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Island: Sagenhaftes Island im Winter

Island im Winter ist eiskalt und gleichzeitig wunderschön. Eine gigantische Weite, eine von Bergen unterbrochene Ebene, die bis in die Unendlichkeit zu reichen scheint. Das wenige Tageslicht zaubert eine magische Lichtstimmung und die Dunkelheit bringt wabernde Nordlichter hervor. Viele der Wasserfälle sind gefroren und am Strand treiben Eisstücke in denen sich die Sonne bricht. Die zahlreichen Hot Pots haben uns wieder erwärmt – vor allem nachdem wir in der Kontinentalspalte im Þingvellir geschnorchelt sind und danach steif gefroren waren. Eine Welt, die mich aufs Neue verzaubert hat – trotz gestiegenem Tourismusaufkommen.

Wenn es im Winter kalt und ungemütlich wird, fahren viele Menschen in die Ferne um vor der Kälte zu fliehen. Auch wir machen uns auf um Neues zu entdecken, allerdings nicht um vor der Kälte zu flüchten, sondern um sie in unsere Arme zu schließen. Es geht nach Island.

In gut drei Stunden fliegen wir von München nach Island. Schon aus der Luft können wir dieses von Schnee und eisbedeckte Land bewundern. Es wirkt wie das direkt aus dem „Lied von Eis und Feuer“ entsprungene Land jenseits der Mauer.

Als wir den Flughafen verlassen dämmert es bereits und wir nehmen unser Allradfahrzeug in Empfang. Bis jetzt wusste ich nicht, dass es den Fiat Panda auch als Allrad gibt. Schon kurz nachdem wir losfahren durchdringt uns der Schwefelgeruch der thermalen Aktivitäten um uns herum. Und ich weiß: Ich bin wieder da. In dem faszinierenden Land von Feuer und Eis. Die Hauptstraßen sind schneefrei, die Seitenstraßen meist pures Eis. Außerdem macht uns der starke Wind zu schaffen, der eine starke Konzentration beim Fahren erfordert. Eine plötzliche Böe erfordert sofortige Reaktion

Unsere Unterkunft befindet sich in der Nähe von Selfoss in einem kleinen Ort zu Fuße eines Bergs. Laut Google gibt es die Straßen auf denen wir uns auf dem Weg dorthin verfahren nicht einmal.

Unsere Gastgeber Fridur und Ragnar haben einen Hund und eine ihrer Katzen hat gerade Nachwuchs bekommen. Die kleinen Kätzchen ziehen mich natürlich sofort in ihren Bann. Ragnar züchtet Islandpferde, die direkt im Stall nebenan wohnen. Einen besseren Ort kann ich mir kaum vorstellen. Wir sind einem kleinen Bungalow mit Bad, Küche und Wohnbereich untergebracht. Ein Hot Pool erweitert das Angebot.

Theoretisch sind es hier in der Einsamkeit gute Bedingungen um Nordlichter zu sehen, aber weder in der ersten noch in der zweiten Nacht werden wir von ihnen verzaubert.

Der Golden Circle

Unseren ersten Tag verbringen wir am sogenannten Golden Circle, der sich nah bei Reykjavik befindet und mehrere Attraktionen bietet: Einen gewaltigen Geysir, den rauschenden Wasserfall Gullfoss und den Nationalpark Þingvellir. Dementsprechend ist der Golden Circle auch sehr beliebt.

Als wir um 10 Uhr aufstehen ist es noch immer dunkel, aber ein blauer Steif am Horizont verkündet die Ankunft des neuen Tages. In fünf Stunden wird die Sonne schon wieder untergehen. Draußen ist es saukalt und das Thermometer zeigt -8,5°C. Trotzdem ist die Autoscheibe nicht angefroren. Die Luft muss ziemlich trocken sein. Es wird langsam hell als wir gegen 11 Uhr losfahren. Wir sehen einen lang gestreckten Berg vor uns, der leicht mit Schnee bedeckt ist. Neben der Straße sind schneebedeckte Weiden auf denen Islandpferde stehen. Wir halten ein paar Mal um sie zu fotografieren und zu streicheln. Den zotteligen Tieren scheint die Kälte nichts auszumachen. Ein paar kommen sogar auf uns zu.

Neben den großen Attraktionen am Golden Circle gibt es immer wieder Gründe aus dem Auto auszusteigen und sich kleinere Sehenswürdigkeiten anzusehen. Spontan halten wir an einem Aussichtspunkt neben der Straße. Wir sehen die weite Landschaft vor uns die an eine beschneite Steppe erinnert. Vor uns liegt ein gefrorener See oder Fluss und im Hintergrund sehen wir vereinzelt Berge.

Kerið

Wir fahren weiter zum Kerið, einem Vulkankrater der vor 6.500 Jahren bei einem Ausbruch entstanden ist. Innen liegt ein vereister See, der im Sommer grünlich glitzert. Ein Weg führt um den Krater herum der vielleicht 200m im Durchmesser hat und ca. 50m tief ist. Der Weg aus rotbrauner Vulkanasche ist zum Teil ziemlich vereist. Mittlerweile kostet es 400 Kronen pro Person den Krater zu besuchen und obwohl er keine der großen Attraktionen ist, ist ziemlich viel los. Ich kann mich daran erinnern, dass vor acht Jahren im Sommer hier kein Mensch war. Langsam bekomme ich eine Ahnung davon was die Leute damit meinen, dass Island von Touristen überrannt wird. Es ist eiskalt am Kraterrand und der Wind bläst uns schmerzhaft ins Gesicht. Der Weg in den Krater hinunter ist gesperrt, da er voller Eis ist.

Geysir

Nach einer weiteren halben Stunde Fahrt gelangen wir zum Geysir. Ein riesiger Parkplatz liegt auf der gegenüber liegenden Straßenseite mit einem an ein Einkaufszentrum erinnernden Souvenirladen. Ich wundere mich, dass mitten im Winter hier soviel los ist.

Schon vom Parkplatz können wir den Dampf der Geysire sehen und riechen. Tatsächlich befindet sich hier der Orginal Geysir, der allen anderen Geysiren weltweit seinen Namen gab. Wir folgen mit vielen anderen den Weg zu ihnen. Der Weg ist eisig und es ist saukalt. Das Thermometer zeigt -6,5°C. Fast schon ironisch wirken die Warnschilder, die vor dem 80-100°C heißen Geysirwasser warnen. Neben dem Weg brodelt und dampft es zwischen Schnee und Eis.

Unser Zel ist der Strokkur, ein großer Geysir. Wir stehen vor ihm in Windrichtung und der schwefelige Dampf kommt auf uns zu als er ausbricht und deshalb sehen wir vor lauter Dampf nicht viel. Wir suchen uns eine bessere Position an der Seite, wo die Sonne im Hintergrund des Geysirs leuchtet. Das Gute ist, dass der Strokkurr alle paar Minuten ausbricht, jedoch mit unterschiedlicher Intensität. Wann genau lässt sich jedoch nur schwer einschätzen, da er immer brodelt. Einige Ausbrüche sind fast 30m hoch.

Nach ein paar Ausbrüchen wird uns langsam kalt und wir gehen ein paar Meter hinauf zum Geysir. Es ist der Geysir der Geysire, nach dem alle Geysire der Welt benannt sind. Leider hat er seine beste Zeit schon hinter sich. Seine Ausbrüche waren einmal 80m hoch. Seit den 50er Jahren ist er aber verstopft und nun nur noch ein brodelnder rauchender Teich. Weiter oberhalb sind noch kleine Geysire deren Wasser schön blau gefärbt ist. Danach brauchen wir dringend eine Aufwärmung im Besucherzentrum. Offenbar habe ich die Kälte unterschätzt und weiß nun, dass ich mehr anziehen muss. Vor allem der kalte Wind zieht die gefühlte Temperatur nach unten.

Gullfoss

Unser nächstes Ziel ist der Gullfoss Wasserfall. Auch hier ist es wieder voll und wir mögen uns gar nicht vorstellen was hier im Sommer los sein muss. Der Weg zum Wasserfall ist ziemlich vereist und einige Leute rutschen ganz schön unbeholfen durch die Gegend. Nach ein paar Metallgitterstufen stehen wir am Wasserfall. Es gibt noch Wege die tiefer führen, diese sind jedoch aufgrund von Eis und Schnee gesperrt. Der Gullfoss liegt in einem Canyon und stürzt in zwei Stufen auf 32m hinab. Von der unteren Stufe ist nur der obere Teil zu sehen, der untere wird von einem Grabenbruch verdeckt. Ein Großteil des Wasserfalls ist vereist und dazwischen braust das Wasser hinunter. Zum Eisklettern lädt mich heute aber auch gar nichts ein. Auch wenn wir gerne länger verweilen würden, treibt die Kälte uns weiter. Wir gehen am oberen Rand des Grabens entlang bis der Weg auf der Höhe des Gullfoss endet.

Im inzwischen riesig ausgebauten Besucherzentrum erwärmen wir uns an Suppe und heißer Schokolade. Gestärkt und aufgewärmt fahren wir zum Geysir zurück um noch ein paar Aufnahmen vom Strokkur zu machen. Die Sonne geht bereits unter und es sind kaum noch Besucher da.

Tatsächlich geht die Sonne eigentlich gar nicht richtig auf. Mehr als ein paar Fingerbreit wagt sie sich zu dieser Jahreszeit nicht über den Horizont hinaus. Die wenigen Sonnenstunden wollen also gut genutzt sein.

Secret Lagoon

Es ist schon dunkel als wir nach Flúðir fahren. Unser Ziel ist die Secret Lagoon, ein geothermales Schwimmbad. Wir fahren über kleinere und vereiste Straßen. In der Nähe der Lagune stehen ein paar hell erleuchtete Gewächshäuser, die von der geothermalen Wärme versorgt werden. So können in Island unter anderem Gurken, Tomaten und Erdbeeren angebaut werden.

Das dampfende Becken der Secret Lagoon ht 38°C und liegt unter freiem Himmel. Mittlerweile sind die Sterne zu sehen. Das Becken ist ca. 120m breit und der Boden besteht aus Kieseln. Das wärmende Wasser tut gut und treibt uns die Kälte aus den Gliedern. Wir lassen uns ein wenig herumtreiben oder sitzen am Beckenrand. An manchen Stellen ist das Wasser wärmer, an ein paar sogar richtig heiß. Nach diesem Bad fühle ich mich am ganzen Körper erwärmt und bestens gegen die Kälte da draußen gewappnet.

Der Þingvellir Nationalpark

Heute wartet das kalte Highlight des Trips auf uns. Wir packen uns schön warm ein und das zurecht. Das Außenthermometer zeigt heute -10,5°C an. Für die Fahrt in den Þingvellir Nationalpark brauchen wir etwa 45 Minuten, da die Straße teilweise sehr vereist ist. Auch wenn wir langsam fahren, rutschen wir einige Male. Der größte Teil ist aber gut befahrbar. Ab und zu halten wir und sehen uns die Landschaft an. Der Þingvellir Nationalpark ist deshalb bekannt, weil hier die Grenze der europäischen und amerikanischen Kontinentalplatte verläuft. Da die Platten auseinanderdriften hat sich ein Graben gebildet, der von Spalten durchzogen ist. Die Landschaft ist mit niedrigen Büschen bewachsen die leicht beschneit sind. Wir fahren immer in der Nähe eines großen Ses entlang, im Hintergund liegen schneebedeckte Berge und die Sonne geht gerade hinter ihnen auf.

Wir erreichen unser Ziel, einen Parkplatz in der Nähe der Silfra Spalte. Dieser Riss wird von Gletscherwasser durchflossen, das unglaublich klar ist. Das ist auch der Reiz sich in dieses eiskalte Wasser begeben zu wollen. Obwohl es mittlerweile hell und sonnig ist, ist es kälter geworden und -13°C kalter Wind weht uns entgegen als wir aussteigen. Auch der Schnee und das gefrorene Wasser, das wir an unserem Treffpunkt sehen motiviert nicht gerade zum Baden. Auf dem Pakplatz stehen mehrere Vans der Tauchanbieter, vor ihnen stehen Ständer mit teilweise gefrorenen Trockenanzügen. Mir wird schon beim Anblick kalt. Will ich das wirklich tun? Schnorcheln in diesem eiskalten Wasser? Sicher bin ich mir nicht mehr.

Schnorcheln zwischen den Kontinentalplatten

Wir bekommen unsere Thermo-Overalls, die wir unter dem Trockenanzug tragen. Zusätzlich tragen wir lange Thermounterwäsche und zwei paar Socken. Erstmal ist alles schön warm. Dann bekommen wir den Drysuit. Also raus aus den Schuhen und rein in den Drysuit. Nun wird es kalt. Die Sohlen des Trockenzugs sind nicht dick und wir stehen auf dem eiskalten Boden. Es dauert nicht lange und unsere Füße sind eiskalt. Wir sind zu elft unserer Gruppe und einigen scheint die Kälte nicht viel auszumachen. Ein bisschen zappeln wir aber alle um warm zu beiben. Ich hätte nie gedacht, dass das Schnorcheln mitten im Winter sich einer solchen Beliebtheit erfreut.

Als nächstes schlüpfen wir in die Hand- und Kopflöcher. Die beiden Guides prüfen die Dichtungen an Händen und Hals. Wir bekommen noch ein Halsband um den Anzug besser abzudichten. Es ist nicht gerade bequem, aber besser als das kalte Wasser in den Anzug zu bekommen. Wir bekommen Maske und Schnorchel und zuletzt unsere Handschuhe. Leider keine Trockenhandschuhe, sondern Neopren. Es sind Fäustline mit Daumen und Zeigefinger. Ich stecke aber auch Daumen und Zeigefinger mit zu den anderen damit sie wärmer bleiben. Mir ist einfach nur kalt und die Aussicht auf das kalte Wasser löst bei mir blankes Entsetzen aus.

Wir gehen ein paar hundert Meter zum Einstiegspunkt in den Silfra Riss. Die Bewegung tut gut, denn uns wird warm dabei. Am Einstieg sind noch ein paar Gruppen vor uns und wir müssen warten und frieren. Ich versuche mich mit Bewegung vor dem Erfrieren zu bewahren. Ich möchte so schnell wie möglich ins Wasser. Es klingt seltsam, aber bei unter -10°C Lufttemperatur hören sich 2°C Wassertemperaturen warm an.

Es geht langsam vorwärts und endlich sind wir an der Reihe. Wir spucken in unsere Masken und reiben sie aus. Der Speichel friert schnell ein. Die Guides helfen uns Schnorchel und Masken aufzusetzen. Bis hierher bin ich mir noch nicht sicher ob ich das wirklich durchziehen will, aber ich steige ins Wasser. Der Trockenanzug zieht sich zusammen und umschließt mich, ich fühle mich tröstend umarmt. Und es ist nicht kalt. Es ist komisch ins Wasser zu gehen ohne nass zu werden. Nun aber heißt es Gesicht ins Wasser, wofür ich ein paar Augenblicke Mut sammeln muss. Tatsächlich wird das Gesicht nach wenigen Sekunden taub und die Kälte ist kaum noch spürbar.

Mit dem Trockenanzug ist man ziemlich unbeweglich und so lasse ich mich einfach von der leichten Strömung dahin treiben. Der Anzug zwingt einen nach unten zu sehen. Das Wasser ist glasklar und wir treiben über eine tiefe enge Schlucht. Die Felswände fallen senkrecht ab. Es gibt so gut wie keine Schwebstoffe und keinen Bewuchs. Je tiefer man blickt desto blauer wird es. Manchmal sind die Felsen nur knapp unter der Wasseroberfläche und wir gleiten darüber hinweg. Wir biegen links in eine Lagune ein, wo der letzte Teil der Tour beginnt. Die 30 Minuten sind wie im Flug vergangen.

Die Lagune ist mit grünen Algen bewachsen und im Wasser schwimmen größere Algen bewachsen und im Wasser schwimmen größere Schwebstoffe trotzdem ist das Wasser noch sehr klar. Fische gibt es hier keine. Das Wasser ist Gletscherwasser.

Die Metalltreppen des Ausstiegs sind dick vereist. Hält man sich am Geländer fest ist man nach wenigen Sekunden festgefroren. Ich bin mit meiner linken Hand so festgegefroren, dass ich mich nicht mehr alleine lösen kann. Beide ziehen wir an und reißen meine Hand los. Dann marschieren wir zurück was mich erstmal aufwärmt, dann aber genauso schnell auskühlt. Als ich zurück am Parkplatz bin zittere ich am ganzen Körper und werde zuerst aus dem Anzug befreit. Meine nass gewordenen Haare sind gefroren.

Ich verschwinde sofort in einem der Busse, der wenigstens Windschutz bietet. Eine andere Schnorchlerin versorgt mich mit ihrer dicken Jacke und Handschuhen und ich versuche mich an einer heißen Schokolade zu wärmen. Ich verstehe nicht warum ich die einzige bin der so dermaßen kalt ist. Mein Körper hört einfach nicht auf zu zittern und die heiße Schokolade ist unerträglich heiß an meinen eiskalten Fingern. Es dauert bestimmt eine halbe Stunde bis ich mich bereit fühle mich umzuziehen.

Wir verabschieden uns und wärmen uns weiter in unserem Auto auf. Nach ein paar Minuten ist uns wieder warm. Meine Kamera ist im Unterwassergehäuse eingefroren, da Wasser eingedrungen ist. Offenbar haben die Dichtungen der Kälte nicht stand halten können. Schaut schlecht aus.

Ich werde nicht lügen, diese Erfahrung war kalt. Eiskalt. Ich kann nur empfehlen das Schnorcheln oder Tauchen in der Spalte auf den Sommer zu verschieben, wo wenigstens die Außentemperatur angenehm ist. Das Schlimmste war gar nicht so sehr das Wasser, sondern viel mehr die Warterei bis es endlich losging. Wer dazu neigt schnell zu frieren, sollte lieber die Finger davon lassen. Genuss ist anders, so schön der Anblick des glasklaren Wassers auch ist.

Auf der amerikanischen Seite

Wir machen uns wieder auf und wollen noch spazieren gehen. Es beginnt schon langsam zu dämmern. Nicht weit von uns entfernt ragt die Kante der amerikanischen Kontinentalplatte auf. Die etwas entfernten Berge gehören zur europäischen. Wir sind dazwischen, praktisch ein geologisches Niemandsland. Ein kleiner eisiger Pfad führt uns zur amerikanischen Kante hinüber. Ich fühle mich jetzt so warm wie selten zuvor. Die kalte Erfahrung hatte immerhin den Vorteil, dass ich nun weiß wie sich Kälte anfühlt und mein Körper sich abgehärtet hat.

Die Erde ist hier richtig aufgerissen, eine Seite passt zur anderen. Der Graben ist vielleicht 50m breit. Vor 1.000 Jahren haben die Wikinger hier eins der ersten demokratischen Parlamente der Welt gehabt. Ein sowohl geschichtlich als auch geologisch bedeutender Ort den auch der Massentorismus entdeckt hat. Oben an der Kante angekommen stehen Busse, ein Geschäft und ein teures Toilettenhaus plus zig Besucher.

Wir schauen in das Tal mit seinen vielen Flussläufen und Inseln hinab . Wir können sogar nachvollziehen wo wir geschnorchelt sind und sehen wo die Flüsschen in den großen See münden. Das besondere ist aber das wir jetzt in Amerika sind und über das Tal nach Europa zurückschauen. Wir wählen einen Umweg um zum Auto zurück zu gelangen. Über ein paar Brücken kommn wir zu einer kleinen Kirche. Auf einem kleinen Platz spiele ich Wikingerparlament und verkünde, dass unter 10°C Wasser- oder Lufttemperatur nicht mehr getaucht werden darf. Wir fahren ein Stück weiter und halten an einem Parkplatz. Ein vereister Weg bringt uns zum Oxarafoss. Der Wasserfall ist fast komplett vereist.

Es wird langsam dunkel und wir fahren über vereiste Straßen nach Selfoss zurück, wo wir ein Abendessen zu uns nehmen. Dann setzen wir uns mit Bier und Cider in den Hot Pool. Nordlichter bekommen wir auch heute nicht zu Gesicht, dafür besucht uns die Hauskatze und freunden uns mit ihr an. Offenbar interessiert sie das warme Wasser des Pools. Sie balanciert auf der schmalen vereisten Kante des Pools entlang und versucht an ein paar Schlücke warmen Wassers zu gelangen.

Die lange Fahrt in den Südosten

Wir haben heute eine lange Fahrt bis zur Gletscherlagune Jökulsarlon vor uns. Auf dem Weg gibt es viele Attraktionen zu sehen, weshalb wir früh loswollen. Wir verquatschen uns aber so sehr mit Ragnar, dass daraus nichts wird. Wir folgen den Ringstraße Richtung Südosten. Es ist bewölkt und die Sonne kommt kaum durch.

Seljalandsfoss

Nach einer Stunde erreichen wir unser erstes Ziel, den Seljalandsfoss. Wir stehen vor einer langen Felswand aus der ein dünner Wasserfall entspringt. Der Fels hängt an dieser Stelle über und im Sommer kann man unter ihm durchgehen. Jetzt ist aber alles vereist und die Wege gepsperrt. Die komplette Felswand muss im Sommer sehr feucht sein, denn an vielen Stellen hängen Eiszapfen. Der Wasserfall fließt als kleiner klarer Fluss davon, den wir über eine kleine Holzbrücke überschreiten. Die Gischt des Wasserfalls hat sie sehr vereist.

Wir gehen an der Wand entlang an der immer wieder kleine Eisfälle hervortreten. An einem spritzt das Waser in die Höhe weshalb sich vor ihm ein großer Haufen blaues Eis aufgeworfen hat. Nach ein paar hundert Metern erreichen wir einen weiteren großen Wasserfall, der sich jedoch hinter dem Fels versteckt. Ich würde gerne hinaufklettern um einen besseren Blick auf ihn zu erhaschen. Allerdings ist der Pfad hinauf recht eisig und würde Zeit kosten, die wir lieber im Tageslicht auf der Straße nutzen wollen.

Eine magische Stimmung

Kurz darauf halten wir erneut, denn die Sonne kommt hevor und bescheint eine Wiese mit Islandpferden, dahinter ragt ein Berg auf. Der Dunst vor den Bergen wird von der Sonne rötlich gefärbt, es ist eine magische Stimmung. Hier hat es auch gar keinen Schnee mehr und die Temperatur liegt über 0°C. Nicht weit von hier liegt ein gefrorener See, dessen Eis sich am Ufer aufgeworfen hat und wunderschöne Skulpturen bilden, ähnlich wie in Jökulsarlon im Sommer. Hier könnte man Stunden damit zubringen dem Licht zuzusehen wie es sich in den Eisschollen bricht und Fotos davon machen, aber wir müssen weiter.

Skogafoss

Die Straße führt nun direkt am Meer entlang. Der nächste Wasserfall ist der gewaltige Skogafoss, der bereits von der Ringstraße aus erkennbar ist. Auch hier sind die Wände gefroren und Eiszapfen hängen herab. Dem riesigen Wasserfall nimmt das jedoch nicht an Dramatik. Der Weg zum Wasserfall hinauf ist mittlerweile ausgebaut und in zahlreichen Gitterstufen zu erreichen. Bei dem steilen Aufstieg wird uns ordentlich warm und es kommen fast sommerliche Gefühle auf bei den Temperaturen und der grünen Umgebung.

Wie schnell sich die Wetterverhältnisse in Island ändern können erfahren wir beim Weiterweg. Keine 20 Minuten nach dem Skogafoss geraten wir in Schneefall und Wind. Kurz vor Vík i Myrdal ist plötzlich tiefster Winter angesagt. Dyrholaey und Reynisdrangar lassen wir daraufhin rechts liegen, denn bei dem Wetter scheucht man echt niemanden vor die Tür. In Vík selbst türmt sich der frische Schnee auf und auch danach wird das Wetter nicht besser. Die Straße ist glatt und rutschig, der Wind rüttelt am Auto und die Sicht ist sozusagen nicht vorhanden. Ich befürchte schon, dass eine Weiterfahrt zu gefährlich wird. Tatsächlich wird es jedoch bald besser und wir lassen den Winter hinter uns.

Es ist trotzdem noch ein langer Weg bis nach Jökulsarlon. Es dunkelt bald und wir erkennen nur noch das endlos scheinende Weiß der Gletscher vor uns. Rund um die beliebte Gletscherlagune befindet sich nicht viel. Wenige Hotels und drei Restaurants stehen zur Verfügung. Wir speisen in einem dieser Restaurants bis wir die restlichen Minuten bis zu unserer Unterkunft in Kaftastellsstadur hinter uns legen. Hier gibt es eine kleine Kirche, unser B&B und ein paar vereinzelte Häuser.

Besuch einer Eishöhle

Heute steht der Punkt auf dem Programm, weshalb wir die lange Fahrt zum Jökulsarlon auf uns genommen haben, obwohl der natürlich schon alleine eine Reise wert ist. Im Winter ist Eishöhlensaison. Auf dem Vatnajökull-Gletscher bilden sich zahlreiche Eishöhlen, die Besuchern zugänglich gemacht werden. Am einfachsten zu erreichen ist jene, die direkt am Ausläufer des Gletschers hinter der Nachbarlagune Breidarlon liegt. Wir werden mit riesigen an Monstertruck erinnernden Super-Jeeps über die vereiste Piste zum Rand des Gletschers gebracht. Alleine die Fahrt an sich ist schon ein Abenteuer, denn auch die großen Reifen verhindern nicht, dass wir das ein der andere Mal ins Rutschen und Schlingern kommern. Es ist viel los, zahlreiche dieser Gruppentouren sind hier unterwegs.

Heute, am Silvestertag, soll es weniger voll sein als die letzten Tage, teilt uns unser Guide Katharina mit. Schwer vorzustellen, denn schon jetzt sieht man vor lauter Menschen kaum noch Eis. Die Höhle ist nicht allzu groß, aber durchaus schön, wenn die vielen Menschen nicht den Blick darauf versperren würden. Offenbar ist die Weihnachts-Neujahrzeit eine beliebte Saison in Island, denn vor allem der Golden Circle und diese Eishöhle werden geradezu überannt. Berichten zufolge soll es im Februar/März deutlich angenehmer sein und man kann die Eishöhlen gebührend genießen. Ich hätte das nie für möglich gehalten, dass so viele Menschen verrückt genug sind in das eiskalte Island zu fahren – genau dann wenn es am wenigsten Sonnenlicht bietet.

Das Eis schimmert in verschiedenen Schattierungen von Blau- und Grautönen. Das Sonnenlicht dringt durch Stellen an denen das Eis glasklar ist und färbt es tiefblau über uns. Ein kleiner Seitengang verschafft uns etwas Ruhe vor den Massen, denn hier passt auch nur eine Person durch. Hier bewundern wir die verschiedenen Strukturen im Eis.

Zurück in der Höhle nutzen wir den Ansturm vor der nächsten Gruppe für ein paar Fotos, auch wenn es nicht einfach ist sich einen Spot zu sichern.

Jökulsarlon

Zurück am Jökulsarlon widmen wir uns nochmal ausführlich der Eislagune. Die Eisberge krachen, scheuern und gurgeln wenn sie sich bewegen. Zwischen sie hindurch schwimmen einige Robben und schauen prustend zu uns herüber. Im Gegensatz zum Sommer finden sich jetzt hier keine Eisskulpturen am Ufer, aber die schon wieder im Untergehen begriffene Sonne zaubert eine besondere Atmosphäre.

Diamond Beach

Die Lagune Jökulsarlon fließt über den mit 50m kürzesten Fluss Islands direkt ins Meer, das mit seiner Brandung dagegen hält und das Wasser aufwühlt. An diesem Strand liegen nun Eisskulpturen – Überreste der Eisberge, die es bis ins Meer getrieben hat. Die Sonne bricht sich herrlich darin und die Wellen spielen mit ihnen. Beim Fotografieren hole ich mir nasse Füße als ich nicht rechtzeitig vor den ankommenden Wellen davon springe. Es ist wunderschön. Die Flut kommt herein und die Elemente im Fluss kämpfen gegeneinander während die Sonne untergeht.

Hot Pools Hoffell

Heute ist Silvesterabend und wir beginnen ihn damit, dass wir Richtung Höfn fahren um ganz dort in der Nähe in die Hot Pools von Hoffell zu steigen. Hier befindet sich in fünf runden Pools das heiße Wasser der umgebenden Thermalquellen. Wir sind völlig allein und genießen das heiße Wasser und den Blick auf die vom Vollmond beschienenen Berge.

Danach wollen wir nach Höfn um zu Abend zu essen. Entgegen meiner Befürchtung vielleicht aufgrund des Silvesterabends keinen Platz mehr zu bekommen hat einfach alles zu, sogar die sonst so verlässlichen Tankstellen. Ein riesiges Feuer wurde am Stadtrand entzündet und um 21 Uhr gibt es ein wenig Feuerwerk. Das ist alles was Höfn an Silvster bietet. Die Isländer scheinen alle zuhause zu feiern und die Touristen sehen zu wo sie bleiben. Wir sprechen ein Paar an, das lediglich die Information hat, dass ab 24 Uhr ein Pub öffnet.

Gut, wir fahren also mit leerem Magen zurück und essen unsere Reste auf. Glücklicherweise spendiert uns Thora, unsere Gastgeberin, Mousse au Chocolat. Sie hat sogar gekocht und hätte uns eingeladen, aber wir waren zu dem Zeitpunkt auf dem Weg zu den Hot Pools.

Um Mitternacht gehen wir nach draußen und stoßen an. Ein Nordlicht zeigt sich leider nicht, aber auch so bin ich zufrieden mit dem Tag und dem Abschluss dieses Jahres.

Zurück nach Reykjavik

Am nächsten Morgen steht uns die lange Rückfahrt bis nach Reykjavik und Richtung Flughafen bevor. Wir schlagen uns den Bauch mit dem reichhaltigen Frühstück im B&B voll und fahren dann zeitig los.

Wir fahren bis Kirkjubaerklaustur und wollen uns hier eine Lavaformation ansehen, die hier im Boden zu sehen ist. Jedoch ist sie mit Schnee und Eis bedeckt und nichts von ihr zu sehen.

Fjardaglufur Canyon

Hinter Kirkjubaerklaustur bfindet sich der Fjardaglufur Canyon, der mich im Somer völlig von den Socken gehauen hat. Der Weg hinauf ist vereist, wurde aber inzwischen ausgebaut und Geländern versehen. So wie früher kommt man dem Abgrund nicht mehr nahe, diese Stellen sind vom Weg abgesperrt und so bekommt man nicht mehr so viele sensationelle Einblicke in die tiefe von Wasserfällen durchsetzte Schlucht.Weiter hinten gelangen wir jedoch auf eine Gitterplattform von der man einen schönen Einblick in die schlucht und ihre gefrorenen Wasserfälle hat. Man kann auch unten in der Schlucht entlang gehen, was nun jedoch nach einer eisig-feuchten Rutschpartie aussieht.

Vík i Myrdal

Wir fahren weiter bis nach Vík i Myrdal, wo nun kein Winter mehr herrscht. Die Felsformation Reynisdrangar liegt im Sonnenuntergang und wir gehen fasziniert am Strand spazieren. Der Dunst vom Meer fängt das Sonnenlicht ein und zaubert eine wunderschöne Lichtstimmung.

Nordlichter

Am späten Abend kommen wir in einer Vorstat von Reykjavik nahe des Flughafens an. Ich bin schon etwas enttäuscht, dass wir keine Nordlichter gesehen haben. Aber gerade als wir in den Hotpool von unserem Gasthaus steigen wollen sehe ich grüne Lichter am Himmel und deute ungläubig darauf. Schnell rennen wir zurück in unser Zimmer um Kamera und Stativ zu schnappen und den Bademantel gegen etwas Wärmeres einzutauschen. Aus dem Zimmerfenster kann ich die grünen Lichter tanzen sehen. So stark wie ich wie mir nie hätte vorstellen können. Als ich halb angezogen rausrenne und das Stativ aufbaue ist das meiste schon wieder vorbei und ich kann nur noch das Nachspiel fotografieren.

Wir beschließen an einen Ort zu fahren wo es dunkler ist um eventuell noch weitere Nordlichter sehen zu können. Der Leuchtturm von Garður ist unser Ziel. Hier sehen wir noch einige schwache Lichter, die mit bloßen Augen allerdings eher grau wirken. Ich bin trotzdem glücklich sie am letzten Abend doch noch gesehen zu haben. Ein gelungener Abschluss. Dieses wunderschöne Land zu verlassen fällt mir dennoch schwer. Auf ein Neues habe ich mich verliebt – in die Gletscher, das Eis, den Schnee, die Islandpferde und das Licht, das magische Licht.

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    Annika

    Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeuten Wandern und Reisen für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt

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