Suche
Close this search box.
Suche
Close this search box.

Neuseeland: Start ins große Abenteuer des Auslandssemesters

Für ein Semester studiere ich an der Unitec in Auckland, vorwiegend Fotografie und Design. Ich habe mich für das Land am anderen Ende der Welt entschieden, eben weil es so weit weg von Deutschland ist. Wenn schon, denn schon, oder?

Es gibt eine Stelle in Herr der Ringe in der Samweis Gamdschie zu seinem Herrn Frodo sagt: „Wenn ich noch einen Schritt mache, bin ich soweit von zu Hause fort wie noch nie zu vor“. Dieser Dialogauszug ist bezeichnend für diese Reise, denn weiter von zu Hause entfernt als Neuseeland kann man gar nicht sein. Bohre man ein Loch durch den Erdmittelpunkt, so käme man direkt im Meer neben Neuseeland heraus. Ganze 23.500 km trennen einen von der Heimat.

Anreise nach Neuseeland

Die große Reise beginnt in Berlin. Schwerer Abschied und das Fließen des einen oder anderen Tränchens. Denn trotz Freude auf die neue Heimat gibt es einige Menschen, die ich nur sehr ungern zurücklasse. Vom Flugzeug aus kann ich winkende Hände ausmachen.

Letzte wehmütige Gedanken an die Liebsten und schon eine Stunde später heißt uns der riesengroße Flughafen von Frankfurt willkommen. Nun gilt es Zeit totzuschlagen und davon jede Menge. Den Flugzeugen beim Starten und landen im Minutentakt zusehen, sich orientieren, anstellen und vor allem: Warten. Der Flughafen ist wirklich überwältigend groß und modern.

Nach acht Stunden ist das Flugzeug, das uns nun nach Singapur bringen soll und somit Deutschland endgültig verlassen lässt, startbereit. Der große Schritt lässt aber noch auf sich warten, denn als wir endlich einchecken und das Flugzeug betreten können, müssen wir dieses aufgrund technischer Probleme mit der Klimaanlage wieder verlassen. Es folgen zwei weitere Stunden Warten und erstes Wegnicken. Nach einer weiteren Stunde erhebt sich die große Boeing 747 endlich in die Lüfte und die müden Augen schließen sich nach dem Abendessen für eine Weile. Das Angebot an Unterhaltung übertrifft meine Erwartungen. Jeder Sitz hat einen eigenen Monitor und man kann zwischen diversen Filmen, Musik und sogar Spielen wählen.

Bei dem Blick aus dem Fenster entdecke ich vor allem Wolken und viel viel Wasser. Später erscheinen kleine Inseln, wir fliegen über Indien und schon erreichen wir Singapur. Aufgrund der Verspätung muss nun alles schnell gehen. Sachen schnappen, raus aus dem Flugzeug, Boardkarte nicht finden können, zum Schalter, neue geben lassen, durch die x-te Sicherheitskontrolle dieses Tages schreiten, alte Boardkarte doch wieder finden.

Nun sitze ich wieder im Flieger und genieße die Aussicht beim Start. Es ist dunkel und ich sehe viele blinkende Lichter dieser großen Stadt, den Hafen und viele leuchtende Schiffe. Essen gibt es auch schon wieder. Ich frage sich wo ich das alles hinessen soll, denn zusätzlich zu den Mahlzeiten wird der Passagier mit Snacks, heißer Schokolade mit Marshmallows und anderem versorgt. Auch ein sogenanntes „Comfort Pack“ darf nicht fehlen, das eine Schlafmaske, eine Minizahnbürste sowie ein Schlüsselband umfasst. Viel Zeit zum Nachdenken folgt nun. Allzu viel Zeit in der ich mich fragen konnte, was ich da eigentlich im Begriff bin zu tun, hatte ich bisher nicht. Anreise und Studienaufenthalt wurde von mir zwar viele Monate zuvor geplant, aber die Bedeutung dessen wird mir wohl erst noch bewusst. Die Bedeutung dieses großen Schritts ans andere Ende dieser Welt. Auf nach Sydney und schauen was der nächste Haltepunkt bereithält!

Während der folgenden Stunden ist es Nacht und bis auf ein paar funkelnde Sterne ist nichts zu sehen. Dann geht die Sonne auf und gibt einen herrlichen Ausblick auf Australien frei. Der Landeanflug – und somit die letzte Etappe – beginnt. Erst viel Sand und Wasser ist dort unten zu sehen, dann viele Berge und Wolken, die sich umeinander ranken. Viele Bäume und die Sonne taucht die Gipfel der Berge in ein warmes Rot. Das macht richtig Lust auf Australien!

Dann erscheint Sydney. Was für eine riesige Stadt! Sie will gar nicht mehr aufhören, ich bin völlig überwältigt von dem Anblick.

Wir haben einen herrlichen Ausblick auf die Sonne, die über dem Meer aufgeht, wir fliegen eine Schleife über das Meer und zurück auf das Festland. So genießen wir einen schönen Überblick über die Küste Australiens und auf Wellen, die sich ans Ufer ergießen.

Der Anschlussflug in Sydney ist aufgrund der vorherigen Verspätung in Frankfurt weg, doch wir werden auf einen anderen Flug umgebucht. Es heißt wieder Warten, kurz Frischmachen und dann geht es weiter. Nach knapp drei Stunden setzt der Flieger auf neuseeländischem Boden auf und nach scharfen Sicherheitskontrollen in Neuseeland stehe ich endlich draußen.

Eine SMS nach Deutschland um mitzuteilen, dass wir heil angekommen sind, später, beginnt es schon zu dämmern und die Suche nach dem Bus, der uns nach Downtown transportieren soll, erweist sich als schwieriger als gedacht. Schön ist der Ausblick auf die ersten Palmen am Straßenrand. Ich liebe Städte mit Palmen! Es ist eben so ein völlig anderes Bild, das sich mir hier erschließt.

Wir finden den Bus und holen Erkundigungen nach einem Hostel ein. Der „AirBus“ kostet 15$ und fährt nach Downtown. Setzen und erstmal die Augen schließen bis wir in Downtown sind. Wir treffen auf einige andere, die das gleiche Hostel suchen und es ist schnell gefunden. Im Nachhinein betrachtet, finde ich es ganz schön unbedacht von mir ohne eine Hostelbuchung oder auch nur Informationen wo sich überhaupt eins befindet, nach Neuseeland zu fliegen. Aber es fügt sich eben doch alles irgendwie von selbst. Erster Eindruck von Auckland ist vor allem laut. Mittlerweile ist es völlig dunkel und es ist nur noch Einchecken und ganz schnell schlafen angesagt. Ich bin total kaputt und schlafe sofort und in voller Montur ein. An Essen denke ich auch nicht mehr.

 

Der erste Tag im Auslandssemester

Erster Tag an der Unitec. Um 9 Uhr ist Treffen im International Office und wir gehen zur Begrüßung. Dort findet eine Maori-Begrüßung statt, die den Namen „Powhiri“ trägt. Gesang, Tanz und eine Art Gebet. Begrüßende Worte des International Staff und des Leiters der Uni, das ganze Trara. Es gibt eine Kennenlernrunde mit den anderen internationalen Studierenden, danach Tee, Kaffee und Sandwiches.

Ich bin ein wenig müde, weil ich früh aufgestanden bin und mit der Orientierung zu kämpfen hatte. Das Bussystem hier ist absolut merkwürdig. Es gibt hier mehrere private Unternehmen, weswegen es keinen Gesamtüberblick über die Busse gibt, eine Karte wie ich es aus Deutschland gewohnt bin. Ich weiß also nie genau welchen Bus ich am besten nehmen sollte und von wo dieser fährt. Ich suche also ein bisschen und frage mich irgendwie durch. Ein weiteres Problem ist, dass die Bushaltestellen hier nicht angesagt oder angezeigt werden. Der Fahrgast muss selbst gucken wo er aussteigen muss. Es stehen auch in den meisten Fällen keine Haltestellennamen an den Straßen, sondern lediglich kleine Schilder auf denen in roter Schrift „Bus Stop“ steht. Als Fremder habe ich das schwer. Aber ein freundliches Fragen beim Busfahrer wirkt Wunder und ich habe somit den richtigen Weg auch gleich gefunden.

Viel laufen ist hier angesagt, das merke ich schon am ersten Tag. Der Campus ist sehr groß und dementsprechend bin ich nur am Rumlaufen. Aber schön ist er, der Campus. Sehr viel Grün und sehr gepflegt. Blauer und strahlender Himmel. Ich habe das Gefühl, dass die Farbe des Himmels hier von einem anderen Blau erfüllt ist als in Deutschland.

Unitec Campus

Unterkunftssorgen

Ich frage nach der Unterkunft im Residential Village, weil ich keine Antwort auf meine Bewerbung für das Studentenwohnheim auf dem Campus vom Accomodation Office erhalten habe. Ich werde also an die entsprechende Stelle verwiesen wohin ich wieder laufen muss und vor allem – erstmal finden! Nicht so einfach auf diesem großen Campus. Es ist völlig anders als in Deutschland. Hier gibt es auf dem Campus alles. Mehrere Cafés, Bankautomaten, Copy Center, Computerlabore, usw. Eigentlich braucht man gar nicht rausgehen. Ein kostenloser Shuttle Bus fährt auch alle 20 Minuten über den Campus, aber am Anfang hatte ich das noch nicht raus und ich bin immer gelaufen.

Angekommen im Accomodation Office stelle ich fest, dass eine Antwort mitsamt Vertrag schon vor einer Weile hätte rausgehen sollen. Meine E-Mail mit der Bewerbung kam zwar an, wurde aber nicht bearbeitet. Ich muss erst eine neue Bewerbung ausfüllen. Danach muss ich wieder zurück, weil ich einen weiteren Termin habe, in dem Informationen für Study Abroads vermittelt werden. Die Stundenpläne und weitere Daten sollen hier ausgegeben werden.

Meine Student ID Card muss auch erst noch fertig gestellt werden. Also muss ich mit Angelique, der Mitarbeiterin vom International Office, mitgehen. Ich bekomme meinen Stundenplan und im Büro von Angelique kläre ich noch ein paar offene Fragen. Angelique ist sehr freundlich und rät mir auch die E-Mail mit der damaligen Bewerbung für die Unterkunft noch mal an sie weiterzuleiten. Dann bekomme ich meine Student ID Card indem ich mich vor eine Kamera setze und sie binnen Sekunden in denen ich mich kaum gesetzt habe, schon ein furchtbar scheußliches Bild von mir aufnimmt, was für die nächsten Monate meine ID Card verunstalten wird.

Dann lege ich mich erstmal eine Stunde in die Sonne, die wirklich herrlich am frühen Nachmittag ist. Danach wieder ins Accomodation Office, Bewerbung abgeben. Dann eine Adresse von einem Mann erhalten, der ein Zimmer nicht weit von hier vermietet. Ein Telefongespräch später, ist ein Termin für eine Besichtigung am nächsten Morgen ausgemacht. Ich habe einige Probleme den Mann zu verstehen, da er einen merkwürdigen Dialekt spricht. Aber die Frau vom Accomodation Office steht mir sehr nett und hilfsbereit zur Seite.

Das Problem ist hier also nun wirklich nicht die Freundlichkeit der Leute, denn dies ist hier positiv anders als in Deutschland. Die Leute sind hier alle sehr warm und herzlich und immer hilfsbereit und geprägt von „no worries“. Ich habe das Gefühl alles läuft schief und kann mit dieser positiven Grundeinstellung zunächst nicht viel anfangen. Wie, keine Sorgen machen? Ich brauch doch ein Dach über den Kopf. Es braucht nur eine kurze Zeit in Neuseeland um sich diese positive Einstellung zu eigen zu machen und ebenfalls mit „no worries“ durchs Leben zu geben. Es macht alles so viel einfacher.

Ich bringe das WLAN noch in Gang und fahre zurück nach Downtown, allerdings nicht ohne einen langen Fußmarsch zum Bus hingelegt zu haben. Irgendwo in Downtown steige ich aus und falle müde ins Bett des Youth Hostels. Das war ein anstrengender erster Tag. An Essen und Duschen ist nicht zu denken, nur schlafen.

Schließlich bekomme ich doch noch einen Platz im Studentenwohnheim auf dem Campus der Unitec. Dabei fiel mir mein Traum der vergangenen Nacht ein. Ich erwachte darin in Deutschland und stellte fest, dass Neuseeland nur ein Traum, eine Illusion war und das war sehr erschreckend. Ich wollte doch noch so viel erleben! Dann wache ich hier auf und stelle fest, dass die Rückkehr nach Deutschland nur ein Traum war. Insgesamt lässt mich der Traum den Entschluss fassen die Zeit hier gefälligst zu genießen, solche Gelegenheiten bieten sich vielleicht nicht so oft im Leben. Ich habe nun also mehr als 10 Stunden geschlafen, aber so richtig ausgeschlafen fühle ich mich dennoch nicht. Ich sehe aus wie der lebendige Jetlag Beweis.

Auckland-Bustour für die internationalen Studenten

Am nächsten Tag nehme ich an einer Auckland-Bustour für die internationalen Studierenden teil. Und tatsächlich, ich sehe das erste Mal Schönes in bzw. um Auckland. Es geht über die Great North Road vorbei am Zoo und Western Springs auf den Motorway nach Downtown. Auf dem Weg durch Downtown fallen mir sofort Dunkin Donuts und Starbucks ins Auge. Wunderbare Aussichten! Es geht über die riesige und hohe Harbour Bridge von der aus man einen schönen Überblick auf Downtown hat, dann über Narrowneck und Cheltenham Beaches nach Devonport.

Dort entpuppt sich der North Head als wunderbarer Aussichtspunkt und wir haben nur 20 Minuten Zeit zum Knipsen. Die Sonne scheint aus voller Kraft und die Aussicht ist herrlich. Die Aussicht erstreckt sich über Downtown Auckland und vor allem – raus aufs Meer auf die umliegenden Inseln. Total schön. Wir wollen gar nicht mehr weg. Zwei andere Studierende können mit mir gar nicht ablassen von der Kamera und der Bus fährt ohne uns weiter. Wir müssen dann hinterherlaufen bis zum nächsten Stopp an einem Strand, an dem es Fish & Chips gibt. Möwen sitzen hier, die Gischt spritzt über das Ufer, alles ist perfekt.

Danach geht es zur Mission Bay und ich sammel meine ersten Neuseeland-Muscheln. Es gibt hier ganz andere Muscheln als in Deutschland – und viel größere. Ich stecke die Hand in den Pazifik und koste ein wenig Salzwasser. Mein erstes Pazifikwasser, ich bin ganz aus dem Häuschen. Ein wunderbarer Strand, der Lust auf ein bisschen Planschen macht. Dazu ist es jedoch noch zu kalt. Zumindest für mich, denn ein paar mutige Kiwis waren tatsächlich im Wasser. Diese Verrückten!

Wir haben hier nun Winter und die Kiwis laufen teilweise in Flip Flops und Miniröcken durch die Gegend während ich doch noch ziemlich friere und zumindest morgens noch mit Wintermantel durch die Gegend laufe. In der Nacht und morgens ist es doch noch sehr kalt, wohingegen es gegen Mittag richtig schön sonnig und warm ist und ich mich meiner Jacke entledigen kann. Hinzu kommt, dass der Standard der Isolierung der Häuser hier ein ganz anderer ist, quasi nicht vorhanden. Ich habe auch keine Heizung im Zimmer, lediglich eine Art Heizlüfter, der mehr einem Händetrockner ähnelt. Ich friere hier nachts irgendwie immer ein bisschen.

Am Abend gibt es dann eine Willkommens-Party im „Carrington’s“ auf dem Campus für die internationalen Studierenden. Ich stürze mich auf das Buffet, weil ich seit Tagen nichts Richtiges gegessen habe. Dabei unterhalte mich viel mit anderen Deutschen. Ich sehe auch ein paar meiner Mitbewohnerinnen und es stellt sich heraus, dass ich mit Norwegerinnen aus Oslo zusammen wohne. Eine weitere Mitbewohnerin kommt aus Peru.

Es gibt im Anschluss noch eine Party im Wohnheim mit großer Sauferei, aber dazu bin ich a) zu müde und b) nicht 23.500 km geflogen um mich hier zulaufen zu lassen. Die meisten sehen das jedoch anders. Heute habe ich zum Glück eine Decke und ich habe mein Zimmer schön geheizt.

Einkaufen in Auckland

Heute frühstücke ich das erste Mal richtig. Bezüglich des Einkaufens gibt es Probleme. Es soll jeden zweiten Samstag ein Shuttle Bus zum großen Pak’n’Save Supermarket fahren und diesen Samstag ist es wohl wieder soweit, aber keiner weiß wann dieser fährt. Wir laufen also etwa eine halbe Stunde zum Supermarkt. Leider im heftigen Regen.

Das Angebot überwältigt uns erst einmal. Nach schier endlosem Herumlaufen in dem riesigen Supermarkt, sind wir um 100$ ärmer, aber dafür reich an Nahrungsmitteln. Als wir aus dem Supermarkt kommen, dunkelt es schon. Wir haben drei Stunden darin zugebracht und brauchen eine weitere Stunde für den Rückweg. Wir stehen erst an der falschen Bushaltestelle, an der irgendwie kein Bus halten mag. Naja, das konfuse Bussystem in Auckland eben. Übrigens ist es auch üblich, dass man winken muss, damit ein Bus anhält. Fahrpläne finden sich auch nur an den wenigsten der Haltestellen und es kommt häufig vor, dass verschiedene Haltestellen den gleichen Namen tragen. Übrigens ist es hier üblich sich beim Ausstieg beim Busfahrer in Form eines „Thanks driver“ oder „Thank you for driving“ zu bedanken. Es regnet in Strömen und die Straße droht wegzuschwimmen. Das Wetter bietet heute keinen sehr schönen Tag.

Nach diesem Tag sehne ich mich nach einem Auto. Die meisten, die schon länger hier sind, haben schon eins. Zu Fuß habe ich mich langsam an den Linksverkehr gewöhnt, ich gucke jetzt schon in die richtige Richtung beim Überqueren der Straße und entgehe damit der Gefahr überfahren zu werden. Das Bussystem habe ich ja schon geschildert und gerade für’s Einkaufen war die Bustour heute wirklich eine Qual. Wir mussten einmal umsteigen und ewig warten und das mit schwerer Last. Wir werden uns demnächst wohl mal nach einem fahrbaren Untersatz umschauen.

Der Winter hier ist eigentlich mild, wie unser Frühling oder Herbst vielleicht. Allerdings recht regnerisch. Auch in der Wintersonne muss man sich übrigens schon mit Sonnencreme einschmieren und diese fängt erst mit Sonnenschutzfaktor 30 aufwärts an. Sommer beginnt hier ungefähr ab September und dann soll es richtig warm werden.

Mein Wohnheim

Um von einem Wohnheimkomplex zum anderen zu kommen laufe ich durch einen kleinen Wald, den wir den „Dschungel“ nennen. Es gibt einen kleinen Bach mit Brücke und tropischen Pflanzen. Viele Possums leben hier. Diese stellen eine Gefahr für das natürliche Gleichgewicht Neuseelands dar, da sie Schäden an den Pflanzen hinterlassen und andere Arten fressen, z.B. den Kiwi – einen flugunfähigen Vogel, der das Nationaltier Neuseelands ist, allerdings vom Aussterben bedroht. Von meinem Fenster aus habe ich Ausblick auf diesen Dschungel, das ist wirklich fantastisch. Und jedes Mal wenn ich aus der grauen Stadt nach Hause auf den grünen Campus fahre, kann ich durchatmen. Neben Possums leben hier auch eine Menge Häschen und Papageien.

Meine Erfahrungen an der Unitec Auckland

Als Designstudent war die Unitec Auckland die erste Wahl für mich. Diese Hochschule ist nicht nur renommiert im Bereich Design, sondern auch Fotografie. Fotografie konnte ich auf meiner Hochschule in Deutschland nur bedingt abdecken weshalb mich diese Richtung besonders interessiert hat. Ich habe gleich zwei Fotografiekurse belegt und noch einen Designkurs. Alle drei Kurse konnte ich in Deutschland von meiner Hochschule anerkennen lassen.

Im Studienalltag habe ich besonders das Miteinander geschätzt. Es gab deutlich mehr Interaktion untereinander durch Gespräche statt „Frontalunterricht“ wie an deutschen Hochschulen üblich. Das war vor allem durch kleine Gruppen möglich. Hier werden vor allem Gespräche geführt, in denen man miteinander interagiert und einiges mehr dabei lernt. Dadurch stand ich auch in sehr engem Kontakt sowohl zu meinen Mitstudenten als auch den Dozenten. Die Dozenten empfand ich als unglaublich inspirierend und sie haben mich weit über den normalen Umfang betreut und unterstützt.

Die Kurse gehen oft drei Stunden statt nur 90 Minuten.

Die Austattung der Unitec Auckland glänzt durch eine große Bibliothek, vielen Computerlabs mit Macs, die zu jeder Tages- und Nachtzeit nutzbar waren und der Möglichkeiten Kameras und Fotostudios auszuleihen.

Der Campus ist groß und grün und es gibt eigentlich einfach alles – von Cafés über Banken bis hin zu Läden für Studienbedarf. Mit der Student-ID-Card ist praktisch alles machbar: Von Kopieren über Drucken bis hin zum Ausleihen von Büchern – nur Busfahren nicht. Mit dem Studentenausweis kann man leider nicht kostenfrei oder günstiger mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren wie es in Deutschland üblich ist. Dafür gibt es einen kostenloses Shuttle-Bus für den großen Unitec Campus.

Die Wochenenden und der zweiwöchige Midsemesterbreak Ende September / Anfang Oktober sind ideal für die Erkundung der näheren Umgebung. Das ist einfach und günstig dank Backpacker Hostels, Campsites und einer im Verhältnis zu Deutschland günstigen Autoanschaffung. Ich habe für nur 500 NZD ein altes Auto erworben, das mich meine gesamte Zeit in Neuseeland begleitet hat.

In Neuseeland ist alles möglich – Wandern, Surfen, Kajakfahren, Segeln, Fallschirmspringen, Bungyjumping, Tauchen, Radfahren, Rugby, Rafting, Jet Boating, Skifahren, Sandboarding, Reiten und so vieles mehr.

Meine ganz persönlichen Eindrücke

Die ersten Wochen waren für mich nicht ganz einfach, da es sich bei meinem Auslandssemester tatsächlich um meine erste große Reise alleine gehandelt hat. Erst Neuseeland hat mich zu dem Reisejunkie und Outdoorliebhaber gemacht, der ich heute bin. Es war der Start einer ganz anderen, großen Reise, von der ich damals noch nichts ahnen konnte. Ich wollte so weit weg wie möglich, warum nicht ans andere Ende der Welt? 2007 erschien mir Neuseeland noch recht mystisch, die einzigen Eindrücke kannte ich aus den Herr der Ringe Filmen, die damals die Sehnsucht nach Neuseeland in aller Welt anfachte.

Es gab ein paar Startschwierigkeiten wie falsche Angaben in meinem Stundenplan, die Tatsache, dass ich keine Kreditkarte besaß und die Frage nach einem Wohnraum für mich stand noch in den Sternen. Die „don’t worry“ Mentalität und Antwort auf alles der Neuseeländer wollte so gar nicht zu meinem durchorganisierten Deutschsein passen. Wie sollte ich mir bitteschön keine Sorgen machen?!

Ich habe ein paar Wochen gebraucht um mich langsam einzuleben. Das Studium lief, ich wusste nun wo was ist und wie die alltäglichen Dinge funktionieren – wie Wäschewaschen oder Kopieren. Die großen Heimwehwellen haben sich gelegt und meine Stimmung hob sich proportional zur Aufenthaltsdauer. Mit der Zeit wird eben doch alles gut. Neuseeländisches „Easy Going“ funktioniert also doch, stellte ich schnell fest.

Das Gefühl, das sich langsam in das Leben schleicht wenn man eine neue Stadt bezieht, machte sich breit. Die ersten Tage erscheint die Stadt groß, voller Unbekanntem, Schemenhaften, mysteriös und zeichnet sich dadurch aus, dass man über keinerlei Orientierung verfügt. Die erste Woche vergeht und das Gefühl schwindet zunehmend. Die erste Orientierung ist geschaffen, man kennt die wichtigsten Örtlichkeiten und weiß wie man hin kommt. Der erste Schritt auf dem Weg zur Routine, dem Alltag, der das Leben durchdringt.

Ich studiere vor mich hin und erfreue mich vor allem an meinem Fotografieprojekt mit meinem inspirierenden und lehrreichen Tutor Marcus. Dank meines ersten Fotoprojekts erkunde ich viel in der näheren Umgebung in ganz West Auckland.

Ich freue mich immer wenn ich nach Hause in mein Zimmer in dem Wohnheim auf dem grünen Campus komme und mir Häschen und Opossums über den Weg laufen. Vor meinem Fenster sind Palmen, ein Wasserfall und Papageien lassen sich ab und zu sehen und hören. Um die Größe des Campus mal ansatzweise zu demonstrieren möchte ich mal sagen, dass ich zu Fuß ca. 20 Minuten zum Designgebäude gebraucht habe. Manchmal habe ich den campuseigenen Shuttle Bus genommen wenn er gerade da war, und manchmal bin ich eben gelaufen.

Es gibt hier mehrere Bibliotheken, eine speziell für jeden Fachbereich. Gerade im Designbereich ist es üblich viel in der Bibliothek zu recherchieren und die Auswahl an Magazinen und Büchern ist sehr groß. Von Architektur über Kunst, Design bishin zu Fotografie ist alles vertreten, was wirklich beeindruckend ist.

Was ich wirklich genossen habe waren die Fahrten nach Downtown und das Sitzen am Hafen. Immer wenn ich mich einsam fühlte, half ein Besuch in der Innenstadt, das wusste schon Nancy Sinatra. Soviele Menschen, die über die Kreuzung wandern, soviele Geschichten, die an einem vorüberziehen. Man geht aneinander vorüber und der Moment der Begegnung zwischen zwei Menschen und Geschichten ist vorüber. Was ist diesen Menschen wichtig, wie sieht ihre Vergangenheit und Zukunft aus, wie ihre Wünsche und Träume? Was bringt sie zum Lachen und Weinen?

Ich bin viel allein. Nicht negativ allein. Ich nehme mich und meine Umwelt bewusster wahr durch die Einsamkeit. Mache Beobachtungen, denke nach, lese sehr viel. Ich vermisse, ich bin sehnsüchtig, ich bin einsam, manchmal wehmütig, aber mir geht es gut – nicht trotzdem, sondern vielleicht gerade deshalb.

Was ist die Essenz? Wenn du dein Leben auf einen Satz eindampfen müsstest, welcher wäre das? In dem Buch, das ich gerade lese, gibt es einen Menschen, der alle Namen, die er je gehört hat, aufschreibt und ihnen jeweils ein beschreibendes Wort zuordnet wie „Stephen Hawking: Astrophysik“. Eine Lebensgeschichte, eingedampft auf ein Wort. Welches Wort wäre deines? Wäre meines? Welches Wort würden die anderen Menschen schreiben und welches würdest du schreiben? Sind wir Nichts oder Etwas?

Ich liebe die Vorteile des Phänomens Sprache. So viele Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlicher Muttersprache, treffen mit ihrer jeweils eigenen Geschichte aufeinander und nur durch das Medium der englischen Sprache überschneiden sich für einen winzigen Teil unseres Lebens unsere Geschichten miteinander und wir können andere an unseren Gedanken teilhaben lassen. Diese eine Sprache, die als Weltsprache proklamiert wurde, macht Kommunikation, macht Austausch möglich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vielleicht gefällt dir auch

  • Suche

    Die Weltwanderin

    Picture of Annika
    Annika

    Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeuten Wandern und Reisen für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt

    Weltkarte

    Beliebte Beiträge