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Te Araroa: 13. In den Nelson Lakes Nationalpark – Boyle Village bis St Arnaud

Wir folgen dem St James Walkway bis zum Waiau River. Vor uns liegen gleich zwei hohe Pässe. Der Waiau Pass bringt uns in den Nelson Lakes Nationalpark und eröffnet uns die schönsten Ausblicke auf die Berglandschaft um uns herum. Am Travers Saddle bringen wir uns ordentlich in Schwierigkeiten und das erste Mal muss ich ein Notsignal abgeben. Ein Schneesturm deckt die Landschaft innerhalb weniger Stunden völlig zu.

48. Tag: Dem Boyle River folgend – Boyle Village bis Boyle Flat Hut

14,5km / 4h / 435hm

Die Sonne lockt heute, aber so richtig in Gang komme ich nicht. Es gibt Tage an denen jeder Schritt Anstrengung ist und Tage an denen die Kilometer dahin fliegen. Heute ist einer der ersteren für mich. Zwar hat sich meine Kondition sehr gesteigert indem ich nun über 25km laufen kann ohne Fußschmerzen zu bekommen, aber Anstiege machen mir noch immer zu schaffen.

Ganz im Gegenteil zu Bengt, der die Hänge nur so hinauf zu fliegen scheint. Die flachen Stücke sind kein Problem, aber heute geht es immer mal wieder hinauf um kurz darauf wieder abzusteigen.

Hängebrücken führen uns heute über die Flüsse und sonst gibt es nur kleinere Flüsse zu queren über die man auf Steinen hüpfen kann, sodass unsere Füße heute relativ trocken bleiben. Nur ein paar Matschstellen feuchten meine durchlöcherten Schuhe an. Den ganzen Tag folgen wir dem St James Walkway, der neben dem Boyle River verläuft. Wir gelangen in offenes Gelände und schon sehen bald die Boyle Hütte in der Ferne, worüber ich heute sehr froh bin. Zu allem Überfluss habe ich einen Riss in meiner Trinkblase entdeckt und der halbe Inhalt derselben hat sich in meinem Rucksack geleert.

Obwohl es noch recht früh am Tag ist, bleiben wir also hier. Denn zum einen sind es sechs Stunden zur nächsten Hütte und zum anderen brauche ich die Sonne um meine nass gewordene Sachen zu trocknen. Während ich meine Sachen vor der Hütte ausbreite beißen mich einige Sanfliegen. Ich glaube in den letzten drei Tagen haben mich mehr Sandfliegen gebissen als ich den knapp zwei Monaten zuvor zusammen gerechnet. Dementsprechend schnell flüchten ich mich trotz Sonnenschein in das Innere der Hütte.

Wir nehmen ein richtiges Mittagessen ein, da wir einiges an Essen von der letzten Etappe übrig haben, da wir schneller voran kamen als geplant. Vögel verfolgen uns, darunter die bekannten Fächerschwänze und zwei Langbeinschnäpper.

49. Tag: In der Schwitzhütte – Boyle Flat Hut to Rokeby Hut

4km / 1h / 97hm

Ich wache in der Nacht mit Übelkeitsgefühlen auf. Mir ist so schlecht, dass ich nicht mehr schlafen kann und ich muss mehrmals rausgehen um frische Luft zu schnappen. Schließlich lege ich mich in die Küche um die andere nicht zu stören. Plötzlich aber muss ich schnell hinauf um das Abendessen auszuspeien. Danach geht es mir erstmal besser.

Am Morgen ist mir trotzdem elend zu Mute. Ich schlafe ein wenig und dann geht es mir soweit wieder gut genug um starten zu können. Es lägen 17km zur nächsten Hütte vor uns, aber nach 4km kommt eine kleine Hütte in die wir einkehren können wenns doch nicht geht. Das Wetter heute ist ideal für die bevorstehende Passquerung, weshalb ich nicht widerstehen kann es zu versuchen.

Wir stapfen also los und erstmal tut mir die frische Luft tut. Dann aber wird mir schnell schlecht, was die nächste Stunde von ein bisschen schlecht bis sehr schlecht hin und her wechselt. Als wir eine Pause nahe der Rokeby Hut machen, besagter kleiner Hütte, stelle ich fest wie fertig ich bin. Mir ist kalt und alles tut mir weh. Wir bleiben also hier.

Während ich mich in den Schlafsack verkrümel und ausruhe, wobei mir noch immer kalt ist, bereitet Bengt eine Menge Holz vor um die Hütte warm zu bekommen. Irgendwann ist Sauna angesagt und ich werd langsam wärmer. Es ist fraglich wo ich mir das eingefangen habe. Da mein Magen offenbar betroffen ist, bleibt nur das Wasser. Ich bin unvorsichtig geworden und habe die letzten Tage das Wasser nicht mehr gechlort – im Gegensatz zu Bengt, dass es gut geht.

Ich habe das Wasser am DOC Zeltplatz in Boyle in Verdacht, auch wenn ich von dem nicht allzu viel getrunken habe, da meine Trinkblase kaputt war. Keiner weiß es so genau, aber ich nehme vorsichtshalber Antibiotika ein, was dieses Problem schnell in den Griff bekommen sollte. Abends fühle ich mich soweit wieder hergestellt aufstehen zu können und etwas zu mir zu nehmen, was auch drin bleibt.

50. Tag: Ins Waiau Valley – Rokeby Hut bis zum Camp am Waiau River

28km / 6,75h / 504hm

Am nächsten Morgen geht es mir wieder gut und ich fühle mich fit genug für den Weiterweg. Pünktlich als wir unsere kleine Schwitzhütte verlassen, fängt es an zu regnen. Dieser währt jedoch nicht lange und kurz danach werden wir mit blauem Himmel verwöhnt. Ein Regenbogen hängt über den Bäumen auf der anderen Seite und färbt sie bunt ein.

Wir folgen weiterhin dem Boyle River durch Wald- und Wiesengelände bis wir ein kurzes Stück hinauf zum Anne Saddle (1.136m) steigen, der mitten im Wald ist und somit keinerlei Aussicht bietet. Die Landschaft danach öffnet sich nun immer weiter und durch Wiesengelände und einmal durch den Fluss watend, erreichen wir die große Anne Hut.

Von Weitem sieht sie aus wie eine Almhütte und halb erwarte ich dort Radler, Kaspressknödel und Kaiserschmarrn bestellen zu können. Leider gibt es nichts dergleichen, aber ein schönes Bergpanorama und eine Mittagspause vor der Hütte – Wraps mit Käse statt Kaspressknödel mit Kraut.

Es ist noch früh am Tag und wir beschließen noch etwas weiter in die Richtung der 25km entfernten Waiau Hut zu gehen um auf dem Weg irgendwo zu zelten. Das Gelände öffnet sich nun weit und ein fantastisches Bergpanorama begleitet uns während wir auf ebenen Weg durch ein Flusstal marschieren. Bald trennen wir uns vom St James Walkway und biegen auf den Waiau Pass Track ab. Wir schaffen es noch weitere 14km zu gehen bevor wir uns in Flussnähe einen Zeltplatz suchen und uns für die Nacht einzurichten, zusammen mit hunderten von Sandfliegen.

51. Tag Dem Waiau River folgend – Camp am Waiau River bis Upper Waiau Forks

21,5km / 6h / 416hm

Die Nacht war zapfig und erfüllt vom Geschnatter der Enten am Fluss. Morgens regnet es zwar ein bisschen, lässt aber schnell nach. Wir starten etwas später, da nur 20km vor uns liegen. Weiter lohnt es sich nicht zu gehen, da dann der Pass vor uns liegt und wir dafür morgen veranschlagt haben. Der Weg ist leicht zu gehen durch Wiesengelände und gelegentlich durch einen Fluss. Schließlich wandern wir ein Paar Stücke durch den Wald, die ein wenig auf und ab erfordern.

Ein paar Gänse schrecken wir auf, die schnatternd davon fliegen. Wir erreichen die Waiau Hut, wo wir Mittagspause machen. Auch hier wüten die Sandfliegen, aber ein herein kommendes älteres Paar ermutigt uns, dass es am geplanten Campingplatz keine geben soll. Vielleicht ist es ihnen zu hoch? Oder zu kalt?

Sobald sich die Sonne blicken lässt machen wir uns wieder auf den Weg. Leider fängt es trotzdem bald an zu regnen. Da wir nun des Öfteren im Wald verschwinden ist das kein Problem. Wir erreichen die kleine Caroline Biwakhütte und überlegen kurz diese zu unserem heutigen Zuhause zu erklären, gehen dann aber doch weiter.

Die Berge verengen sich zunehmend. Das Gelände wird nun felsiger und der Weg führt uns gelegentlich durch den eiskalten Fluss und sein Flussbett. Dann gilt es über Geröll und Felsen an den Bergflanken zu kraxeln, was gar nicht Mal so einfach ist, da sie vom Regen rutschig sind. So kommen wir nur langsam voran während wir uns vorsichtig durch die Steine wühlen.

Eine letzte Flussüberquerung bringt uns dann zum Zeltplatz, der einzigen flachen geeigneten Fläche weit und breit. Noch immer regnet es und mir ist inzwischen gehörig kalt geworden. Mit kalten Fingern bauen wir das Zelt auf um möglichst schnell im wärmenden Schlafsack zu verschwinden. Aber tatsächlich: Keine Sandfliegen! Trotzdem ist es zu kalt und zu nass um sich draußen aufzuhalten. Wir hoffen sehr auf Besserung bis morgen, denn sonst könnten wir nicht zum felsigen Pass aufsteigen und hingen erstmal hier fest.


52. Tag: Über den Waiau Pass – Upper Waiau Forks bis West Sabine Hut

16km / 7h / 1.032hm

Tatsächlich ist das Glück auf unserer Seite und der Himmel ist blau als wir den ersten Blick aus dem Zelt wagen. Perfekte Bedingungen für den Pass. Wir verpacken unser nasses Zelt und machen uns auf den Weg. Der fackelt auch nicht lange um uns schnell nach dem Zeltplatz steil hinauf zu führen. Der Waiau River ergießt sich in zahlreiche Wasserfälle, die neben uns hinab rauschen.

Nun ist es ein Stück erholsam flach bis es ernst wird. Immer steiniger wird der Aufstieg je höher wir kommen bis wir sogar ein paar Kraxelstellen im I. Grad überwinden müssen. Die meiste Zeit ist es aber ohne Handeinsatz möglich hinaufzusteigen, wenn auch steil. Belohnt werden wir mit einer wunderschönen Aussicht in das Tal durch das wir gestern kamen und die uns umgebende Bergwelt.

Nun ist es nicht mehr weit zum Pass und das Gelände wird wieder einfacher. Über Schotterfelder erreichen wir den zugigen Pass auf 1.870m. Von hier haben wir Blick ins nächste Tal und somit auf den vom Sonnenlicht glänzenden Lake Constance. Hier betreten wir nun den wunderschönen Nelson Lakes Nationalpark.

Nicht lange nachdem wir den Abstieg auf der anderen Seite beginnen zieht es zu und das war’s dann für heute mit der Sonne. Das Gelände ist hier weniger felsig und wir müssen nur durch Schotter absteigen was wesentlich angenehmer ist als Felsen hinunterzuklettern. Aber auch das dauert eine ganze Weile, denn es ist nicht die Art Schotter in dem man leicht nach unten gleiten kann, sondern die Art bei der man jeden Schritt vorsichtig setzen muss. Ändert nichts daran, dass ich mich trotzdem ein paar mal auf den Hintern lege.

Unten geht es ein Stück flach bis zum See und am See entlang, wo wir endlich etwas schneller vorankommen. Lange hält das jedoch nicht an, denn wir müssen nun wieder steil hinauf um eine felsige Klippe zu umgehen, die direkt in den See fällt und somit keinen Weg unten vorbei zulässt. Schnaufend kraxeln wir hinauf und genießen den Blick auf den See unter uns. Dann steigen wir hinunter zur Moräne, die wie ein Damm hinter dem See thront.

Von hier geht es nun wieder steil hinab bis hinein in den Wald, wo es weiter steil über Steine und Wurzeln geht bis wir endlich die Höhe des Blue Lakes erreichen, der seinem Namen alle Ehre macht mit seinem klaren blauen Wasser dem man bis auf den Grund schauen kann.

Zeit den See zu erkunden bleibt uns allerdings nicht, denn in der Blue Lake Hut hängt ein Wetterbericht, der nichts Gutes verheißt. Ab übermorgen Schnee bis hinunter auf 800m. Wir wollen also möglichst weit hinab und die nächste Hütte ist nur 3h von hier entfernt. Nach einer Mittagspause machen wir uns also wieder auf den Weg.

Leider endet der heutige Tag so wie der gestrige: Im Regen über Felsen laufend. Meist führt der Weg im Wald, aber über zig Geröllhänge, die von vergangenen Lawinen erzählen, die das Vorankommen erschweren. Auch im Wald versperren viele Felsen, Wurzeln und Bäume der Weg. Nur selten kommen wir schnell voran, meist ist es eher ein Vorantasten. Meine durchlöcherte Schuhe bleiben auch ständig hängen und einmal haut es mich sogar auf die Nase – zum Glück im Gras statt auf Felsen.

Nach drei Stunden erreichen wir die West Sabine Hut in der der Ofen bereits brennt. Allerdings verkündet der hier ausliegende Wetterbericht noch mehr Unheil. Schon morgen Schnee auf bis zu 500m, außerdem Regen. Es gibt jedoch noch eine Alternative. Statt über den 1.780m hohen Travers Saddle können wir zur Sabine Hut absteigen und von dort bis St. Arnaud in niedrigeren Gefilden gelangen. Wir trinken Kakao und machen Abendessen während es dunkel wird. 18:30 ist es nun schon dunkel, der Winter naht!

53. Tag: Der Schneesturm – West Sabine Hut bis Upper Travers Hut

8,4km / ??h / 1.137hm

Die dümmste Entscheidung überhaupt war es auf diesen Sattel zu gehen. Das Wetter am Morgen sieht gut aus, Schnee liegt und weit oben und es ist nicht besonders kalt. Wir entscheiden uns also für den Weg auf den Travers Saddle, denn wir rechnen höchstens mit ein wenig nassem Schneefall ähnlich wie am Clent Hill Saddle bereits erlebt. Als wir die ersten Paar hundert Höhenmeter im Wald hinter uns haben, beginnt es zu schneien. Erst langsam, kaum der Rede wert und nicht liegen bleibend, dann immer stärker bis er sich auch am Waldboden sammelt.

Wir erwägen kurz umzukehren, entscheiden uns aber blöderweise dagegen. Im Wald sind noch verhältnismäßig gut geschützt, aber die letzten 400hm verlaufen oberhalb der Baumgrenze. Hier liegt dick der Schnee, immer wieder sinken wir im frischen Tiefschnee ein. Es geht wahnsinnig schnell, dass sich an manchen Stellen bis zu einem Meter Schnee auftürmt. Das Vorankommen ist mühsam und ich habe das denkbar ungeeigneteste Schuhwerk für diese Bedingungen an: Trailrunner mit riesigen Löchern. Der Schnee klumpt fest an Schuhen und Hosenbeine und meine Handschuhe frieren ein.

Das unangenehmste sind die Windböen, die stärker werden je höher wir kommen. Immer wieder wehen sie uns Schnee ins Gesicht und drohen uns umzuwerfen. Es bleibt uns nur den Rücken gegen den Wind zu drehen, stabilen Stand zu finden und zu warten bis sie vorüber sind. Ich verfluche unsere Entscheidung, wir hätten so schön tief zur Sabine Hut laufen können. Meine Füße und Hände sind kalt und langsam folgt auch der Rest des Körpers. Wir müssen hin und wieder stehen bleiben um unsere Hände zu verstecken um sie wieder etwas aufzutauen. Mein Wanderpartner stapft durch den tiefen Schnee voran und versinkt dabei immer wieder bis zur Hüfte im Schnee. Wir haben viel zu wenig an, aber mehr anziehen bedeutet stehen bleiben und erstmal ausziehen um weitere Schichten anzulegen. Das will keiner von uns. Wie der Abstieg auf der anderen Seite aussieht wissen wir ebenfalls nicht.

Fast oben am Sattel weiß ich, dass wir einen Schutz brauchen und warm werden müssen. An einer einigermaßen ebenen Stelle versuchen wir das Zelt aufzubauen, was kaum möglich in dem starken Wind ist. Meine Finger sind nicht mehr zu brauchen, sie sind reine Eisblöcke. Ich sitze also nur auf dem Zelt und sorge dafür, dass es nicht wegfliegt während Bengt die Zeltstäbe hineinzieht und versucht die Heringe in den Schnee zu bekommen. Letzteres scheitert, da sie der Wind immer wieder ausreißt. Das Zelt hält aber trotzdem mit nur drei Heringen und wir finden darin den erhofften Schutz vor dem Wind und der eisigen Kälte, die er mitbringt.

Ich tue etwas wovon ich gehofft habe es niemals tun zu müssen: Ich drücke den Notfallknopf an meinem Spot. Das Zelt ist voller Schnee und immer wieder treibt der Wind neuen hinein und drückt uns das Zelt gegen die Körper. Aber das Zelt hält, trotz fehlender Abspannung, den Böen stand.

So schnell es die Kälte uns erlaubt entledigen uns nasser Socken und Schuhe und fummeln mit tauben Fingern Schlafsack und Isomatte hervor. Dann gilt es wieder warm zu werden. Wir drücken uns eng aneinander und langsam wird uns wärmer. Erst tauen die Hände auf, später die Füße. Als es uns langsam besser geht schmieden wir einen Plan. Uns wird so schnell keiner helfen können bei dem Wetter, wir müssen uns also selbst helfen. Die ersten Schritte sind schon getan: Schutz suchen und aufwärmen so gut es geht.

Wir essen einen Haufen Riegel um unseren Körpern Energie zuzuführen und gehen alle notwendigen Schritte und Herausforderungen durch. Wir schaufeln den Schnee so gut es geht aus dem Zelt, ziehen alles an was wir haben, packen alles außer Isomatte und Schlafsack zusammen, tauen unsere Handschuhe im Schlafsack auf. Wir ziehen unsre Eisklumpen gleichenden Schuhe wieder wieder an, was gar nicht mal so einfach ist, da sie hart gefroren sind.

Zwischen den Schritten wärmen wir uns immer wieder auf. Schließlich fühlen wir uns bereit. Bengt geht hinaus, reicht mir die Wanderstöcke und ich mache zwei davon am Rucksack fest, damit jeder nur noch einen Stock hat um jeweils die andere Hand wärmen zu können. Dann löst er die Zeltstangen heraus, die ich innen drin einpacke und gleichzeitig dafür sorge, dass nichts davon geweht werden kann. Als alles abgebaut ist, packe ich den Rest ein und gebe ich die Rucksäcke nach draußen. Schnell knödeln wir das Zelt zusammen und stopfen es in meinen Rucksack — Abmarsch. Soweit hat alles gut geklappt. Wir stapfen die letzten Meter zum Sattel und dann geht’s hinunter.

Noch immer wütet der Wind, aber wir sind jetzt besser vorbereitet. Der Abstieg ist erst seicht und wir kommen besser voran als gedacht. Auch Händen und Füßen geht es den Umständen entsprechend gut. Tapfer kämpfen wir uns durch den tiefen Schnee voran. Hin und wieder gebieten uns vereiste Geröllfelder Einhalt und wir marschieren vorsichtig voran. Das alles dauert natürlich lange, keine Ahnung wie lange. Aber irgendwann erscheint wieder Vegetation und bald darauf auch die Hütte am Waldrand. Wir sind in Sicherheit!

Erleichtert beziehen wir die leere Hütte und machen Feuer, wärmen uns, trinken heiße Schokolade. Alles nochmal gut gegangen. Das dümmste war sich überhaupt in diese Situation zu begeben, aber als wir dann drin waren konnten wir einen klaren Kopf behalten (wenn auch abwechselnd) und gemeinsam richtig gehandelt. Ich hoffe nur, dass keiner nach uns sucht. Den SOS Funk habe ich abgebrochen nachdem wir einen Plan hatten und wieder warm werden. Keiner ist verletzt, alle Gliedmaßen sind noch dran, nur ein paar Heringe haben wir verloren. Unter diesen Umständen eine gute Bilanz.

54. Tag: Raus aus dem Schnee – Upper Travers Hut bis Lakehead Hut

20km / 3,5h / 134hm

Morgens um zehn umkreist ein Hubschrauber das Gebiet und landet schließlich an der Hütte. Es ist das Rettungsteam. Sie haben zwar meine Deaktivierung des Notsignals bekommen, kamen aber trotzdem zur Überprüfung. Wie schon vermutet konnten sie gestern nicht fliegen, haben das Signal aber erhalten. Offenbar funktioniert das System schonmal. Wir alle sind froh, dass alles ok ist und ich erkläre was gestern los war. Sie sind sehr nett und verständnisvoll. Schließlich ziehen sie wieder von dannen. Offenbar waren wir auch nicht der einzige Grund für ihr Erscheinen, denn weiter unten hat sich jemand den Fuß verdreht und wartet an der Hütte auf Abholung. Das ist immerhin beruhigend.

Wir wappnen uns für den Schnee. Es schneit noch immer vor sich hin, mal mehr mal weniger. Tatsächlich wird es aber schnell weniger je tiefer wir kommen und auf etwa 1.000m liegt gar kein Schnee mehr und wir kommen gut voran. Am schönsten ist es, dass es auch immer wärmer wird. Wir erreichen nach etwa zwei Stunden die John Trait Hut, die muckelig warm ist. Wir verspeisen nur einen Riegel zum Mittagessen und ziehen dann weiter.

Der Weg führt uns abwechselnd durch Wald und Wiesengelände. Im Wald geht es wie üblich auf und ab und Steine, Bäume und Pfützen sind wie immer Teil des Wegs, weshalb wir mal schneller und mal weniger schnell voran kommen. Nach weiteren 3,5 Stunden erreichen wir die Lakehead Hut und können Lake Rotoiti bereits sehen.

Auch das Wetter wird immer besser je weiter wir raus den Bergen kommen und schließlich lässt sich sogar blauer Himmel blicken. Die Hütte ist warm und einige Leute sind bereits hier. Ich freue mich darauf draußen zu sein und auf eine Dusche. Wir stinken wie eine Horde Orks.

55. Tag: Zurück in die Zivilisation – Lakehead Hut bis St. Arnaud

11,5km / 2,5h / 134hm

Das Wetter ist heute etwas freundlicher als die zwei vergangenen Tage und wir haben nur einen kurzen Weg bis nach St. Arnaud und somit in die Zivilisation vor uns. Dieser führt uns vornehmlich durch Wald am Lake Rotoiti entlang auf das wir immer wieder blicken können.

Nach zwei Stunden erreichen wir die Kerr Bay von wo aus wir die Straße entlang ins Dorf laufen. Beim DOC VIsitor Centre holen wir unsere Paket ab und begeben uns dann zur Alpine Lodge, wo es ein Mittagsmenü gibt. Ich esse eine dicke fette Nacho Pizza und nehme Kontakt zu meiner Mutter und Partner auf, die von der Bundeswehr wegen des Notfallsignals kontaktiert wurden und sich große Sorgen gemacht haben.

Erstmal weiß ja keiner was los ist: Von Fuß umschnackeln bis in eine Schlucht stürzen kann ja alles sein und es schwer nicht an das Schlimmste zu denken. Sie wurden aber bereits informiert, dass wir wohlbehalten aufgefunden wurden. Die Kette und der Knopf funktionieren also.

Dann wollen wir nach Nelson hitchen, denn die nächste Sektion die Richmond Ranges – sind ebenfalls in den Bergen und fernab der Zivilisation. Da das Wetter die nächste Zeit keine Besserung bereit hält werden wir diese Sektion also leider auslassen. Auf keinen Fall wollen wir sowas nochmal erleben und von Nelson aus weitermachen.

Der Verkehr in St. Arnaud ist allerdings spärlich, aber ein junger Mann bringt uns bis an die Abzweigung nach Nelson wo wir dann auf ein Auto warten, das uns mitnimmt. Es handelt sich jedoch um eine Nebenstraße und nur alle fünf Minuten kommt mal ein Auto vorbei. Nach einer halben Stunde hält jedoch jemand für uns an und wir fahren mit zwei jungen Myanmarern und Rapmusik nach Nelson.

Dort gibt es die ersehnte und überfällige Dusche und ein reichhaltiges Abendmahl. Außerdem ist es hier an der Küste deutlich wärmer als oben in den Bergen, herrlich! Wir feiern über 1.000km Fußmarsch und das Überleben mit einem großen Krug meines Lieblingsciders.

Zero Day in Nelson

Den heutigen Tag verbringen wir damit uns von den Strapazen der letzten Tage zu erholen und ein paar mangelhafte Ausrüstungsgegenstände zu ersetzen. Ich bekomme zwar nicht die gleichen Schuhe, die ich vorher hatte, aber nehme das nächstbeste. Ich kann mit den Schuhen wirklich nicht mehr weitermachen. Außerdem gibt’s eine neue Trinkblase und Merinounterhose, denn auch die hat Löcher.

Am Nachmittag besuchen wir noch die National Geographic Ausstellung der 50 besten National Geographic Fotos. Das Museum hat ziemlich coole Souvenirs und ich kann nicht widerstehen etwas mitzunehmen. Abends gehen wir dann zu einem koreanischen Imbiss und ich vertilge gleich zwei Bibimbaps und Dumplings.

Hier geht’s zum 14. Teil – Nelson bis Havelock

Te Araroa: 15. Queen Charlotte Track – Havelock bis Ship Cove

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Die Weltwanderin

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Annika

Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeuten Wandern und Reisen für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt

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