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Peru: Höhenluft schnuppern am heiligen Ausangate

Links von uns ragen steile Gletschergipfel in den Himmel hinauf, rechts von uns fällt ein grünes Tal mit Alpakas und Lamas besiedelt hinab. Geradewegs vor uns liegen bunt gestreifte Hügel, türkis, rostigrot, goldgelb. Die Höhe verlangt einem einiges ab, aber die Aussichten auf dem Ausangate Trek sind der Lohn für jene, die über mehrere Tage über hohe Pässe wandern. Der Ausangate Trek – das sind Lagunen, steile Gletschergipfel, Regenbogenberge und grüne Täler in denen Lamas und Alpakas grasen. Dazwischen hüpfen wilde Viscachas und Vicunas durch die Gegend. Der Trek ist wild, einsam, wunderschön und surreal. 

Für die Quechua der Andenregion von Cusco ist der Ausangate ein „Apu“, ein heiliger Berg. Mit seinen 6.384m ist er der höchste der Region, was ihn zum heiligsten aller Apus macht. Wenn die Gletscher und der Schnee der hohen Gipfel langsam schmelzen, formen sie Flüsse, die ihr Wasser zu den Dörfern darunter schicken und Wasser bedeutet Leben, also bringen diese Berge das Leben selbst.

Die Pfade, die den 6.384m hohen Ausangate umrunden, wurden einst von Inkas als eine Pilgerroute genutzt. Sie nahmen diese langen Weg in Kauf um den Apu nach Lösungen für Probleme zu fragen und ihm Opfer zu geben, in der Hoffnung der Berg würde ihnen Glück bringen. Für uns führen die Pfade in eine Welt voller Naturwunder. Unser Ziel ist es den Ausangate zu umrunden, dabei einem Weg folgend, der über 4.000m über dem Meeresspiegel liegt. Es gibt mehrere Möglichkeiten den Ausangate Trek in Angriff zu nehemen. Wir haben uns für die Variante entschieden ihn in fünf Tagen zu umrunden und dabei die Rainbow Mountains in einem Abstecher mitzunehmen.

Auf dem Weg zum heiligen Berg

Um 6 Uhr morgens werden wir im Hostel abgeholt. Einen großen Rucksack lagern wir im Hotel ein, den anderen nehmen wir mit. Unser erster Stop ist noch in Cusco. Wir holen die Schlafsäcke, Zelt und die restliche Ausrüstung ab. Hier steigt auch unser Koch Celestino zu und wir sitzen zu dritt auf der Rückbank.

Nach etwa zwei Stunden halten wir in Urcos zum Einkaufen und Frühstücken. In einem Markt kaufen wir uns einen Fruchtsaft zum Frühstück. Die Frau macht ihn aus frischen Früchten und der Mixer ist komplett voll, das macht drei große Gläser für jeden. Danach hocken wir uns zu unserem Guide Saul und bestellen was zu Essen. Es gibt Schafskopf, Zunge, Augen, Magen und andere Innereien vom Schaf. Wir entscheiden uns aber für Reis, Pommes, Tomate-Zwiebel und Huhn in Tarwi-Sauce, die aus einer Art Lupine gewonnen wird. In den Anden ist es üblich morgens reichhaltig und warm zu essen. Außerdem kaufen wir Granadillas, mein neues Lieblingsobst. Saul kauft noch einen riesigen Sack Coca, eine wichtige Zutat für jeden Höhentrek in Peru.

Wir fahren nun eine Straße in die Berge, in die Cordillera Vilcanota, und halten an einem Aussichtspunkt. In der Ferne sehen wir ganz klein Cusco und am Horizont ragt die vergletscherte Pyramidenspitze des Salkantays auf. Ein wenig später können wir das erste Mal den Ausangate sehen, den wir in den nächsten Tagen umrunden werden. Es ist eher ein kleiner Gebirgszug als ein einzelner Berg. Von nun an haben wir die Wand des Ausangate stets im Blick. Während wir weiter auf den Berg zu fahren, wird er immer größer. Bald sehen wir auch unsere Pferde und unseren Pferdeführer Victor.

1. Etappe: Heiße Quellen bei Urcos nach Puka Cocha
ca. 500hm, 14,5km, 5,5h

Wir haben fünf Pferde, wobei nur vier was tragen, denn das fünfte ist ein einjähriges Fohlen. Während Victor und Celestino die Pferde beladen, marschieren wir schon mal los, direkt auf den Ausangate zu. Wir haben nur leichtes Tagesgepäck dabei. Der Pfad ist eben, aber ziemlich feucht. Wir umgehen ein Moor um die heißen Quellen zu erreichen. Die Pfützen im Moor glänzen aufgrund der enthaltenen Mineralien silbrig, manche sind rot. Um uns herum fliegen Vögel. Wir erreichen die heißen Quellen von Upis (4.300m), wo auch ein paar Häuser und viele Alpakas stehen.

Erst hier merkt Alex, dass ihm sein Mobiltelefon fehlt. Wir hoffen, dass er es im Auto liegen gelassen hat, denn später findet es sich auch nicht im anderen Gepäck auf. Wir gehen an einem rauschenden Fluss entlang, während in kleinen Pfützen neben dem Weg das Wasser brodelt. Dann erreichen wir eine Ebene und rasten. Während unser Koch Celestino das Mittagessen vorbereitet, machen wir eine kleine Wanderung Richtung einer brüchigen Gletscherzunge, die am Ausangate herunterkommt und sich in eine Lagune ergießt. Über moosige Wiesen und Moränen gehen wir auf den Ausangate zu. Unsere Wanderung dauert nur etwa 30 Minuten und bald sitzen wir mit unserm Guide beim Essen. Es gibt einen Tisch, drei Stühle und sogar eine Tischdecke und Blümchendeko. Wir essen Champignonsuppe und Reis mit Tarwi-Sauce. So viel zu essen!

Nach einer kurzen Pause geht es weiter. Wir kommen an einem kleinen Haus vorbei. Zwei Hunde bellen uns an und es stehen viele Alpakas vor dem Haus. Eine Frau in bunter Tracht schaut zu uns herüber und Saul gibt einem kleinen barfüßigen Kind Bonbons.

Nach dem Haus wird der Weg steiler und führt zu einem Pass hinauf. Zwischen den Steinen entdecken wir einen Degu, sowas wie eine Mischung aus Maus und Chinchilla. Der Weg ist anstrengend auf der Höhe und wir müssen immer wieder Pausen machen. Wir erreichen den Arapa Pass auf 4.800m. Es sieht fast wüstig aus hier: Braune sandige Hügel, schwarze Bergflanken und dahinter der weiße Ausangate.

Unser Guide zeigt uns ein Ritual mit dem wir uns bei jedem Pass bei Pacha Mama bedanken in dem man ihr ein Opfer bringt. Man nimmt drei Cocablätter in die Hand, das größte in die Mitte. Ein Blatt steht für die Erde, eins für den Himmel und das große für den Menschen dazwischen. Man wedelt damit vor dem Gesicht und bläst dabei sanft auf sie. Dabei visualisiert man die Berge, die man gesehen hat, heute also den Salkantay und den Ausangate. Berge sind Götter für die Andenbewohner und der Ausangate ist der wichtigste Apu in der Cusco-Region. Danach nimmt man die Blätter in beide Hände und haucht sie dreimal an, als würde man ihnen seinen Geist einhauchen. Die Blätter werden dann, am besten zusammen mit einem Bonbon, unter einem Stein versteckt. Pacha Mama mag Süßigkeiten.

Wir gehen weiter an der Bergflanke entlang. Der Weg geht leicht abwärts und wir sehen Vicuñas und Caracas. Wir gehen ein Stück zu einem Aussichtspunkt hinauf. Vor uns liegt ein grünes Tal durch das sich ein Fluss schlängelt. Dahinter ist ein roter Berg zu sehen, der Puka Punta (roter Gipfel). Unter uns grast eine Alpakaherde und eine Hirtin sitzt bei ihr. Wir folgen dem Weg in das Tal hinab, dabei begegnen uns Vicuñas vor dem Hintergrund der mächtigen Schneewand des Ausangate. Wir folgen weiter dem Ausangate und kommen zu kleinen Lagunen, dahinter kommt ein großer blauer See in Sicht. An einem Bachlauf vor dem See warten schon die Pferde auf uns, die uns am Pass überholt haben.

Unser Zelt ist schon aufgebaut und unsere Sachen liegen drin. Wir rasten ein wenig und ruhen aus. Unser Platz für die Nacht liegt auf ca. 4.400m und als die Sonne untergeht wird es schnell kalt. Wir chillen ein bisschen im Zelt bis wir zum Abendessen gerufen werden. Wir beginnen mit Popcorn und Keksen, dazu gibt’s Tee. Es folgt eine Suppe und Forelle mit Reis, für mich gibt’s Omelette. Wir sind pappsatt. So luxuriös haben wir noch nie gezeltet. Einfach nur vom Essenszelt in den Schlafsack kriechen und zurück zum Essenszelt um dafür ein so reiches Mahl kredenzt zu bekommen.

Saul erklärt uns beim Essen wie und warum man Coca kaut. Man nimmt ein paar Blätter und steckt sie in die Backen. Wenn sie nach einiger Zeit weich sind, kaut man sie. Alle 30 Minuten legt man ein paar Blätter nach. Nach einiger Zeit hat man keinen Durst mehr, irgendwann keinen Hunger mehr und nach 10 Stunden tut einem nichts mehr weh. Es hilft gegen Höhenkrankheit und gibt Energie. Man sagt das ganze Inkareich wurde auf Coca gebaut. Wie sonst hätten sie in so kurzer Zeit so viele große Tempel und Städte bauen können oder Fisch vom Meer in die Anden transportiert, sodass er danach noch frisch war? Halluzinationen oder so was bekommt man davon aber nicht, es ist noch ein großer Stück von der Coca-Pflanze zu Kokain. Vor allem die Bauern in den Bergdörfern kauen viel Coca, da dort noch die Felder komplett per Hand bestellt werden.

Wir unterhalten uns weiter über Schamanismus, der in Peru ein weite Verbreitung hat. Sauls Großvater war Schamane. Coca hat auch im Schamanismus eine große Bedeutung, denn aus Cocablättern lässt sich die Zukunft ablesen und auch im schamanisch-medizinischen Bereich ist Coca von Bedeutung. Weiterhin sollen rohe Eier helfen, dass das Baby nicht mehr soviel schreit. Das funktioniert wirklich, das kann Saul selbst bestätigen. Eine Suppe aus Frosch und schwarzem Hundekopf soll gegen Verrücktwerden wirken, Coca und Urin helfen gegen müde schmerzende Beine.

Außerdem reden wir über Fußball, Sauls Lieblingsverein ist Athletico Madrid, und alles mögliche. Über uns spannt sich ein sternenklarer Himmel und die Milchstraße ist deutlich zu erkennen und formt einen direkten Weg zum Ausangate. Die Quechas glauben, dass sie einen kosmische Verbindung zu den Apus hat. Alex merkt im Zelt, dass der geliehene Schlafsack nicht gerade der wärmste ist. Ich freue mich, dass ich so schlau war meinen eigenen Schlafsack auch noch mitzunehmen, das soll sich als weise Entscheidung herausstellen.

2. Etappe: Puka Cocha bis Rainbow Mountains
ca. 1.300hm, 11,5km, 7h

Um 6:30 Uhr werden wir mit Cocatee geweckt. Es ist schon hell, aber unser Zeltplatz liegt noch immer im Schatten, weshalb es ziemlich kalt ist. Zum Frühstück gibt es Porridge, Brot, Omelette und Cocatee. Wir packen, machen eine Katzenwäsche und ziehen mit Saul los. Als die Sonne herauskommt, wird es schnell warm und wir müssen Kleidung ablegen. Heute kauen wir das erste Mal Cocablätter. Zuerst kommen wir an der großen Lagune Puka Cocha vorbei, wo wir auf einen einsamen Wanderer treffen, der heute hier genächtigt hat und gestern an uns vorbei gezogen ist. In der Lagune züchten die Einheimischen Forellen, was man an den Wasserflaschen sieht, die in der Nähe des Ufers aus dem Wasser ragen.

Nun geht es aufwärts, auf unseren ersten Pass über 5.000m. Wir kommen an weiteren türkisen Seen und Wasserfällen vorbei. Sie werden vom schneeweißen Gletscher des Ausangate gespeist, der hinter ihnen aufragt. Außerdem weidet hier eine große Schafs- und Alpakaherde. Wir kauen fleißig auf unseren Cocablättern während wir auf den Puka Punkta Pass steigen, der den Gebirgszug kurz vor dem gleichnamigen Berg quert.

Nun geht es steiler aufwärts zum Pass, der uns auf den Weg zu den vielfarbigen Rainbow Mountains bringt, ein Abstecher vom eigentlichen Rundweg um den Ausangate. Bald haben wir drei Lagunen im Blick, die alle eine unterschiedliche Farbe haben – die mittlere ist ganz knalltürkis – dahinter erhebt sich die Felswand vom Ausangate mit seinen Hängegletschern. Bald holen uns die Pferde ein. Celestino und Victor scheint die Höhe nicht viel auszumachen, auch Saul geht den Pass schnell hinauf, ich krieche schnaufend hinterher. Am Pass sehen wir rote Berge, auf der anderen Seite ziehen sich Flüsse durch eine grüne Landschaft.

Auf dem Bergzug gegenüber sind die ersten rot, blau, grün gestreiften Steinplatten zu sehen, die Vorzeichen für die dahinter liegenden Rainbow Mountains, davor eine große Hütte. Alle zusammen absolvieren wir oben das Coca Ritual, bevor wir auf der anderen Seite wieder hinunter gehen. Wir gehen noch ein Stück über steinige Wiesen hinab, dann ist es Zeit für die Mittagspause. Es gibt wieder viel zu viel zu essen, Suppe und Spaghetti mit Hühnchenschenkel. Wenn das so weitergeht nehmen wir auf diesem Trek noch zu. Während wir essen kommen viela mit Lasten bepackte Lamas an uns vorbei.

Der Weiterweg führt uns wieder hinauf bis zur Hütte, wo nun die Lamas grasen. Einige Hirten und Träger sitzen hier und unterhalten sich mit Saul. Wir treffen den einsamen Wanderer wieder, der offenbar nicht wirklich einen Plan hat wo er lang gehen muss. Er will ebenfalls zu den Rainbow Mountains und Saul erklärt ihm wo diese zu finden sind: Nämlich erst hinter dem Pass. Offenbar hat er mit den Regenbogenbergen deutlich früher gerechnet und deshalb nichts weiter als eine Flasche Wasser dabei. Er überlegt es sich also kurzerhand anders und geht nochmal zurück um sein gesamtes Gepäck zu holen.

Für uns geht’s erst seicht an den Lamas vorbei, dann steil zum zweiten Pass hinauf, wieder über 5.000m. Der Weg nach oben ist wieder ziemlich anstrengend und wir gehen halb wild hinauf. Wir sehen eine grüne und braune Eidechse herumtollen und am Hang gegenüber können wir Vicuñas erkennen. Die Pferde überholen uns mal wieder.

Endlich oben hinterlassen wir ein Cocaopfer. Eine grün-rote Landschaft mit kleinen Lagunen erstreckt sich vor uns. Die Berge sind rötlich und in der Ferne sieht man die Rainbow Mountains. Zwischen ihm und uns liegt ein mehrere hundert Meter tiefes Tal. Hinter uns sehen wir den weißen Gipfel des Ausangate liegen, von dem wir uns für’s Erste verabschieden. Die Pferdetruppe ist schon vorausgegangen und im Tal hat sich unser Koch von ihnen getrennt. Viktor sucht mit dem Pferden weiter unten im Tal einen Zeltplatz. Celestino steigt zu den Rainbow Mountains auf, denn er war noch nie vorher hier. Von uns allen war bisher nur Victor hier, denn die Tour um den Ausangate zusammen mit den Rainbow Mountains ist noch neu.

Er ist erschreckend wie schnell der kleine gelbe Punkte, der unser Koch ist, den Hang hinaufwandert, ja fast rennt. Nun machen auch wir uns an den Abstieg und verlassen den windigen Pass. Zuerst steigen wir über roten Schotter ab, dann über Wiesen. Im Tal kommen wir an ein paar kleinen Seen vorbei in dem Enten schwimmen. Wild gehen wir über die grünen Wiesen wieder aufwärts. Wir kommen an ein paar Zelten mit Wanderern vorbei und unterhalten uns kurz mit ihnen. Sie haben sich einfach einen Guide mit Pferd gemietet, stellen aber Essen und Zelte. Am vereinbarten Treffpunkt hat der gebuchte Guide ihnen eröffnet, dass er nicht ohne seine Frau geht und nun haben sie ein bisschen zu wenig essen dabei für alle.

Hügelig geht es weiter aufwärts. Immer wieder müssen wir ein paar Meter absteigen, nur um dann noch weiter aufzusteigen. Celestino ist schon längst oben angekommen und wartet auf uns. Dann sind wir fast da und müssen nur noch die letzten Meter steil zum Aussichtsgipfel hinaufschnaufen. Es ist kalt oben, aber die Sicht ist atemberaubend. Die Rainbow Mountains machen ihrem Namen alle Ehre. Durch die verschiedenen Mineralien ist der sanfte Grat rot, grün, gelb, braun und blau gestreift. Die Sonne bestrahlt die Berge des Tals die im satten Rot- und Brauntönen leuchten.

Der Himmel ist strahlend blau und im Kontrast dazu ist im Hintergrund der weiße Gipfelaufbau des Ausangate zu sehen. Wir gehen hinunter zum Rainbow Mountain. Ich gehe auch noch ein Stück sehr steil auf ihm hinauf. Nach einem Cocaopfer steigen wir in traumhafter Kulisse wieder ins Tal ab. Die Sonne beleuchtet noch immer die Berge und die Landschaft sieht aus wie mit dem Malkasten gemalt. Wir erreichen unser Camp wo Victor schon alles aufgebaut hat. Heute gibt es sogar ein Toilettenzelt.

Nach einer Pause gibt es wieder ein üppiges Abendessen: Popcorn, Wantans, Suppe und Lomo Saltado und Brokkolipuffer. Wir unterhalten uns mit Saul über die heiligen Berge Perus und gehen wieder früh zu Bett.

3. Etappe: Rainbow Mountains bis Ausangate Cocha
550hm,10,5km, 4h

Der Weckruf kommt um 6:30 Uhr in Form von Cocatee, die Pferde sind noch müde und liegen faul im Gras. Wir packen unsere Sachen und frühstücken draußen, denn als die Sonne über die Berge kriecht wird es wohlig warm. Heute gibt es leckere Pfannkuchen.

Eine Frau mit Hund kommt vorbei und verkauft Eintrittskarten für den Rainbow Mountain. Wir ziehen los, das Wetter könnte besser nicht sein: blauer Himmel, Sonnenschein. Erste Wanderer kommen hinauf, die nur zu den Rainbow Mountains gehen, was man an einem oder zwei Tagen machen kann. Die Hütte zu der wir heute wieder gehen ist ein Stützpunkt für jene, die nicht im Zelt übernachten wollen. Wir gehen zurück Richtung Pass, den wir auch gestern überschritten haben, immer wieder hoch und runter über grüne Hügel, dabei sehen wir Viscachas und viele Wanderer am Pass stehen, die in der Hütte übernachtet haben und heute hinauflaufen. Zum Schluss geht’s wieder steil hinauf zum schon bekannten windigen Pass, langsam und stetig. Weitere Wanderer und Pferde kommen uns entgegen.

Oben treffen wir auf viele Lamas und drei Lamahirten von gestern, die sich mit Saul unterhalten und Coca kauen. Einer von ihnen ist der Gemeindechef. Alle haben nur Sandalen an und dicke Hornhaut an den Füßen. Die mit pinken Ohrbändern geschmückten Lamas gehen mit zwei Männern hinunter, der Dorfchef quatscht noch mit Saul bis auch er hinterherrennt. Saul soll ihm helfen ein paar geschäftliche Anliegen in Cusco zu erledigen. Wir teilen ein paar Gummibärchen mit ihm. Wir vollziehen noch das Coca Ritual und gehen dann hinab. Wild steigen wir den Pass steil hinunter und sind schnell unten. Nahe der Hütte machen wir eine sehr frühe Mittagspause um 10 Uhr, da später kein Wasser mehr zu finden ist. Während Celestino das Mittagessen bereitet, dösen wir und beobachten ein Vicuña, das oben auf einem Bergrücken steht und in die Ferne schaut.

Wir gehen weiter Richtung Puka Punta Pass. Anstatt zu ihm aufzusteigen, queren wir aber den Hang unter ihm. Dabei kommt uns ein ziemlich wildes weißes Pferd entgegen, das frei rumzugaloppieren scheint. Immer auf und ab gehen wir am Hang entlang. Unten im Tal sind ein paar Steinhäuser und Mauern. In kleinen Hüttchen trocknen die Einheimischen Alpakakot als Brennstoff. Fast wie im Himalaja, denn auf großen Höhen gibt es nunmal einen gewissen Baummangel. Neben den Häusern weidet eine große Alpakaherde.

An einem kleinen Hügel halten wir und schauen in die Landschaft. Wenn wir zurück blicken, sehen wir die Lagune, den Pass, den wir heute überschritten haben und ein steiles Felsgebirge dahinter. Vor uns geht das Tal weiter abwärts. Wir sehen ein Dörfchen zu dem eine Straße läuft, der Startpunkt für die Tour zu den Rainbow Mountains. Auf dem Hügel sehen wir ein paar Eidechsen. Wir bleiben auf Höhe und halten auf einen roten Hang zu an dem wir entlang gehen und links in ein Tal abbiegen.

Nun sehen wir den Ausangate wieder vor uns liegen und halten auf ihn zu. Wir sehen schon den 5.200m hohen Ausangate Pass, den wir morgen überschreiten müssen. Zuerst wandern wir jedoch in die grüne Ebene hinab, die am Fuße des Ausangate liegt. Auf ihr weiden hunderte Alpakas, Lamas und Schafe. Es ist ziemlich matschig und Saul rutscht ein paar Mal aus. Seine Schuhe haben aber auch überhaupt kein Profil mehr.

Wir kommen zu einem Häuschen und dem Rand der Herde. Eine Frau in Tracht wäscht gerade ihre bunten Röcke und breitet sie zum Trocknen in der Sonne aus. Ihre Backe ist ganz ausgebeult von den vielen Cocablättern, die sie kaut. Zu ihr gehören noch ein Mann und ein junges Hündchen. Saul unterhält sich kurz mit ihnen, dann gehen wir am Rand der sumpfigen Wiese entlang auf ein paar Zelte zu. Auf dem Weg werden wir von den neugierigen Alpakas beobachtet. Wir lassen uns neben den anderen Zelten nieder, auch die zwei von gestern mit dem Guide, der nicht ohne seine Frau wandern kann, sind wieder hier. Später kommt auch noch unserer einsamer Wandersfreund.

Wir machen einen Spaziergang an einem Bach entlang zu einer Lagune. Sie liegt direkt am Fuße des Ausangate und das Gletscherwasser sammelt sich in ihr. Alex wäscht sich im Bach und ich in der eiskalten Gletscherlagune, immerhin ist das letzte Bad mittlerweile schon eine Weile her. Frisch und sauber gehen wir zum Zelt zurück und unterhalten uns mit dem jungen Hündchen, das uns besuchen kommt. Als wir zum essen gerufen werden ist es schon dunkel und ziemlich kalt.

4. Etappe: Ausangate Cocha bis zu Seen nach dem Jampa Pass
1.096hm, 21km, 7,5h

In der Nacht haben wir viele Lawinen vom nahen Gletscher abgehen gehört, trotzdem aber gut geschlafen. Wir immer gibt es um 6:30 Uhr Frühstück. Wir trinken ein Bohnengetränk, Tee und essen Brot und Omelett. Morgens ist es noch ziemlich kalt, aber die aufgehende Sonne wärmt alles schnell auf, weshalb wir draußen frühstücken.

Heute geht es gleich bergauf. Vom Campingplatz bis zum 5.200m hohen Ausangate Pass müssen wir etwa 600 Höhenmeter überwinden. Wir steigen einen steilen Wiesenhang hinauf und uns wird ziemlich warm dabei. Wir können den Pass aber schon sehen, es ist ein roter schottriger Hügel. Auch die anderen Wanderer von Campingplatz steigen den Pass auf, wir haben aber einen ziemlichen Abstand sowohl nach vorne als auch nach hinten. Wir kommen höher und gehen langsam, aber stetig. Pausen machen wir keine mehr.

Bald wird der Weg schottriger und nach 1,5 Stunden erreichen wir den Pass, der mit Steinmanndln gekennzeichnet ist. Mit 5.200m sind wir vom 6.372m hohen Ausangate Gipfel gar nicht mehr so weit weg. Zwischen uns lieg jedoch ein dicker, unüberwindlicher Gletscher mit großen Eistürmen. Da Saul sein Coca irgendwo vergessen hat, was ihm wohl ziemlich stinkt, bringen wir ein Skittelsopfer am Pass. Pacha Mama mag ja Süßes. Auf die Idee Sauls hin legen wir mit Steinen groß die Wote „Viva h Coca“ in den Schotterhang. Wie oft hat man schon Gelegenheit auf 5.200m Steine zu schleppen.

Wir folgen einem Weg durch den Schotterhang hinab, dann steigen wir wild eine steile steinige Wiese hinab. Wir steigen ca. 600hm ab und kommen an einer großen Hütte vorbei. Im Schotterhang auf der anderen Seite ist in einiger Entfernung wieder unser Weg zu sehen. Hier tummeln sich viele Viscachas, egal wo wir hinschauen, überall wuselt es. Sie sind leider sehr scheu und verschwinden sobald sie uns sehen. Wir queren einen kleinen Bach und klettern dann weglos über die großen Schottersteine bis wir den Weg erreichen. Überall um uns herum hüpfen Visachas.

Wir folgen dem Weg, der einem Hang zwischen zwei Bergen hinauf führt. Es soll eine Abkürzung sein. Wir steigen weiter auf und gehen wieder durch felsige Wiesen. Der Weg mag kürzer sein, aber wir machen wieder fleißig Höhenmeter. Auf ca. 4.800m kommen wir auf eine Ebene mit einem See. Im Gras sind überall schwarzbraune Raupen zu sehen. Wir gehen an dem See entlang und steigen dann an einem Hang entlang ab. Wir folgen dem Hang linkerhand in ein Tal hinein. Am Ende des breiten Tals kann man das Dörfchen Jampa sehen. Es besteht aber nicht aus mehr als drei vier kleine Häusern. Kurz vor den Häusern wollen wir rasten. Der Weg zieht sich aber und wir sind hungrig und müde. Wir haben heute doch schon einige Höhenmeter gemacht und mich beginnt wieder Husten zu plagen, den ich meinte hinter mir gelassen zu haben.

Um 12 Uhr erreichen wir den Essensplatz. Unsere Pferde sind natürlich schon da und warten auf uns. Es gibt wieder Suppe, Reis, Kartoffeln und Spinatbrei. Nach dem Essen ruhen wir uns ein wenig aus, aber nicht lang, da wir heute noch einen langen Weg und auch einen zweiten Pass vor uns haben. Wir gehen über die Wiese, die bei jedem Schritt ein wenig federt. Neben dem Dörfchen steigen wir langsam auf. Menschen sind in dem Dorf aber nicht zu sehen. Der Weg ist nur wenig steil und führt langsam um die Berge herum. Vor uns liegen vergletscherte Bergspitzen. Wir sehen nochmal Viscachas und auch Vicuñas. Wir steigen langsam auf und der Weg wird schottriger. Der Himmel ist ziemlich bewölkt und es beginnt leicht zu schneien, weshalb es ziemlich diesig und kalt wird.

Zwischen uns und einem vergletscherten Berghang liegt ein schottriges Gletschertal. Endlich erreichen wir den 5.100m hohen Abra Campa Pass. Ein paar Steinmanndln begrüßen uns, auch unser Pferdetrupp holt uns hier ein. Wir verweilen bei dem ungemütlichen Wetter nicht lange. Ich sehe dem Ende der heutigen Tour entgegen, da ich mich schlapp fühle. Witzigerweise geht es nach dem Pass aber nicht hinunter sondern erst noch ein Stück hinauf. Die Pferde gehen voraus und nach einer Biegung geht es endlich bergab. Es schneit noch immer als wir auf dem schottrigen Hang in das grüne Tal hinabsteigen. In der Ferne sieht der Himmel aber schon blau aus. Wir kommen an einem Zeltplatz vorbei, wo ein einzelner kleiner Junge auf uns wartet. Wir geben ihm ein paar Kekse und Skittels.

Bald sehen wir unseren Pferdetruppe auf einer Ebene stehen. Die Zelte werden gerade aufgebaut. Hinter dem Campingplatz ist ein großer See. Mittlerweile hat es aufgehört zu schneien, aber es ist immer noch kalt. Wir gehen den Hang hinunter und machen es uns im Zelt gemütlich. Langsam kommt nochmal die Sonne heraus und es wird wärmer und wir begeben uns wieder nach draußen. Zum Abendessen gibt es Suppe und Reis mit Mais und Fleischstückchen. Wir unterhalten uns mit Saul über alle möglichen Dinge wie sie in Peru und Deutschland laufen, Bildung, Rente, Krankenversicherung usw. Ich gehe früher ins Bett, weil mir unwohl ist.

5. Etappe: Seen nach Jampa Pass bis Pacchanta
20hm, 7,7km, 2h

Heute müssen wir schon um 6 Uhr raus und es ist wieder ziemlich kalt. die aufgehende Sonne beleuchtet die Berge um uns. Wir frühstücken Omelett und Quinoasaft. Wir verabschieden uns schonmal von Victor, der wenn er unser Ziel, die heißen Quellen, erreicht unsere Sachen dort ablädt und weiterzieht. Mit Saul ziehen wir los während Victor und Celestino noch die Zelte abbauen. Wir gehen über kleine Hügel das Tal hinab und kommen dabei an mehreren kleinen Seen vorbei. Einer wird wie eine dehydrierte Kartoffel genannt, ein anderer ist heilig weil er so tief ist. Dabei ist der See gar nicht so groß, aber in dem klaren Wasser sieht man wie das Ufer fast senkrecht abfällt. In ihm spiegelt  sich wunderschön der Ausangate.

Wir gehen weiter und sehen einige Viscachas und zwei Anden Caracas. Eine Frau mit einer großen Lamaherde kommt uns entgegen und wir kaufen ihr zwei Schlüsselanhänger ab. Bald erreichen wir unser Ziel Pachanta mit den heißen Quellen. Wir ziehen uns um und steigen in eines der Becken. Das Wasser ist warm, aber nicht heiß. Zwei Frauen in Tracht sitzen am Beckenrand und machen aus einem Knäul Lamawolle einen Faden. Sie waren nie in der Schule und sprechen nur Quechua. Lange sitzen wir im Becken und trinken Bier und Cola. Als wir uns wieder umziehen, vermisst Alex seine Brille. Nach einiger Suche findet sie eine der Frauen auf der Treppe im Wasser des Beckens. In einem kleinen Laden kauft Alex sich eine bunte Mütze mit Bommeln, wie sie auch Saul trägt.

Dann sitzen wir im Auto und fahren zurück. Alex Telefon ist leider nicht mehr aufgetaucht, es wurde ihm offenbar in Urcos entwendet. Wir halten an einem Restaurant an der Straße und essen Meerschweinchen. Meerschweinchen – cuy genannt – ist ein typisches Andengericht um Cusco herum. Die kompletten Meerschweinchen werden mit Kräutern gefüllt und im Ofen gebacken. Im Kopf des Meerschweinchens befindet sich ein bestimmtes Knöchelchen, das wie ein kleiner Fuchs geformt ist. Es wird in einem Glas Bier getrunken, das herum gereicht wird. Wer den Knochen dabei herunterschluckt, dem bringt es Glück. So endet unser Höhentrekkingabenteuer am Ausangate.

 

Fazit

Der Ausangate Trek ist nicht nur ein Wanderabenteuer auf großen Höhen, sondern auch eine Reise durch die Seele der peruanischen Anden. Die Aussichten werden von Tag zu Tag schöner, mit den Rainbow Mountains als eins der Highlights. Der Pfad, dem wir folgen, führt uns nicht nur zu unglaublichen Landschaften, er ist auch wie eine Zeitreise. Auf dem Weg treffen wir Quechuas, die Nachfahren der Inkas. Diese Menschen leben noch immer wie ihre Vorfahren vor Jahrhunderten, mit wenig Einflüssen der modernen Welt. Sie gehören zu den wenigen Hirtengemeinschaften, die es noch gibt. Sie züchten Alpakas und Lamas, verwenden jeden Teil der Tiere um in diesem extremen Klima zu überleben.

Die Wolle wird für Kleidung, die Haut wird für Sandalen, die Hinterlassenschaften werden als Dünger und Brennstoff verwendet und Brennstoff verwendet und das Fleisch wird gegessen. Bevor es Straßen durch die Anden gab, verdienten diese Menschen sich ihren Lebensunterhalt damit Waren zwischen Städten auf ihren Lamas zu transportieren. Heute transportieren die Lamas und Pferde dieser Gemeinden das Gepäck für Wanderer, was uns ermöglicht diese Aussichten auf einfache Weise zu genießen.


FAKTEN ZUR TOUR
Trekkingtour Ausangate und Rainbow Mountains
Gehzeit: 4 bis 6 Tage
Höhenmeter: 3.350hm
Distanz: 65km
Übernachtungsmöglichkeiten: eigenes Zelt, nur eine Lodge am Weg zu den Rainbow Mountains
Ausgangspunkt: Urcos
Schwierigkeit: Medium bis Schwer
Saison: Trockenzeit, April bis Oktober

Empfohlene Tourenorganisiation
X-Treme-Tourbulencia
Calle Plateros 364, Cusco, Peru
www.x-tremetourbulencia.com

Nicht vergessen!
Toilettenpapier, Desinfektionsgel, Taschentücher, Snacks (auch für Pacha Mama und die Kinder)

Das abgekochte Wasser, das es jeden Tag gibt, ist ausreichend um die Trinkvorräte wieder aufzufüllen. Chlortabletten gibt es keine in Südamerika, entweder nehmt ihr welche von daheim mit oder aber ihr trinkt das abgekochte Wasser.

Tipps
Akklimatisierung: Bevor ihr euch auf den Weg über 4.000m, sollte euer Körper gut akklimatisiert sein. Es gilt Pässe über 5.000m zu überwinden und auf über 4.500m zu schlafen.

Alleine, ohne Tour? Es ist möglich die Tour auch alleine zu machen, ein GPS ist dann aber von Vorteil, denn die Pfade sind alles andere als eindeutig, vor allem wenn es darum geht die Rainbow Mountains zu finden. Außerdem muss genug Essen und warme Kleidung mitgenommen werden, was es logistisch durchaus etwas aufwendiger macht ohne Pferde.

Schlafsack: Wer keinen Super-Expeditionsschlafsack dabei hat, dem sei empfohlen einen Schlafsack zu leihen und seinen eigenen zusätzlich mitzunehmen. Mit zwei Schlafsäcken friert ihr garantiert nicht und die geliehenen alleine halten leider nicht was sie versprechen.

 

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    Annika

    Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeuten Wandern und Reisen für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt

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