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Sonnenuntergang am Gipfel von Mount Baldy

Die Post-Trail-Depression – Wenn die Wanderung endet

Selbst nach Wochen oder Monaten eines epischen Thru-Hikes kann die Rückkehr in den Alltag ein überwältigendes Gefühl der Leere hinterlassen. Erfahrt wie ihr mit einer „Post-Trail-Depression“ umgehen und welche Schritte ihr unternehmen könnt, um die Magie des Trails in eurem täglichen Leben aufrechtzuerhalten. Ein Blick auf die emotionale Reise nach dem Thru-Hike – die „Post-Trail-Depression“ und wie sie überwunden werden kann.

Ihr habt einen Thru-Hike hinter euch. Wochenlang, vielleicht monatelang, seid ihr von von morgens bis abends gelaufen, habt unter den Sternen geschlafen, jeden Tag ein neues Abenteuer. Wahrscheinlich seid ihr im Sommer gewandert und habt fast jeden Tag die Sonne aufgesaugt. Ihr habt unglaubliche Landschaften gesehen und neue Freundschaften geschlossen. All eure Probleme waren weit weg, eure einzige Sorge war es von Punkt A nach Punkt B zu kommen, ohne dabei etwas oder euch selbst kaputt zu machen. Ihr hattet jeden Tag einen Plan: Laufen, Essen, Schlafen,

Das Erreichen der Ziellinie fühlte sich wahrscheinlich wie eine unglaubliche Leistung an. Ihr seid eine Unmenge von Kilometern auf euren eigenen Füßen gelaufen. Alles was ihr für das Leben brauchtet befand sich in eurem Rucksack auf dem Rücken. Alles erschien klar und einfach. Ihr habt jede Minute bewusst erlebt, die Sonne, die Aussichten, die anderen Wanderer und auch euch selbst. Ein Monat auf dem Trail fühlt sich viel länger an als ein Monat im normalen Leben, wo die Zeit euch aus den Fingern zu rinnen scheint. Deshalb konnten auch so intensive Freundschaften innerhalb weniger Wochen entstehen. Wann verbringt man schon 24/7 Zeit mit jemandem oder sich selbst? Jeden Tag voll von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang zu nutzen ist etwas, was wir im alltäglichen Leben nicht tun. Jeder Schritt, den wir machen, bringt uns einem Ziel näher, es hat einen Sinn.

Ihr habt einen Haufen Fotos als Erinnerung von diesem wichtigen Lebensabschnitt und jetzt seid ihr bereit für ein paar Annehmlichkeiten des Lebens. Richtiges Essen, ein richtiges Bett, tägliche Duschen. Klingt gut, nicht wahr?

Naja… Nachdem ihr ein paar Mal geduscht und euren Kühlschrank wieder aufgefüllt habt, sitzt ihr in eurem Wohnzimmer und fühlt euch völlig leer. Was genau war es noch mal, das ihr vermisst habt? Um 7 Uhr aufzustehen, um zur Arbeit zu gehen, die Wohnung zu putzen, die Rechnungen zu bezahlen und in überfüllten U-Bahnen zu sitzen. Andere Menschen verstehen euch nicht, eure Geschichten vom Trail werden langweilig für sie, sie verstehen nicht wie euch die Erfahrung auf eurem Thru-Hike verändert hat. Es kann sich sogar so anfühlen als ob sich die Welt und die anderen Menschen aus eurem „Leben davor“ kein Stück verändert haben, während sich in euch drin so viel verändert haben zu scheint. Die Erfahrung hat euch reicher, aber vielleicht auch einsamer gemacht, denn ihr fühlt euch nicht mehr so ganz zugehörig und das Leben scheint sich ohne euch abzuspielen. Es mag sich nicht mehr so anfühlen als wärt ihr Teil dieses Lebens, sondern eher Beobachter. Irgendwie scheint eine Wand, eine trennende Schicht zwischen euch und dem „normalen Leben“ entstanden zu sein.

Ihr fühlt euch niedergeschlagen. Was ist da los? Das Leben fühlt sich langweilig und bedeutungslos an, die Zufriedenheit, die ihr vielleicht von vorher kanntet, will sich einfach nicht einstellen.

Während des Wanderns habt ihr ein intensives Gefühl der Freiheit, des Abenteuers und der Gemeinschaft verspürt. Nach Abschluss des Trails kann der Übergang zu einem „normalen“ Alltagsleben emotional schwierig sein.

Ihr habt eine Post-Trail-Depression.

Die „Post-Trail-Depression“ oder auch „Post-Trail-Blues“ ist ein Begriff, der oft von Thru-Hikern verwendet wird. Er beschreibt die emotionale Herausforderung und das Gefühl der Leere, das viele Wanderer nach dem Abschluss eines solchen epischen Abenteuers erleben. Der Übergang von einem einfachen Leben auf dem Trail, bei dem die Prioritäten auf Essen, Schlafen und Wandern liegen, zurück zu den Herausforderungen des Alltags, kann schwierig sein. Es kann sich so anfühlen, als ob die Welt, in der man vorher gelebt hat, nicht mehr dieselbe ist. Während des Wanderns entwickelt ihr enge Beziehungen zu anderen Trailgefährten. Der Abschluss des Trails kann ein Gefühl des Verlusts dieser Gemeinschaft mit sich bringen. Die Post-Trail-Depression ähnelt in gewisser Weise dem Verlust einer wichtigen Phase im Leben. Es kann Traurigkeit, Wehmut und eine gewisse Orientierungslosigkeit auslösen. Es kann einige Zeit dauern, um sich wieder in das normale Leben einzufinden und sich auf neue Ziele oder Herausforderungen auszurichten.

Goat Rocks Wilderness
Es ist eine andere Welt auf dem Trail

Verstehen, dass eine Post-Trail-Depression normal ist

Die Post-Trail-Depression ist nach einem Thru-Hike oder sogar einem „normalen“ Urlaub sehr verbreitet. Viele Thru-Hiker berichten, dass sie sich für eine gute Weile völlig daneben fühlen, nachdem sie sich wieder in ihre normale Routine eingelebt haben – ihr sollt also wissen, dass ihr nicht allein seid! Das Gefühl der Einsamkeit wird durch die Tatsache verstärkt, dass eure Familie und Freunde nur mäßig an euren Outdoor-Abenteuern interessiert sind. Sie verstehen nicht, was ihr auf dem Wanderweg durchgemacht habt – und auch nicht, was ihr jetzt erlebt. Die „reale Welt“ fühlt sich vielleicht hoffnungslos materialistisch an, und ihr passt nicht mehr wirklich in sie hinein.

Wenn ihr trainiert, setzt euer Körper Endorphine frei. Fügt etwas Natur, Sonnenlicht und eine beeindruckende Landschaft hinzu und euer Gehirn explodiert mit diesen Glückshormonen. Es ist das Gefühl, das euch dazu bringt, eure Arme in den Himmel zu heben, wenn ihr auf einem Berggipfel steht. Der Vergleich mit der Einnahme von Drogen ist eigentlich gar nicht so weit hergeholt, man ist seit Monaten auf einer kolossalen Dosis eines natürlichen Rausches und plötzlich ist alles einfach weg. Ich hasse es, das zu sagen, aber ein gutes Buch auf der Couch vor dem Kamin zu lesen oder sogar Zeit mit euren Liebsten zu verbringen, setzt nicht die gleiche Dosis frei. Kein Wunder, dass ihr euch niedergeschlagen fühlt, eurem Gehirn wird der motivationsfördernde Treibstoff regelrecht entzogen!

Deshalb ist es gut zu wissen, dass eure Stimmungen nicht unbedingt vom rationalen Teil eures Gehirns diktiert werden. Wenn ihr euch schlecht fühlt, ist es sehr einfach, daraus zu schließen, dass ihr euch schlecht fühlen müsst, weil euer Leben schlecht ist. Das ist der Punkt, an dem ihr euch selbst unterbrechen müsst. Die Entzugserscheinungen und die leichten Depressionen, die ihr vielleicht verspürt, sind eine Reaktion auf eure extreme Lebensumstellung. Euer Gehirn zieht es bei weitem vor, Berge zu besteigen, anstatt E-Mails zu verschicken. Das bedeutet nicht, dass euer Leben nun bedeutungslos ist und ihr für immer unglücklich sein werdet.

Gebt euch Zeit

Um mit der Post-Trail-Depression umzugehen, ist es hilfreich, sich bewusst zu machen, dass es eine natürliche Reaktion auf den Übergang vom Trail in die Alltagswelt ist. Es kann auch hilfreich sein, sich mit anderen Wanderern auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, und Unterstützung von Freunden und Familienmitgliedern zu suchen. Die Zeit heilt oft diese Art von Depression, und es ist wichtig, sich selbst die Erlaubnis zu geben, diese Übergangsphase zu durchleben.

Macht euch keine Sorgen, dieses Loch wird nicht ewig anhalten. Egal, ob diese Übergangsphase nun bedeutet, dass ihr nur auf den nächsten großen Trail hinarbeitet, oder euch tatsächlich wieder in eine Art „normales“ Leben einfinden könnt. Als ich ins graue Deutschland zurückgekehrt war, nachdem ich drei Monate in Neuseeland auf dem Te Araroa gewandert war, fühlte ich mich beschissen. Das erste was ich getan habe als ich nach Hause kam war mich weinend im Bett zu verkriechen. Es war nun also wirklich vorbei, dieses Leben in dem ich so aufgegangen bin. Und die alltäglichen Verpflichtungen, Sorgen und Probleme drohten mich nahezu zu überfluten.

Alles, worauf man sich bei dem Gedanken an „Zuhause“ freuen könnte, fühlte sich überhaupt nicht erfüllend an, und ich machte mir Sorgen, dass die Lebenslektionen, die ich auf dem Trail „gelernt“ hatte, an mich verschwendet waren – dass ich dazu verdammt war, in meinem normalen Leben unglücklich zu sein. Den TA zu laufen war eine große existenzielle Sache für mich und nun fehlte mir diese Sache extrem. Wie auch immer, mit der Zeit lebte ich mich allmählich wieder ein. Gebt euch eine Chance all die Emotionen zu verarbeiten. Gebt euch die Erlaubnis traurig sein zu dürfen und auf eure Bedürfnisse zu hören.

Seid proaktiv – findet ein Projekt

Vielleicht etwas widersprüchlich zum vorherigen Ratschlag dem Ganzen Zeit zu geben, aber das bedeutet nicht nur herumzusitzen und Trübsal zu blasen. Langfristige Ziele können sehr anstrengend sein und gehen oft im Alltag unter. Die Arbeit erscheint nicht mehr erfüllend, der Sinn scheint euch abhanden gekommen zu sein. Ihr tagträumt euch zurück auf den Trail. Vielleicht kämpft ihr sogar mit einer Reizüberflutung, die ihr vorher gar nicht so kanntet. Plötzlich erscheint das normale Leben viel lauter, hektischer, überfüllter, anstrengender als vorher. Der Einkauf im Supermarkt oder das Nutzen von öffentlichem Nahverkehr zur Rush Hour kann zu einer echten Herausforderung werden.

Sich jedoch der leidenschaftlichen Verfolgung kurzfristiger Ziele zu widmen, kann ein echter Lebensretter sein.

Am liebsten würde ich jeden zweiten Monat Urlaub machen und wenn ich einmal aus der Routine geworfen werde, dauert es ewig, bis ich wieder in Schwung komme. Kommt euch das irgendwie bekannt vor? Ich habe herausgefunden, dass das beste Mittel dagegen eine neue Leidenschaft ist, vorzugsweise eine Outdoor-Leidenschaft. Viele Wanderer berichten, dass es ihnen geholfen hat, ihre Post-Trail-Depression zu überwinden, indem sie eine weitere Wanderung planten. Das Setzen von Zielen spielt dabei eine große Rolle, denn auf einem Thru-Hike ist jeder Schritt ein greifbarer Fortschritt. Wenn mein neues Projekt in irgendeiner Weise messbar ist, erhöht das seinen Reiz.

Ich wusste ich wollte einen weiteren Thru-Hike machen, ich wusste, dass der Te Araroa nicht das Ende sein würde. Es war erst der Anfang meiner Thru-Hiking-Karriere. Ich wusste noch nicht was das nächste Ziel werden würde, aber ich wusste, es war nur eine Frage der Zeit. Und zwei Jahre später war es soweit und ich ging auf meinen zweiten großen Thru-Hike, den PCT. Und auch nach dem PCT hatte ich wieder eine Post-Trail-Depression, diesmal wusste ich aber schon besser, was da auf mich zukommt, und dass mein „normales Leben“ nur der Übergang zum nächsten Projekt darstellt. Ich konnte mich besser darauf einstellen und habe mir mehr Zeit gegeben langsam wieder zurückzufinden. Es war auch einfacher, da ich nach dem Trail immer noch im engen Kontakt mit jemanden war, der einen großen Teil dieses Abenteuer mit mir bestanden hat.

Wenn eine Langstreckenwanderung nicht mit eurem Lebensstil oder Budget vereinbar ist, kein Problem. Es gibt viele Projekte und Aktivitäten, die ihr näher an eurem Zuhause durchführen könnt. Eine neue Sprache zu lernen oder ein Instrument zu spielen sind Klassiker – aber wie wär’s zum Beispiel mit Klettern? In den meisten größeren Städten gibt es Kletterhallen und je nachdem wo ihr wohnt gibt es auch Spots draußen am Fels. Es ist eine sehr körperliche und soziale Aktivität, die einen dazu zwingt, mit seinem Körper im Einklang zu sein und ablenkende Gedanken auszublenden. Andere Dinge, die ihr ausprobieren könntet: Laufen – alles von 5 km bis hin zu einem (Halb-)Marathon verlangt von euch, dass ihr euren Hintern hochkriegt und in eine Routine kommt. Wenn ihr in der Nähe der Küste lebt, geht paddeln oder surfen! Wenn ihr in der Nähe der Berge wohnt, geht bergsteigen! Und auch im Flachland gibt es viele mögliche Wanderrouten.

Der Achensee vom Bärenkopf
Auch Tageswanderungen können euch ein Stück Trail-Gefühl zurückgeben

Verbindet euch

Bleibt in Kontakt mit euer Trail-Family, denn ihnen wird es höchstwahrscheinlich genauso gehen wie dir. Sie verstehen dich und werden dir nicht das Gefühl geben, dass irgendwas mit dir nicht stimmt. Dass du funktionieren musst um einen Platz in der Gesellschaft einzunehmen. Die Freundschaften, die ihr auf dem Trail geschlossen habt, können euch auch jetzt helfen mit diesen Herausforderungen klar zu kommen. Gemeinsam in Erinnerungen schwelgen, Anekdoten zum Besten geben, zusammen Fotos anschauen – all das kann euch helfen euch weniger allein zu fühlen.

Über die sozialen Medien könnt ihr euch auch mit zukünftigen Thru-Hikern vernetzen und ihnen dabei helfen ihr Abenteuer zu planen, ihnen mit Tipps zur Seite stehen. Ich habe gemerkt wie wunderbar es sich anfühlt, wenn ich über den Trail reden darf. Im Alltag ist das schwierig, denn die meisten Menschen interessieren sich nicht für all die Details und Feinheiten, sie mögen einen sogar für etwas verrückt halten und es kann einem das Gefühl geben nicht mehr dazuzugehören. Aber da draußen gibt es zukünftige Thru-Hiker, die total glücklich über die Erfahrungen von euch sein werden. Und es gibt euch die Gelegenheiten stundenlang darüber reden zu dürfen, ohne, dass es ihnen langweilig wird. Es ist eine Win-Win-Situation für beide Seite. Du darfst darüber reden und dich nützlich fühlen indem du dem Aspiranten hilfst und der andere profitiert von deinen Erfahrungen für sein eigenes Abenteuer. Und wenn ihr diesen Menschen dann dabei folgt wie sie letztlich ihren eigenen Weg auf dem Trail gehen, könnt ihr die Erinnerungen wieder aufleben lassen und euch wieder als Teil von etwas Größerem fühlen. Es ist ein bisschen so als würde man mitwandern. Dies ist eine gute Art seine Zeit bis zum nächsten größeren Ziel zu verbringen.

Wenn du in der Nähe eines Langstreckentrails wohnen oder zufällig auf einer Reise in der Nähe sein solltest, überrasche doch die Wanderer mit etwas Trail Magic oder biete eine Mitfahrgelegenheit an. Es ist eine tolle Art, die empfangene Freundlichkeit zurückzugeben, und gleichzeitig in Kontakt mit Menschen zu kommen mit denen man über eine gemeinsame Erfahrung sprechen kann. Egal, in welcher Form, zurückzugeben kann ein sehr erfüllendes Gefühl sein.

Ich denke gerne daran mich als eine Art Alien zu sehen, das nur seinen Heimatplaneten finden muss. Und die Natur und die Thru-Hiking Szene ist eine Art Heimatplanet für mich. Wo ich mich dazugehörig und zuhause fühle.

Trail Magic von Chipmunk
Die gefundene Gemeinschaft auf dem Trail ist nicht zu Ende

Der Weg geht immer weiter

Vielleicht werdet ihr euch feststellen, dass eure Sicht auf das Leben etwas aus den Fügen geraten ist. Dass sich Erfolg vielleicht nicht mehr über Geld, Karriere und eine Familie definiert. Es ist vollkommen okay Erfolg und vielleicht sogar seine Lebensziele anders zu definieren. Macht eine Liste mit all euren Träumen: Reisen, Wanderungen, Thru-Hikes, Aktivitäten, die ihr schon immer mal machen wolltet. Nehmt keine Rücksicht darauf ob es realistisch ist oder nicht. Wenn ihr Lust habt ins Weltall zu fliegen, setzt das ruhig auf die Liste. Wer weiß was die Zukunft bringen mag. Fangt an zu träumen bzw. träumt weiter. Dies ist nicht das Ende der Liste, dies ist erst der Anfang.

Vergesst dabei auch nicht darauf zurück zu blicken was ihr euch schon für Träume erfüllt habt. Wenn es mir hundselend geht, hilft es mir manchmal mir vor Augen zu führen was ich schon alles für Abenteuer erlebt habe, von denen die meisten Menschen nur träumen.

Nachdem ich einige Trails auf der ganzen Welt absolviert habe, weiß ich, dass die Magie der Stadt nur vorübergehend ist, die Magie des Trails aber ist für immer. Selbst ein schlechter Tag auf dem Trail fühlt sich sich besser an als ein durchschnittlicher Tag auf der Arbeit. Plötzlich würdet ihr gerne wieder in eurem kondensationsgetränktes Zelt sitzen und Ramen essen.

Ich wandere so viel wie möglich, setze mir Ziele in näherer Umgebung. Jeder Minute in der Natur bringt mir Frieden. Ich fühle mich da draußen zuhause. Ich habe das Gefühl ich selbst sein zu können, so sein zu dürfen wie ich bin, denn die Natur schert sich nicht darum wie ich aussehe und ob ich den Herausforderungen des alltäglichen Lebens gewachsen bin. Ich darf einfach sein. Selbst eine Tageswanderung verschafft mir Erleichterung, eine Pause von der Hektik des Alltags. Raus aus der Zivilisation und rauf auf einen Berg, Sonne und Wind auf der Haut spüren, ein bisschen schwitzen, neue Erinnerungen schaffen, am Ende des Tages müde Beine zu haben und dabei eine gewisse Zufriedenheit zu verspüren.

Wenn ihr euch das Gefühl auf einem Thru-Hike zurückholen möchtet, dann packt doch einfach euer Zelt und euer Cold-Soak-Glas in euren Rucksack und übernachtet irgendwo. Nur eine Nacht da draußen, Sonnenuntergang und Sonnenaufgang von dem Gipfel eines Berges erleben, kann mir schon helfen wieder durchzuatmen. Überlegt euch welche Berge ihr schon immer mal besteigen wolltet, welche Trails rund um euer Zuhause ihr schon immer mal laufen wolltet.

Am Ende des Tages geht es bei der Post-Trail-Depression nicht nur darum die Erfahrung des Trails zu vermissen, sondern auch darum, die Version von sich selbst zu vermissen, die man beim Wandern war. Um den Blues zu überwinden, müsst ihr also nach anderen Dingen suchen, die die beste Version von euch zum Vorschein bringt.

Sonnenaufgang am Gipfel von Mount Baldy
Ein Overnighter auf einem Berggipfel kann euch das Gefühl, das ihr auf einem Thru-Hike hattet, zurückgeben

Sucht euch Hilfe

Nur am Rande: Wenn ihr euch langfristig depressiv fühlt, würde ich euch empfehlen, einen Therapeuten aufzusuchen oder mit eurem Hausarzt zu sprechen – wenn ihr feststellt, dass eure Post-Trail-Depression sich zu etwas Ernsterem ausweitet, sucht euch professionelle Hilfe! Das ist besonders wichtig für Menschen mit einer Vorgeschichte von psychischen Problemen. Wenn ihr eine Vorgeschichte habt bzw. eine psychische Störung, wartet gar nicht erst darauf, dass ihr in das Loch fallt, sondern sucht frühzeitig Anschluss an euren Psychiater und Therapeuten.

Mentale Gesundheit ist kein Tabu mehr, es ist wichtig sich damit auseinanderzusetzen. Ihr müsst da nicht alleine durch. Es ist viel besser, Unterstützung zu bekommen, um eure Psyche wieder zu stabilisieren, als unnötig zu leiden, weil ihr euch nicht in der Lage seht, mit der Situation fertig zu werden.

Fazit

Abschließend lässt sich sagen, dass die „Post-Trail-Depression“ eine völlig normale und verständliche Reaktion auf den Übergang vom Thru-Hiken zurück in den Alltag ist. Die intensive Freiheit, Abenteuerlust und Gemeinschaft des Trails kann schwer zu ersetzen sein, und der Mangel an klaren Zielen und Herausforderungen im normalen Leben kann zu einer Sinnkrise führen. Es ist wichtig zu erkennen, dass diese Depression vorübergehend ist und im Laufe der Zeit nachlassen wird.

Um den Post-Trail-Depression zu bewältigen, ist es hilfreich, proaktiv zu sein, sich mit anderen Wanderern auszutauschen, langfristige Ziele zu setzen und sich weiterhin mit der Natur zu verbinden. Die Erfahrungen und Erinnerungen, die ihr auf dem Trail gesammelt habt, können als Anker für zukünftige Abenteuer und als Quelle der Inspiration dienen.

Denkt daran, dass das Leben immer weitergeht, und eure Erfahrungen auf dem Trail euch auf einzigartige Weise geprägt haben. Während die Post-Trail-Depression herausfordernd sein kann, ist sie auch eine Gelegenheit zur Selbstreflexion und zur Neuausrichtung eurer Lebensziele. Wenn ihr diesen Blues mit Geduld und Entschlossenheit durchsteht, könnt ihr auf neue Wege und Abenteuer hoffen, die euer Leben bereichern und euch erfüllen werden. Der Trail mag vorüber sein, aber die Reise geht weiter.

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    Die Weltwanderin

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    Annika

    Ich bin verliebt in die Welt, ihre Berge und das Abenteuer. Seit jeher beschäftigt mich eine starke Sehnsucht nach einem intensiven Leben. Dabei bedeuten Wandern und Reisen für mich pure Freiheit und Glück. Auf diesem Blog lest ihr alles über meine Abenteuer auf der ganzen Welt

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