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Te Araroa: 10. Zwischen den Flüssen – Rangitata River bis Rakaia River

Die folgende Etappe führt uns in dem 70km langen Teil zwischen den gewaltigen Flüssen Rangitata River und Rakaia River entlang. Nach dem ersten Tag voller Sonnenschein wird dieser Part nass und kalt – 65 Flussquerungen liegen vor uns. Der erste Schnee begrüßt uns dabei ebenfalls.

35. Tag: Flüsse und Seen – Potts River Carpark bis Lake Emily

29km / 6,5h / 587hm

Heute Nacht schmeißen die Possums um uns herum eine Party. Wir treffen auf zwei weitere neue NOBOs, die in nur einem Monat hierher gelaufen sind und gerade alle anderen überholen. Heute sind wir an der Reihe. Wieder haben wir Sonnenschein und blauen Himmel. Wir wandern im Flussbett am Potts River entlang und auf eine Klippe darüber. Dabei haben wir wunderschöne Ausblicke ins Rangitata Valley, auf Potts River und die Berge drumherum.

Nun geht es über Wiesen und gelegentliche Anstiege zum Lake Clearwater, an dem wir links vorbeigehen. Von hier führt der Weg mehr oder weniger nur noch flach dahin bis zum Buick River Carpark. Von hier aus gilt es 4,5km an der Straße entlang zu laufen bis wir auf einen Farmweg treffen, der rechts abzweigt und uns hinauf zum Lake Emily führt, wo wir für heute unser Nachtlager aufschlagen. Eigentlich um in dem See noch zu baden, aber dichtes hohes Gras, gemischt mit Disteln und Speargrass, machen das Durchkommen zum See fast unmöglich, weshalb wir lieber stinkend bleiben. Heute Abend sind die Enten dran Party zu machen. Bis spät in die Nacht hören wir das Geschnatter, Gequäke und Getschiepe, und irgendwas das sich wie ein betrunkener Dinosaurier anhört.

36. Tag: Schlafen wie Edmund Hilary – Lake Emily bis Double Hut

10km / 2,5h / 322hm

Am Morgen herrscht mal wieder Sandfliegenalarm. Wir stapfen also ohne Frühstück los, vorbei am See und hinauf auf den Emily Hill und steil wieder hinab. Ich konnte aufgrund von Knieschmerzen kaum schlafen, beim Laufen ist es aber wieder ok. Ich nehme sämtliche Abstieg einfach sehr vorsichtig. Dann wandern wir gerade auf einem Farmweg an einem weiteren See und einem ausgetrockneten Flussbett entlang. Es fängt an stärker werdend zu nieseln und wir entscheiden uns zur Double Hut zu gehen anstatt weiter auf den Sattel.

Es länge noch ein weiterer Weg über den 1.480m hohen Sattel und durch einige Flüsse vor uns, weshalb wir uns aufgrund des Wetters dagegen entscheiden. Kaum bei der Hütte fängt es stärker an zu regnen. Wir waschen uns nur noch im Fluss und essen Frühstück. Außerdem finde ich die Unterschrift von Ed Hillary aus 1951 über einem der Betten, was mein Herz höher schlagen lässt und mein Tageshighlight darstellt.

Nicht lange nach uns kommen zwei weitere NOBOS – Sam und Jesse. Sie sind vor uns gestartet, mussten aber verletzungsbedingt zwei Wochen pausieren. Auch sie bleiben heute hier. Gute Entscheidung, denn am Nachmittag wird’s richtig eklig mit tiefen Wolken und starkem Regen.

37. Tag: Der schlimmste Tag – Double Hut bis Comyns Hut

19km / 6h / 850hm

Das Wetter zeigt leider keine Besserung heute. Einziger Unterschied: Es ist kälter geworden. Wir sind zuerst unentschlossen, gehen aber mittags schließlich doch los. Vor allem weil wir kein Gas mehr haben. Sam und Jesse haben welches, aber die sind eine Stunde vor uns gegangen. Also Regensachen an und auf geht’s.

Beim ersten Fluss, keine 2km von der Hütte entfernt, rutsche ich aus und falle ins Wasser. Sogleich bin ich bis zur Hüfte nass. Mein Rucksack auch, aber ich habe vorher alles in Plastiktüten verpackt wegen des Regens. Ich muss mich nach vorne auf alle Viere begeben um wieder hoch zu kommen. Der Bach ist zwar nicht tief, aber die Strömung reißt einen sonst trotzdem mit.

Bengt will mir zur Hilfe kommen, allerdings landet sein Rucksack dabei ebenfalls im Wasser. Als ich so mit mir selbst beschäftigt bin und gerade wieder aufstehe schwimmt sein Rucksack an mir vorbei und ich denke nur ??? So muss Bengt nun seinen Rucksack retten und wir beide sind nass geworden.

Glücklicherweise geht es nun erstmal bergauf um wieder warm und etwas trockener zu werden. Wir steigen hinauf zu einem ersten Sattel. Dann marschieren wir in sanfterem Auf und Ab schließlich durch Schotter auf den Clent Hills Saddel (1.480m). Kurz davor fängt es an zu schneien. 200m über uns ist auch noch der Schnee von letzter Nacht zu sehen. Normalerweise bietet der Sattel wohl wunderschöne Aussichten, heute ist es aber eher trüb. Nur in die Richtung aus wir kommen lässt sich das Rangitata Valley ausmachen.

Wir halten uns nicht oben auf und machen uns gleich an den Abstieg. Wir steigen zum Fluss hinab, den wir hin und wieder auch queren müssen. Glücklicherweise sind die Abschnitte zwischen den Querungen lang genug damit ich meine Füße wieder warm laufen kann bevor es wieder durch eiskaltes Flusswasser geht. Leider ändert sich das bald und eine Querung jagt die nächste, sodass meine Füße keine Chance haben sich wieder zu erwärmen.

Was an heißen Tagen durchaus spaßig ist ist heute der blanke Horror. Irgendwann kann ich meine Füße nicht mehr spüren und die Kälte kriecht in meinen ganzen Körper. Die Hütte will auch einfach nicht erscheinen obwohl die Tageskilometer bereits überschritten sind, wie so oft. Schließlich kann ich nicht mehr, krame Isomatte und Schlafsack hervor, entledige mich meiner nassen Hose und Schuhe und krieche hinein um wieder warm zu werden. Ich kann auch nichts dagegen tun, dass mich ein Weinkrampf schüttelt. Mir ist elendig kalt. 

Bengt überredet mich schließlich noch zur bis zur Hütte weiter zu gehen, da wir dort die Chance auf etwas Warmes zu essen und zu trinken haben, da dort die anderen zwei sind. Schließlich bin ich soweit wieder bei Sinnen mich wieder anzuziehen und weiter zu marschieren. Bengt tauscht seine Schuhe mit mir, da seine Stiefel wesentlich wärmer sind, weil nicht soviel Wasser eindringt. Am Ende sind etwa 65 Flussüberquerungen gewesen.

Wir gehen ein Stück bergauf, weg von diesem elendigen Fluss und erreichen dann die Hütte, wo die anderen uns flink Tee zubereiten. Ich entledige mich meiner nassen Sachen, verkrieche mich im Schlafsack und trinke Tee. Dann essen wir was Warmes. Um richtig wieder warm zu werden braucht es jedoch Stunden. Erst in der Nacht ist mir wieder wohlig warm. Und das obwohl es in der Nacht richtig kalt wird. Unser warmer Atem kondensiert vor unseren Mündern.

Das war mit Abstand der schlimmste Tag für mich auf dem Te Araroa. Immer wieder das Gleiche wenn es regnet: Kalt! Bisher war aber nie so schlimm wie heute. Kein guter Tag für Flussquerungen, aber was bleibt uns übrig? Das Wetter verspricht keine Besserung, es wird nur von Tag zu Tag kälter und die Schneegrenze sinkt. Kaum zu glauben, dass es bis vor wenigen Tagen noch so heiß war.

38. Tag: Einfach nur raus – Comyns Hut bis Glenrock Stream Carpark und raus nach Methven

18,5km / 4,5h / 518hm

Es regnet und ist arschkalt als wir am nächsten Tag erwachen. Die Wolken hängen tief und 200hm über uns liegt Schnee. Wir wollen nur noch raus und ins Warme. Nach dem Frühstück gehen wir zum Fluss runter. Diesmal ist ein anderer Fluss und wir wandern an ihm entlang oder hindurch, aber glücklicherweise nicht allzu oft.

Danach steigen wir auf einen Sattel wo mir ordentlich warm wird. Der Regen kennt kein Ende. Zwischendurch kommen wir an der kleinen A-Frame Hut vorbei wo die anderen zwei gerade Pause machen. Sie holen uns kurz darauf wieder ein, beim Aufstieg zum Turtons Saddle auf 1.120m. Von hier gehts nun in Serpentinen abwärts. Der Weg ist matschig und rutschig und wir alle gleiten mehrmals aus. Mir fährt dabei ein rasender Schmerz durch das rechte Knie, das das Gleiten abfängt.

Meine Knie sind ohnehin schon geschwunden und bei diesem Abstieg kaum noch zu ertragen. Wenn mir eine Knie nicht weh tun, dann habe ich abwechselnd Hunger, Schmerzen in Schulter oder Hüfte. Ich gehe so vorsichtig wie möglich hinunter. Das heißt langsam, damit ich nicht nochmal ausrutsche. Zwischendurch verfluche ich diesen Te Aaraoa und schließe im Geiste damit ab. Ich stelle mir vor wie ich nach Fiji oder Bali abhaue, irgendwohin wo es warm ist und diese Scheiße hinter mir lasse. Ich bin am Tiefpunkt angelangt. Aber noch nicht am Ende.

Nach einer Weile erreichen wir die Ebene, wo zumindest meine Knie nicht mehr protestieren. Die Schwester von Sam wollte kommen und sie abholen und er hat uns ebenfalls einen Platz im Auto angeboten, weshalb wir uns an die beiden halten. Sobald wir an der Straße ankommen wollen sie allerdings weiter gehen um ihr entgegenzugehen. Beide tragen Shorts und sie wollen in Bewegung bleiben um nicht zu frieren. Verständlich, aber ich will eigentlich nur pausieren und was essen. Die Mitfahrgelegenheit wollen wir uns aber nicht entgehen lassen, also weiter hinterher.

Wir hatschen also ein paar Kilometer die Straße entlang und halten den Daumen raus wenn ein Fahrzeug kommt. Die einzigen zwei Autos, die kommen rauschen im Affenzahn an uns vorbei und spritzen die Pfützen auf. Schönen Dank. Endlich hält ein LKW und nimmt uns zwei mit, denn er hat nur zwei Plätze und die anderen noch die Schwester. Das erste Mal fahre ich in einem LKW. Die Aussicht von hier oben ist ziemlich cool.

Die Straße ist wenig befahren und vor vier Wochen war sie sogar unpassierbar, da Zyklon Gita einen riesigen Erdrutsch ausgelöst hat, der die Straße unter sich begrub. Ich stelle mir vor wie furchtbar es sein muss kalt und nass vom Track zu kommen und dann weit und breit kein Auto zu finden, das einen in die Stadt bringen könnte. Es sind immerhin 45km bis nach Methven und weiter laufen geht nicht, da der mächtige Rakaia River im Weg ist.

Um auf die andere Seite zu kommen, wo der Te Araroa weitergeht muss man raushitchen und auf der anderen Seite wieder rein. Wir sind froh bald ins Warme zu kommen. Der Fahrer setzt uns im Stadtzentrum ab und wir laufen zum Alpenhorn Chalet, da der Lonely Planet einen Hot Pool verspricht.

Der Pool wird zwar nur im Winter in Betrieb genommen, aber dafür sind wir die einzigen Gäste und haben alles für uns was auch richtig schön ist. Es ist wie zu Hause, nur dass die Küche größer ist. Nach einer warmen Dusche und Aufwärmen im Bett gehen wir in den Blue Pub zum Essen. Ich bin mit Daunenjacke und Mütze unterwegs während Schulkinder in Shorts an uns vorbei ziehen. Erst beim Essen wird mir wieder warm. Abends kuschel ich mit der Hostelkatze am Ofen – herrlich. Das Leben ist wieder in Ordnung. Die Katze ist supersüß, zwar schon sehr kalt, langsam und kränklich, aber voller Liebe und Zutrauen.

Leider stellen wir erst abends fest, dass heute Freitag ist und weder Post noch Apotheke hier am Wochenende geöffnet haben. Wir müssen aber Fresspakete nach Boyle und St. Arnaud schicken, da die nächste Stadt erst wieder Nelson ist, wenn wir nicht zwischendurch raushitchen wollen. Und mein Knie braucht eine Bandage. Wir entscheiden also bis Montag hier zu bleiben und somit zwei Pausentage einzulegen, die meinem Knie sicher nicht schaden.

Zero Days Methven

Die nächsten zwei Zerodays verbringen wir mit der Planung bezüglich des Essens, der Aufteilug der Pakete und wohin wir sie schicken können. Wir planen die Abschnitte und Tage, die wir etwa brauchen werden. Wir kaufen ein, trinken heiße Schokolade im Café, kuscheln die Katze und organisieren uns einen Transport nach Lake Coleridge, wo der Trail weitergeht. Die Dame von der iSite verweist uns an den Campingplatzbesitzer, der sich bereit erklärt uns für 20$ pro Person dorthin zu fahren.

Nach unserem Großeinkauf werden wir sogar von einem 4Square Mitarbeiter nach Hause gefahren. Ob das ein Service ist, weil wir über 360$ dort gelassen haben? Nein, die Leute sind einfach nur extrem nett. 360$ klingt nach viel Geld, sind dann aber nur 18$ pro Tag für zwei Personen inklusive teurer Backcountry Cuisine Gerichte und Gas für 27 Tage. Wir teilen die Pakete auf und machen sie versandfertig.

Außerdem plane ich meine nächsten Urlaube. Erstmal eine Pause im warmen Australien nachdem ich die Südinsel hinter mir habe und dann für den Sommer, nach dem Te Araroa, eine Reise in die Arktis.

Hier geht’s zum elften Teil – Lake Colerdige bis Arthur’s Pass

Te Araroa: 12. Den Flüssen folgend – Arthur’s Pass bis Boyle Village

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Annika

Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeuten Wandern und Reisen für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt

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