Hier findet ihr meine gesammelte Weisheit von meinem Thru-Hike auf dem CDT. Das Schwierigste ist die Entscheidung zu treffen, euch auf eine monatelange Wanderung zu begeben. Abgesehen vom Visum, ergibt sich der Rest von selbst.
Inhaltsverzeichnis
ToggleVor dem Trail
- Überlegt euch, ob ihr SOBO oder NOBO auf dem CDT gehen wollt.
- Startzeitpunkt: Achtet auf die Schneehöhen (je nachdem, ob ihr NOBO oder SOBO geht, Glacier National Park oder Colorado), um euer Startdatum zu wählen.
- Finanzen: Spart genug Geld für den CDT, der im Durchschnitt etwa 9.000 USD kostet. Es stresst euch unnötig, wenn ihr unterwegs ständig daran denken müsst, ob ihr den Trail überhaupt beenden könnt, da es doch mehr kostet als geplant. Außerdem könnt ihr die Erfahrung besser genießen, wenn ihr nicht ständig ans Geld denken müsst.
- Training: Wandert so viel wie möglich, geht zu Fuß oder fahrt mit dem Fahrrad anstatt mit Bus oder Auto – bringt euch in Form. Es wird nicht über Erfolg oder Niederlage eurer Wanderung entscheiden, denn ihr könnt auf dem Weg fit werden. Ihr werdet euch damit aber die Anfangszeit erleichtern.
- Community: Tretet den Facebook-CDT-Gruppen bei – für Infos zu aktuellen Bedingungen, Austausch, Tipps.
- Navigation: Besorgt euch FarOut für einfache Navigation – mit Wasserstellen, Zeltplätzen, Trail Towns und hilfreichen Kommentaren.
- Visum: Kümmert euch rechtzeitig um euer B2-Visum für die USA. Die Termine für das Interview in der Botschaft sind manchmal schwer zu bekommen und involvieren meist eine längere Wartezeit. Informiert euch auch über die aktuellen Einreisebestimmungen. Ein Visum garantiert leider keine Einreise.
- Planung: Recherchiert nur für die ersten paar Städte auf dem CDT, der Rest ergibt sich während eurer Wanderung. Verzettelt euch nicht in detaillierter Planung des gesamten Trails.
Ausrüstung
- Bewährte Ausrüstung: Der CDT ist wahrscheinlich nicht euer erster Thru-Hike und idealerweise habt ihr bereits Ausrüstung, die sich für euch bewährt hat. Nehmt die gesammelten Erfahrungen mit und optimiert nur, wo es nötig ist.
- Base Weight: Versucht euer Base Weight unter 7 kg zu bekommen. Erstellt eine Lighter Pack Liste.
- Schuhe & Socken: Ersetzt eure Schuhe alle 500 bis 600 Meilen. Darn Tough bietet einen Sock Exchange an, d. h. ihr könnt in teilnehmenden Outdoorläden eure löchrigen alten Socken kostenfrei gegen neue eintauschen. Wechselt zu eurem zweiten Paar Socken, wenn das getragene steif vor Dreck wird und somit Reibung verursachen kann. Stellt sicher, dass ihr euren Lieblingsschuh in den USA erhalten könnt. Ihr könnt die meisten Marken online bestellen und euch in eine der Trail Towns schicken lassen.
- Schlafsack/Quilt: Komforttemperatur mindestens 0° C. Wenn ihr schnell friert, wie ich, empfehle ich eine Komforttemperatur von -5 °C, damit habe ich nicht einmal auf dem CDT gefroren und es gab einige Nächte im Schnee, die deutlich unter dem Gefrierpunkt lagen.
- PLB: Verzichtet nicht auf einen PLB, egal ob Spot, Zoleo oder Garmin InReach. Jeder sollte sein eigenes Gerät mitführen, auch wenn ihr zu zweit wandert. Es kann immer vorkommen, dass ihr getrennt werdet.
- Bear Gear: Zwischen Glacier National Park, Montana und Lander, Wyoming braucht ihr Bear Spray und Ursack (oder Bear Can). Auch beim Bear Spray gilt: Jeder sollte sein eigenes dabeihaben! Tragt euer Bear Spray stets griffbereit. Im Rucksack nützt es euch nichts. Ich empfehle entweder an der Bauchtasche oder am Schultergurt eures Rucksacks. Und nehmt es auch mit, wenn ihr ohne Rucksack auf die Toilette geht!
- Regenkleidung: Es ist deutlich nasser auf dem CDT als auf dem PCT, Regenkleidung ist also unverzichtbar. Frogg Toggs sind ausreichend, es braucht nichts Teures.

Allgemein
- Seid flexibel und lasst euch nicht verrückt machen von den Bedingungen – egal ob Schnee oder Waldbrände. Fangt einfach an und seid bereit, eure Pläne anzupassen, wenn es erforderlich sein sollte. Ob Flip-Flop, Auslassen einer Sektion wegen Verletzungen, Feuerschließungen oder sonstigen Ereignissen – zieht alles in Erwägung und schießt euch nicht auf eine bestimmte Vorstellung von eurem Thru-Hike ein.
- Hike your own Hike: Lasst euch nicht von anderen erzählen, wie ihr zu wandern habt. Egal, wofür ihr euch entscheidet, es gibt nicht die EINE Art, einen Thru-Hike zu machen. Egal, ob ihr lieber weniger Meilen zurücklegt, etwas auslasst, euch für einen Flip-Flop entscheidet oder einen Section-Hike macht. Alles hat seine Daseinsberechtigung. Es ist EUER Abenteuer und nicht das irgendeines anderen. Vergleicht euch nicht mit anderen; ihr seid für euch selbst hier.
- Hikerboxen: Diese sind gefüllt mit lauter Dingen, die ihr eurem Proviant hinzufügen könnt oder aber Kleinigkeiten wie Zip Lock Beuteln, Tape oder halb gefüllten Gaskanistern. Oft finden sich sogar Schuhe oder sonstige Ausrüstung, die dem Vorbesitzer nicht getaugt haben. Checkt immer zuerst die örtlichen Hikerboxen bevor ihr euren Einkauf beginnt.
- Erwartungen: Es wird nicht immer alles wunderschön sein. Es wird Tage geben, an denen euch alles wehtut, das Wetter schlecht ist, der Trail super langweilig oder super anstrengend ist oder irgendwas anderes. Das gehört dazu und es geht vorbei. Wenn ihr einen schlechten Moment habt, denkt immer daran, dass jene schlechten Momente hinterher oft die besten Geschichten erzählen. Seid auf alles vorbereitet.
- Mentaler Fokus: Der CDT findet fast täglich neue Wege, euch leiden zu lassen. Genießt es so sehr ihr könnt und seid präsent. Ihr werdet euch später sogar nach den harten Momenten zurücksehnen.
- Risikoentscheidungen: Fragt euch: War das Glück oder Können? Zieht eure Schlüsse daraus.
- Dokumentation: Schreibt eure Erfahrungen auf und macht viele Fotos, es ist eine wunderbare Erinnerung an euer Abenteuer und ihr werdet viele kleine Momente vergessen, die es wert sind, sich auch noch 10 Jahre später daran zu erinnern.
- Never quit on a bad day: Solltet ihr einen schlechten Tag haben, denkt nicht sofort ans Aufhören. Legt einen Zero oder sogar zwei in einer Stadt ein, erholt euch und esst viel und entscheidet dann, ob ihr weitermachen wollt. Trefft keine impulsiven Entscheidungen.
- Ernährung: Esst viel in Trail Towns, um euer Kaloriendefizit auszugleichen und Nährstoffe wie Vitamine in euch aufzunehmen, die dem ganzen Instantzeug auf dem Trail fehlen.
- The trail provides: Macht euch nicht zu viele Gedanken darüber, was alles schiefgehen könnte oder was euch vielleicht fehlt. Unterwegs ergeben sich Lösungen zu den meisten Problemen ganz von selbst. Kaputter Trekkingstock? Wie durch ein Wunder findet sich genau dann ein Trekkingstock in einer Hikerbox. Doch zu wenig Essen eingepackt? Meist finden sich Extras in Hikerboxen. Nicht genug Informationen eingeholt oder ihr seid euch unsicher über irgendwas? Sprecht mit anderen Wanderern und tauscht euch aus.
- Akku sparen: Haltet euer Mobiltelefon im extremen Energiesparmodus und im Flugmodus. Ihr habt selten Empfang und wenn das Telefon die ganze Zeit nach Empfang sucht, leert das euren Akku sehr schnell. Hier findet ihr mehr Tipps zum Energiesparen>>
- Verletzungspräventation: Versucht anfangs nicht zu schnell zu sein und so viele Meilen wie möglich machen zu wollen. Behaltet ein stetiges Tempo bei und steigert euch langsam in der Distanz um Verletzungen zu vermeiden. Legt Zero Days ein. Versucht gerade am Anfang nicht aus Ehrgeiz oder Geldgründen daran zu sparen. Euer Körper braucht Zeit, sich zu erholen, wenn ihr ihm jeden Tag für 6 bis 8 Stunden Höchstleistung abfordert. Die Verletzungsgefahr steigt enorm, wenn ihr eurem Körper keine Ruhepausen gönnt.
- Physio-Tipp: Speichert euch den Kontakt von Morgan von Blaze Physio ab. Per Videochat berät sie zu all den üblichen Verletzungen, die auf einem Thru-Hike auftreten können. Sie hat mir sowohl auf dem PCT als auch auf dem CDT sehr geholfen. Auf Facebook und Instagram gibt sie außerdem viele hilfreiche Tipps und stellt Übungen vor, um Verletzungen vorzubeugen.
- Lasst euch keine Angst zu Bären oder Schnee einjagen: Das Gefährlichste auf Thru-Hikes oder Allgemein sind immer noch Menschen und Road Walks. Haltet euch an die Regeln im Umgang mit Bären und ihr werdet euch schnell an die Bearanoia gewöhnen. Solltet ihr keinerlei Erfahrung mit Schnee oder Bergsteigen haben, empfehle ich einen Bergsteigerkurs. Es ist wichtig, Bescheid zu wissen über Lawinengefahr, Handhabung von Grödeln und Eispickel sowie Self-Arrest-Techniken.

Montana und Idaho
- Permits Glacier National Park: Es ist nicht so schwierig, wie es aussehen mag. Ihr braucht sie nicht Monate vorab über die Lotterie zu reservieren, ihr könnt einfach ins Saint Mary Visitor Center gehen und Walk-Up-Permits bekommen. Zu Anfang der Saison war das für uns SOBOs sehr einfach. Für NOBOs ist es etwas schwieriger, aber ihr könnt euch mit anderen Thru-Hikern zusammen tun, was es erleichtert.
- Startpunkt SOBO: Als SOBOs startet ihr in Chief Mountain, nicht in Waterton, da es dort im Juni noch zu viel Schnee hat und Permits dafür gar nicht erst ausgegeben werden.
- Benchmark Ranch: Für SOBOs empfehle ich, eine Resupply-Box zur Benchmark Ranch zu schicken. Es sind 192 Meilen von East Glacier nach Lincoln und dieser Food Carry war heftig für uns. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich lieber eine Box zur Benchmark Ranch geschickt. Nach Augusta zu hitchen ist eine Alternative, aber ein Hitch dorthin zu bekommen kann gerade zu Beginn der Saison schwierig und zeitraubend sein. Allerdings müsst ihr die Box zwei bis drei Wochen vorher schicken, es gibt eine $30 Pickup Fee und Einschränkungen bezüglich der Größe, siehe https://benchmarkwildernessranch.com/cdt-hikers
- Gewitter: Achtet im Sommer auf das Wetter. Meidet Gipfel und Grate bei drohenden Gewittern.
- Empfohlene Ausrüstung: Grödel und Eispickel für Glacier National Park (SOBO), ansonsten Bear Spray, Ursack, Insektensschutz und Mückennetz
- Empfohlene Alternates: Anaconda, Macks Inn (aber mit Targhee Pass)

Wyoming
- Permits Yellowstone National Park: Ihr könnt einfach von Island Park (SOBO) oder Dubois (NOBO) aus anrufen und eure Permits reservieren. Je nach Verfügbarkeit variieren die Campingplätze, aber es gibt viele Möglichkeiten, daher keine schwierige Sache. Wir haben am Summit Lake und Moose Creek Meadows übernachtet, dann Basin Creek auf dem Weg zur Grand Teton Alternate.
- Old Faithful: Das Old Faithful Inn hat üppige Frühstücks- und Mittags-Buffets und gratis Duschen für CDT-Hiker. Es ist sehr voll rund um Old Faithful Village, seid darauf vorbereitet. In Old Faithful Village und Grant Village gibt es General Stores mit solider, wenn auch teurer, Auswahl.
- Grand Teton Alternate: Falls ihr wie wir die Grand Tetons einbauen wollt, könnt ihr euren Resupply in Jackson machen (ca. 100 Meilen von Grant Village). Auf dem Weg liegt Flagg Ranch (20 Meilen), wo es einen kleinen Laden und Restaurant gibt. Von Jackson könnt ihr über die Gros Ventre Wilderness zurück zum CDT gelangen (ca. 77 Meilen) und dann in Pinedale (insgesamt ca. 106 Meilen von Jackson) Resupply machen. Hier wird diese Alternative beschrieben.
- Wind River Range: Sie zählt zu den schönsten Abschnitten auf dem CDT. Ihr anspruchsvolles Terrain verlangsamt jedoch deutlich. Rechnet nicht damit, eure üblichen Tagesdistanzen absolvieren zu können und genießt es. Plant also mehr Essen oder einen Resupply in Pinedale ein, auch wenn das einen Umweg erfordert.
- The Basin: Sollte es tagsüber sehr heiß werden, macht eine lange Mittagspause und verlegt das Wandern auf Morgen- und Abendstunden. Die Sonnenauf- und -untergänge sind das Beste an der Wüste. Auch Nachtwandern ist einfach und wunderschön, der Sternenhimmel profitiert von der geringen Luftverschmutzung.
- Empfohlene Ausrüstung: Bear Spray & Ursack bis Lander (SOBO, bei NOBO ab Lander), Insektensschutz und Mückennetz
- Empfohlene Alternates: Grand Tetons, Knapsack Col und Cirque of the Towers in der Wind River Range

Colorado
- Höhenlage: In Colorado seid ihr viel oberhalb von 3.000 m, was heftig für Körper und Geist sein kann. Informiert euch über die Höhenkrankheit und seid vorbereitet.
- Gewitter: Im Sommer kann es zu heftigen Gewittern kommen. Sorgt dafür, nicht auf exponierten Graten und Gipfeln zu sein, wenn das Gewitter anrückt und habt ein Auge auf den Wetterbericht.
- San Juans: Der Creede-Cutoff sieht auf der Karte verlockend aus. Solltet ihr die Energie und Zeit haben, nehmt die vollen San Juans auf der roten Linie mit. Es lohnt sich.
- Empfohlene Alternates: Argentine Spin

New Mexico
- Temperaturen: Seid auf große Temperaturunterschiede vorbereitet und glaubt nicht, dass ihr keine warme Kleidung braucht, nur weil ihr euch in einer Wüste befindet. Sollte es tagsüber sehr heiß werden, macht eine lange Mittagspause und verlegt das Wandern auf Morgen- und Abendstunden.
- Wasser: Mindestens 3 Liter Kapazität – lieber mehr, je nach Jahreszeit.
- Grenze: Es gibt Shuttles, die euch als SOBOs von der Grenze abholen oder als NOBOs hinbringen. Ihr könnt aber auch hitchen: 25 Meilen zurück zum Highway 81 wandern → Hitch über Hachita nach Lordsburg (oder andersherum für NOBOs).
- Empfohlene Alternates: Ghost Ranch/Christmas, Bonita-Zuni, Gila River

Nach dem Trail
- Aktib bleiben: Geht weiter wandern, bewegt euch – körperlich aktiv sein hilft.
- CDT Year Book: Reicht eure Lieblingsbilder ein.
- Neue Pläne: Thru-Hike, Roadtrip, Übernachtungstrip oder Tageswanderung. Schafft euch neue Ziele, auf die ihr euch freuen könnt.
- Post-Trail-Depression: Es wird hart sein nach dem Leben auf dem Trail, in dem alles so einfach und leicht erschien und ihr in jedem Moment präsent wart, wieder in einen anderen Alltag zurückzufinden. Erwartet nicht zu viel von euch und wenn ihr sehr stark zu kämpfen habt, ist es keine Schande, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Post-Trail-Depression ist echt und kann zu einer langwierigen Sache werden. Tauscht euch mit euren Trail-Freunden aus, redet mit ihnen über eure Herausforderungen und Gefühle und schwelgt zusammen in Erinnerungen.