.

Trekkingtour Jotunheimen
Gehzeit: sechs bis neun Tage
Länge: ca. 100 km
Gesamtanstieg: ca. 3.280 hm
Übernachtungsmöglichkeiten: Eigenes Zelt oder Hütten
Schwierigkeit: Medium bis Schwer

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    Die Weltwanderin

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    Annika

    Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeuten Wandern und Reisen für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt

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