Mit dem 3. Oktober steht mal wieder ein Feiertag an, der sich in Verbindung mit einem Brückentag fantastisch für Bergtouren eignet. Geplantes Ziel sind die Dolomiten – wir wollen den Sass Rigais in der Geislergruppe sowie den Piz Boe in der Sellagruppe erstürmen – beides 3.000er. Wohlbemerkt meine ersten 3.000er-Berge, die ich zu Fuß in Angriff nehme. Die Vorfreude ist groß.
Am Mittwochabend geht’s los Richtung Italien. Ich verbringe die meiste Zeit schlafend und so sind wir schnell am Ziel – dem Parkplatz am Ausgangspunkt der Wanderung auf den Sass Rigais (3.025m). Wir zelten etwas überhalb des Parkplatzes, von Gestrüpp geschützt. Wir haben eine fantastische Sicht auf den Sternenhimmel, die komplette Milchstraße. Wunderschön! Eine perfekte Einstimmung auf die nächsten vier Tage.
Aufstieg zur Regensburger Hütte über Sylvester Scharte
Morgens begeben wir uns dann mit unserem schweren Gepäck hinauf. Wir laufen nicht direkt zur Regensburger Hütte, sondern machen einen Schlenker über die Stevia Hütte. Es geht an einer steilen Felswand vorbei über Schotter, Hangquerung und an der schönen Sylvester Scharte entlang. Wir gelangen über die Wolken und genießen die wunderschöne Aussicht auf das Tal von Wolkenstein. Das Wetter ist perfekt, nur die Rucksäcke zehren an unseren Kräften.
Da wir planen draußen im Zelt zu übernachten, ist der Rucksack deutlich schwerer als gewöhnlich. Nach dem steilen Anstieg, geht es nun wieder steil bergab zur Regensburger Hütte auf 2.037m. Hier gönnen wir uns eine Mittagspause mit Brotzeitschmankerln, Apfelstrudel und Weißbier.
Zelten am Sass Rigais
Etwas müde vom Weißbier geworden, steigen wir nun noch ein weiteres Stückchen hinauf Richtung Sas Rigais, das Ziel für unseren morgigen Tag, und finden schnell einen perfekten Zeltplatz. Eine große flache Wiese auf einem Hochplateau, mit Aussicht und Bank. Fehlt eigentlich nur der Bach. Wir müssen für’s Erste mit dem Wasser auskommen, das wir haben.
Nach einem kleinen Schläfchen, während die Jungs für Feuerholz sorgen, begeben wir uns noch auf einen kleinen Spaziergang in der Umgebung. Vorrangig um eine Stelle zu finden an der wir eine kleine Abseilübung machen können. Jacky hat ein neues Halbseil gekauft um sich im Zweifelsfall abseilen zu können wenn’s schwierig wird. Dies wollen wir nun einmal austesten. Wir finden einen Schotterabhang mit moderater Steigung und probieren hier verschiedene Techniken mit Tube und Abseilachter aus. Dabei finden wir viele wollig-weißfilzige Edelweiße, die hier fast wie Unkraut wachsen. Die Begeisterung über die Funde ist groß. Unten in der kleinen Schotterschlucht befindet sich ein einzelner Riesenfelsen, der die Größe eines Hauses erreicht. Man mag sich gar nicht ausmalen, dass der hier einmal runtergekracht sein muss.
Es wird sehr kalt, die Wolken kriechen herbei und hüllen uns komplett ein. Wir begeben uns zurück zu unserem Lager, die Jungs versuchen geduldig aus dem nassen, riesigen Holzteilen ein Feuer zu zaubern, was ihnen nach gefühlten zwei Stunden auch gelingt. Wir essen unsere Outdoormahlzeiten, genießen den Abend kuscheln uns in unsere Schlafsäcke und wärmen uns am endlich aufflammenden Feuer. Was für ein perfekter Abend!
Sass Rigais
Am nächsten Tag brechen wir unsere Zelte ab, sortieren unsere Rucksäcke um, sodass wir alles Unnütze rauswerfen können und mit leichtem Gepäck den Anstieg auf den Sass Rigais in Angriff nehmen. Die restlichen Rucksäcke verstecken wir in einer kleinen Kuhle unterhalb des Felsmassivs und beginnen dann den langen, sehr steilen Zustieg über Schotter zum Klettersteig. Wir steigen über den Ostgrat auf, unter uns wabern die Wolken und verbergen das Tal. Es sieht aus wie ein Meer aus dem die Berggipfel wie Inselchen heraus ragen. Schon der Zustieg ist kräftezehrend. Auf dem Sattel machen wir kurz Pause und genießen den weiten Blick in die Landschaft und auf das Wolkenmeer. Neben uns ragt die spitze Furchetta auf.
Dann geht’s noch ein weiteres Stück über ungesicherte Schrofenpassagen im I. Grad bis zum Einstieg in den mittelschweren Klettersteig (A/B/C). Nach einem Aufschwung und einer Querung geht es über bröckeliges Gebiet bis zur Schlüsselstelle. Mit Tritten ist diese Stelle aber auch einfach zu meistern. Durch Rinnen und über Schrofen geht es immer weiter unschwierig bergauf, eine Sicherung ist nur zeitweise notwendig. An einer etwas abenteuerlicheren Stelle muss man einen großen Spreizschritt über einen Abgrund wagen, danach geht es wieder über ungesichertes Gelände weiter. Schon bald sichten wir das Gipfelkreuz und steigen ihm steil entgegen.
Was für ein Gefühl! Unser erster 3.000er ist bezwungen! Wir sind glücklich, genießen den fantastischen Ausblick. Die Wolken haben sich etwas zurück gezogen und ermöglichen einen fantastischen Ausblick ins Villnöß und Grödner Tal, die zerklüftete Felslandschaft breitet sich vor uns aus. Von hier aus kann man bis zur Sellagruppe schauen, wo sich auch unser Ziel für die nächste 2-Tagestour befindet – der Piz Boe, weiter über die Puezspitzen, Langkofel und viele mehr.
Abstiegüber den Klettersteig
Der Abstieg erfolgt über den Südwest-Grat (A/B). Luftig und ausgesetzt geht es im Zickzack hinab. Über den Grat geht es dann in die Wand und von unten betrachtet kann man in dieser Landschaft kaum glauben, dass man dort eben irgendwo durchgestiegen sein muss. Das Gelände sieht so feindlich aus, aber auch sehr faszinierend, vor strahlend blauem Himmel. Ich liebe die Felsen, sie sind meine Welt! Ich fühle mich wie eine Gams, die in Windeseile durch die Felsen hüpft. In Serpentinen geht es dann hinunter, dann über eine Schlucht und wenig vertrauenserweckenden Holzbrettern zwischen rötlichen Türmen zurück in zu unserem Ausgangsort.
Wir lesen unsere Rucksäcke auf und gehen dann hinab zur Alm, wo wir unseren Erfolg feiern. Eine Schaukelrunde später, ziehen die Wolken vom Tal hinauf und nehmen uns die Sicht und Wärme. Wir begeben uns zum Abstieg, hinab in die tiefe Wolkenschicht. Das Tal unten hat den ganzen Tag kaum Sonne gesehen, da es unter der Wolkendecke gesteckt hat. Etwas ungemütlich geht es hier nun zügig bis zum Auto und dann fahren wir zum Grödner Joch, unserem Ausgangsort für die nächste Tour.
Die Wolken reißen etwas höher wieder auf und gibt uns eine wunderschöne Sicht auf die abendlichen Dolomiten-Massive. Wir finden einen geeigneten Platz für unsere Zelte etwas überhalb des Parkplatzes in Daunei, direkt neben dem Wanderweg und schlagen unser Lager auf. Die Wolken kommen hier allerdings wieder und hüllen uns tief ein, verbergen dadurch aber immerhin unsere Zelte sehr gut. Dann suchen wir eine Pizzeria in Wolkenstein auf und schlagen uns ordentlich die Bäuche voll.
Durchkreuzte Pläne
Der nächste Tag beginnt vielversprechend mit schönem Sonnenaufgang. Wir mumpfeln unser Müsli und bereiten uns auf die bevorstehende Tour vor. Dann jedoch schwingt das Wetter plötzlich um und Regen beginnt auf das Zeltdach zu tröpfeln. Wir ziehen uns in unsere Zelte zurück und warten. Warten darauf, dass der Regen wieder aufhört. Es regnet sich jedoch so richtig schön ein und einen Blick auf den Wetterbericht später, treffen wir gegen Mittag die Entscheidung abzubrechen und zurück nach München zu fahren. Sehr schade, aber wir sind trotzdem sehr glücklich über die gelungene erste Tour. Das Wetter oben könnte zwar etwas besser sein, aber nasser Fels ist bei I.er bis II.er Gelände auch nur bedingt von Vorteil.
Wir suchen nochmal unsere Pizzeria von gestern Abend auf um dann den staugeprägten Heimweg nach München anzutreten. Was für eine wunderschöne Tour! 3.000er mit Weitblick, Felslandschaft, pures Outdoor-Leben im Zelt – wie ich es liebe. Das schwere Gepäck ist es definitiv wert, denn solche Momente sind für die Ewigkeit.
FAKTEN ZUR TOUR
Bergtour Sass Rigais über Regensburger Hütte (3.025m)
Gehzeit: 7,5h
Höhenmeter: 1.500 hm
Ausgangspunkt: St. Christina
Schwierigkeit: T4 – Alpinwandern / I. Grad
FAKTEN ZUR TOUR
Bergtour Monte Altissimo de Nago über Malga Campo (2.079m)
Gehzeit: 4-4,5h
Höhenmeter: 780hm
Ausgangspunkt: Von Nago Richtung Monte Baldo bis zum Wanderparkplatz (1.550m)
Schwierigkeit: T2 – BergwandernMerken
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